Rebellinnen -
Leg' dich nicht
mit ihnen an
(Allan Mauduit)
Originaltitel: Rebelles, Frankreich 2019, Buch: Allan Mauduit, Jérémie Guez, Kamera: Vincent Mathias, Schnitt: Christophe Pinel, Musik: Ludovic Bource, mit Cécile de France (Sandra), Yolande Moreau (Nadine), Audrey Lamy (Marilyn), Simon Abkarian (Simon), Samuel Jouy (Digne), Béatrice Agenin (Sandras Mutter), Patrick Ridremont (Jean-Mi), Tom Lecocq (Dylan), Valentin Papoudof (Gaëtan), Michel Masiero (Franck), 87 Min., Kinostart: 11. Juli 2019
Der größte Schock dieses Films ist es, Cëcile de France aus den L'auberge-Espagnole-Filmen oder Le gamin au vélo hier in einer Tussi-Rolle à la Jenny Elvers in Knallhart oder Kim Riedle in Back for Good zu sehen. Sandra (übrigens ein Name, den man meines Wissens niemals im Film hört) ist eine ehemalige Schönheitskönigin aus der Provinz, die nach 15 Jahren an der Côte d'Azur zurück nach Nordfrankreich kommt und nun im Wohnwagen ihrer Mutter unterkommen muss und einen ziemlich schrecklichen Fabrik-Job beim Eindosen von Fischen antritt.
Ihre verhärteten Gesichtszüge mit dem großzügig aufgetragenen Make-Up waren für mich ein ungewohnter Anblick, im Verlauf des Films werden sie aber wieder weicher (bewährter Trick, um die Sympathien des Zuschauers an die Figuren zu binden). Wie so oft, wusste ich mal wieder fast nichts über den Film, und es ist auch durchaus interessant, wie sich die Geschichte entfaltet, wenn man nicht eingeweiht ist in die generelle Marschrichtung.
© 2019 Concorde Filmverleih GmbH
Die Neue ist ziemlich unnahbar, dünkt sich als »etwas besseres« als ihre Kolleginnen, kleine Zickenkämpfe werden ausgefochten (»Du bist nicht mehr die Schulkönigin, sondern Abschaum wie wir alle!«), doch als ein Vorgesetzter sie vergewaltigen will, flammt die Solidarität unter Frauen auf - und plötzlich ist man mittendrin in einer Kriminalgeschichte inkl. Geldkoffer, der wie in einem typischen Film der Coen-Brüder schnell zusätzliche Finsterlinge ins Spiel bringt.
Sandra und ihre beiden komischen Spießgesellinnen Nadine (Yolande Moreau, so eine Art französische Brigitte Mira, bekannt u.a. aus Le fabuleux destin d'Amélie Poulain, jüngst auch in Ozons Dans la maison und Jaco van Dormaels Le tout nouveau testament) sowie Marilyn (Audrey Lamy, eine auch als Stand-Up-Komikerin auftretende Schauspielerin, die ich u.a. aus Cédric Klapischs Paris und Maïwenns Polisse kenne) müssen sich nun gemeinsam wie einzeln gegen kriminelle Subjekte bewähren, nebenbei noch bei Polizeiverhören mit teilweise absurden Begleitumständen bestehen, und mit jeder kleinen Lösung eines Problems scheint sich ein neues, größeres Problem zu entwickeln.
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Alles in allem zieht die Dynamik der Geschichte, in Kombination mit der Spielfreude der drei Hauptdarstellerinnen, einen durchaus mal in die etwas überzogene Geschichte hinein, mein Kritikansatz hängt aber damit zusammen, dass man zum einen die gesammelten Konflikte etwas übertreibt (eher wie in Fargo, der TV-Serie, als wie in Fargo, dem Film) - dafür ist aber die Auflösung der Geschichte viel zu simpel gestrickt. Eine Moral nebst einer Handlungsregel des Films kann man beispielsweise in einen Halbsatz einbetten.
Ich mag mitunter solche überkandidelten Krimikomödien, es kommt aber immer auf die richtige Mischung an. Wobei ich noch so manches durchwinke (etwa Kraftidioten), wo einige Kollegen schon ob des zynischen Grundtons angeekelt sind. Mir gelingt es aber auch nicht, da eine Grundregel zu formulieren, wie viel Gewaltklamauk okay ist, da kommt die Entscheidung aus dem Bauch.
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Was für den Film spricht, ist der Umgang mit den Nebenfiguren. Die sind in solchen Geschichten immer besonders wichtig. So hat Marilyn einen naseweisen Sohn, Sandra lässt sich zwischendurch schwängern und gleich zwei der Obergangster haben Probleme mit ihrem Nachwuchs. Wenn man das dann aber so auf die Spitze treibt, dass Entscheidungen über Leben und Tod zu lapidaren Erziehungsscharmützeln umgekehrt werden, dann hat das schon wieder was (»Fahren wir nicht mit dem Boot, Pa?« - »Jetzt ist der Junge enttäuscht, ganz toll!«).
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Eigentlich gibt es viel zu viele solcher Filme, die die Verrohung der Menschheit zunehmend vorantreiben (weil man gewisse komische Schockeffekte immer noch mal zu übertreffen müssen scheint), aber für einen solchen Spaßfilm ohne großen Anspruch, aber mit leichtem politischen Einschlag (Feminismus, Arbeiterinnenaufstand) ist Rebelles einfach kein solches Ärgernis wie manche andere, vergleichbare Filme, die auch noch mit dem Macho-Machtgehabe auftrumpfen, dass hier deutlich karikiert wird.
Vielleicht war so eine stumpfe Krimi-Komödie mit Bodycount und Mexican Shootout aus weiblicher Perspektive einfach mal an der Zeit. Wobei aber noch viel Raum für Verbesserungen bleibt...