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Sofie Lichtenstein: Bügeln. Protokolle über geschlechtliche Handlungen




19. März 2014
Thomas Vorwerk
für satt.org


Kreuzweg (Dietrich Brüggemann)
Bildmaterial: Camino Filmverleih


Kreuzweg
(Dietrich Brüggemann)

Deutschland 2014, Buch: Dietrich Brüggemann, Anna Brüggemann, Kamera: Alexander Sass, Schnitt: Vincent Assmann, mit Lea van Acken (Maria), Franziska Weisz (Mutter), Florian Stetter (Pater Weber), Lucie Aron (Bernadette), Moritz Knapp (Christian), Klaus Michael Kamp (Vater), Ramin Yazdani (Arzt), Birgit Schade (Sportlehrerin), Hanns Zischler (Bestatter), Georg Wesch (Thomas), Anna Brüggemann (Ärztin), Kinostart: 20. März 2014

Kreuzweg, bei der Berlinale für das beste Drehbuch ausgezeichnet, zeichnet in 14 Bildern, jeweils Plansequenzen mit größtenteils fest aufgebauter Kamera, die Stationen des Kreuzwegs nach. Zu Beginn jedes Bild wird jeweils durch einen Zwischentitel zum konkreten Vergleich animiert, weshalb diese Kritik dieses zur genaueren Analyse beibehält. Hinweis: Hier wird die komplette Handlung des Films besprochen, entsprechend gibt es also Spoiler, und zwar nicht wenige.

 

Kreuzweg (Dietrich Brüggemann)

1   Jesus wird zum Tode verurteilt

Erst im Nachhinein erschließt sich hier die fatale »Verurteilung« der 14jährigen Maria, die man in einem dem Abendmahl nicht unähnlichen Sitzarrangement beim Firmungsunterricht sieht. In der Mitte hinter einem fast die Breite der Leinwand einnehmenden Tisch sieht man Pater Weber (Florian Stetter), der im Rahmen einer euphemistisch als »traditionell« zu bezeichnenden Spielart der katholischen Kirche sechs Heranwachsende auf den Übergang zum Erwachsenenleben »vorbereitet«, wobei er u.a. ganz konkret auf eine »schädliche Zeitschrift« wie die Bravo oder die »dämonischen Rhythmen« moderner Musik eingeht, und den Kindern empfiehlt, in den verbleibenden Tagen bis zur Firmung als »Soldaten Jesu« gerade solchen Einflüssen zu entsagen und durch beherztes Auftreten vielleicht auch andere Menschen, die sich durch diese modernen Irrwege womöglich für ihr ganzes Leben versündigen, zu retten. »Wir müssen unverschämt sein.«

Nach dem Unterricht bleibt Maria (Lea van Acken) noch und fragt ganz konkret, ob man nicht statt kleiner Opfer wie einem Schokoriegel, den man liegen lässt, auch ein größeres Opfer bringen könne, und dies etwa für einen konkreten Zweck, in ihrem Fall für ihren vierjährigen Bruder Johannes, der noch kein Wort gesprochen hat und seine Ärzte ratlos erscheinen lässt. Der Geistliche wirkt bei seiner Antwort durchaus einfühlsam, doch der erste Schnitt des Films (jeweils zu einer Schwarzblende) wirkt im Nachhinein bereits wie ein Urteilsspruch.

 

Kreuzweg (Dietrich Brüggemann)

2   Jesus nimmt das Kreuz auf seine Schultern

Bei einem Familienausflug zu Fuß strebt zunächst Maria allein bei einer kleinen Anhöhe (traditionelle Auslegung des Kreuzwegs) der Kamera entgegen, in dieser Episode wirkt das Arrangement, bei dem sich erneut sieben Protagonisten in leicht variierenden Konstellationen vor der Kamera einfinden, besonders gekünstelt. Das Au-pair-Mädchen Bernadette (Lucie Aron) macht sich ein wenig Sorgen um Maria, die schon zuvor öfter mal gekränkelt hat, und die Szene offenbart im Großen und Ganzen bereits die Familiensituation: eine Mutter (Franziska Weisz), die der Ältesten gegenüber besonders hart wirkt, während Bruder Thomas etwa eine rechte Nervensäge ist und Schwester Katharina eine sich perfide einschleimende Petze. Die Einmischungen des Au-pair-Mädchens oder gar Marias in die Erziehung werden nicht geduldet, Marias Verhalten wird sogar auf hinterhältige Weise als Grund interpretiert, warum der plötzlich (unterhalb der Kamera) weinende Johannes ein Familienporträt vereitelt, obwohl Maria – im Gegensatz zur Mutter, die offenbar gar nicht auf die Idee kommt, den Kleinen zu trösten, wenn sie stattdessen auch auf ihrer pubertierenden Tochter herumhacken kann – Johannes in kürzester Zeit wieder aufmuntert und das Familienfoto nun nur noch darunter leidet, das Maria unter der Mutter leidet und versäumt, ein verlogenes Lächeln aufzusetzen.

 

Kreuzweg (Dietrich Brüggemann)

3   Jesus fällt zum ersten Mal unter dem Kreuz

Das »Fallen unter dem Kreuz«, ähnlich wie die Sache mit dem Schweißtuch übrigens kein Teil des Evangeliums, sondern erst seit dem 18. Jahrhundert Bestandteil des Kreuzwegs und des katholischen Kanons, wird beim ersten Mal mit einer »Schwäche« Marias gleichgesetzt, die bei den Mathehausaufgaben in der Schulbibliothek vom gleichaltrigen Christian (Moritz Knapp) aus der Parallelklasse angesprochen wird, der offensichtlich an ihr interessiert ist und sie zu einer Chorübung in »seiner« Kirche einlädt, u.a. auch, weil die Musik therapeutische Wirkung auf den kleinen Johannes haben könnte. Das Hauptproblem besteht aber darin, dass in Christians Kirche neben Bach-Chorälen auch Gospel und Soul gesungen werden. Maria klärt Christian ein wenig über die dämonischen Rhythmen auf, und der Junge wirkt erstaunlich »belehrbar«. Als kleine humoristische Note geht es hier auch um »lebensnahe« Mathematikaufgaben, bei denen etwa Chormitglieder, die entsprechend ihres Geschlechts 60 oder 80 Kilo wiegen, auf einer nur bedingt tragfähigen Bühne verteilt werden müssen.

 

 

4   Jesus begegnet seiner Mutter

Eine Autofahrt mit der Mutter, bei der diese ausgerechnet am Donnerstag (Chorübung Christian) eine Shopping-Tour für das Firmungskleid mit anschließender Beichte ansetzt. Maria versucht vorsichtig, vielleicht doch eine Erlaubnis zu bekommen, auf die Einladung ihrer Freundin »Rebecca« (»Die hast du noch nie erwähnt!«) zur Chorprobe gehen zu dürfen. Doch spätestens, als »Gospel und Soul« erwähnt werden, dreht die Mutter durch. »Soul oder Rock oder Jazz oder … POP! – das ist doch alles dasselbe!« Nach der sehr gelungenen Sitzverteilung in der Schulbibliothek im vorherigen Teil überzeugt auch die Autofahrt visuell, leidet aber etwas darunter, dass das Drehbuch schon wieder zu clever ist:

Die Mutter: »Erwarte nicht, dass ich dich hinfahr’!«
Maria: »Das erwarte ich auch nicht ...«
Die Mutter: »Widersprich mir nicht!«

Maria: »Ich habe dir nicht widersprochen, ich habe dir zugestimmt!« Undsoweiter. Das wirkt nicht wie ein eskalierendes Streitgespräch zwischen Mutter und pubertierender Tochter, sondern wie ein didaktisch und dramaturgisch durchdachter dialogischer Masterplan, der vor allem die Konflikte der Geschichte zielgerichtet vorantreibt.

 

Kreuzweg (Dietrich Brüggemann)

5   Simon von Cyrene hilft Jesus das Kreuz zu tragen

Die Episode im Beichtstuhl ist fast schon asketisch, und es spricht für die junge Darstellerin, wie sie diesen andauernden Close-Up trägt, während die gesichtslose Stimme des »Beichtvaters« ihr – erneut didaktisch sehr durchdacht – noch das letzte kleine Geheimnis aus der Nase zieht, über die Lüge, die aus Christian »Rebecca« machte und die Motivationen, die Maria dazu getrieben haben könnten, bis hin zu »unkeuschen« und eitlen Gedanken wie »er schaut mich an und findet mich schön« oder der zweiten Aufnahme von Marias seltsamer Idee, als »Heilige« ihren kleinen Bruder zu retten. Und ganz ähnlich wie in Hans-Christian Schmids Requiem (den ich kurz zuvor auf DVD noch mal sah, und der in vielerlei Hinsicht cleverer wirkt als Kreuzweg) erkennt man hier bereits, dass viele Bezugspersonen Marias ihr mit unterschiedlichen Hintergründen durchaus »helfen« wollen, diese Bemühungen aber im konzertierten Zusammenwirken alles nur noch schlimmer machen. Vor allem auch Marias Verwirrung.

 

Kreuzweg (Dietrich Brüggemann)

6   Veronika reicht Jesus das Schweißtuch

Die offensichtliche Entsprechung dieser Kapitelüberschrift besteht darin, dass Au-Pair-Mädchen Bernadette bei einem sehr beklemmenden Abendessen der schließlich weinenden Maria ein Taschentuch reicht, doch diese tröstende Geste wirkt dann bereits reichlich hilflos. Dabei beginnt alles so positiv. Maria beschäftigt sich mit dem kleinen Johannes, der zwar nicht spricht, aber bestens versteht, wenn er beispielsweise Servietten holen soll, um beim Decken des Abendbrot-Tisches mit einbezogen zu werden. Dann klingelt das Telefon, Maria geht selbst heran und Christian hakt noch mal nach, während im Hintergrund die Mutter in ihrem verhaltenen Standard-Befehlston darauf drängt, dass alle zum Essen kommen. Der Druck auf Maria steigt (am Telefon kann sie nicht frei sprechen, weitere Notlügen winken als »Versuchung«), und schließlich offenbart sie in bewundernswerter Weise ihre eine kleine Lüge, nur um von der Mutter vor der versammelten Familie (immerhin wirken auch Thomas und Katharina bedrückt) so richtig heruntergemacht zu werden. Der Vater wirkt nirgends so ohnmächtig wie in dieser Szene, Bernadette möchte helfen, bekommt aber keine Chance dazu, die Mutter macht ziemlich deutlich, wer hier der Chef ist. Interessanterweise gleicht die Sitzkonstellation auffallend der in der ersten Episode, nur dass sich diesmal ausgerechnet Johannes im Mittelpunkt befindet, nicht der Pater wie bei Nr. 1 oder Jesus bei Da Vinci.

Hin und wieder wirft das Drehbuch der Mutter auch mal Brosamen hin, wo sie mal Schwächen, nachvollziehbare Handlungen oder positive Ziele zeigen kann, doch in »Nr. 6« bekommt sie wieder eine wirklich gemeine Dialogzeile zugeschustert, die alle Manipulation und Niederträchtigkeit zusammenfasst: »Glaub' mir, ich mache das nicht gerne. Meinetwegen könnten wir einfach eine glückliche Familie sein und gemeinsam Abendessen.«

 

Kreuzweg (Dietrich Brüggemann)

7   Jesus fällt zum zweiten Mal unter dem Kreuz

Ähnlich wie bei der 2 wird hier wieder sehr deutlich, wie alles für die Kamera konzipiert ist und man wie auf der Theaterbühne halt lieber Schulter-an-Schulter miteinander spricht statt sich gegenüber zu stehen, doch die Szene in der Turnhalle überzeugt schon mal dadurch, dass sie die größte Anzahl von Komparsen und Statisten hat, die teilweise schon viele Chancen bekommen, einen Take zu versauen.

Die Sportlehrerin wirkt unter den zahlreichen Erwachsenen (Bernadette mal ausgenommen) noch am vernünftigsten, ist aber durch die Situation auch überfordert, wenn Maria »aus religiösen Gründen« nicht ihre Runden drehen will, während aus dem Radiorekorder ausgerechnet »The Look« von Roxette trällert (immerhin eine clevere Songauswahl, die sowohl die Absurdität als auch die im Kern nachvollziehbare Kritik verdeutlicht. In dieser Episode wird klar, dass es im Film auch um »normale« Pubertätsprobleme wie Mobbing und Magersucht geht, wobei die typisch und infantil vorgehenden Knaben, die beispielsweise wie Maria eine »Extrawurst« wollen und vorgeben, »Meine Religion verbietet mir, im Kreis in einer Halle zu laufen«, wirklich glaubhaft wirken. Und wenn Christian dann Maria beisteht, wird er tatsächlich zum Helden dieses Films. Ein Held, der auch im Chor singen darf.

 

 

8   Jesus begegnet den weinenden Frauen

Umso gemeiner, dass Christian gleich im Anschluss zum unfreiwilligen Opfer einer Aussprache wird. Er glaubt Maria nicht, dass sie ihn nicht sehen will, aber auf eine dräuende Formulierung wie »Ich will zu Gott« fällt ihm auch nichts mehr, und er geht, um sich »um seine eigene Seele« zu kümmern, wie Maria es verlangt.

 

 

9   Jesus fällt zum dritten Mal unter dem Kreuz

Bei der eigentlichen Firmung kommt es dann auch zur ersten Bewegung der Kamera, wenn sich die Gemeinde zum Gebet erhebt und die Kamera diese Bewegung mitmacht. Für einen Moment ist man fast ein wenig erschrocken, doch da der Bischof nicht zu den Firmlingen kommen kann, gibt es hier eine längere Kamerafahrt, die durchweg Maria verfolgt, deren Schwäche durchaus überzeugend gespielt wird. Dass sie ausgerechnet zusammenbricht, als sie die Hostie im Mund hat, ist nicht unbedingt subtil, sondern Marke Zaunpfahl, aber wenn später erklärt wird, dass die »Regeln« der Kirche dies als vollzogenes Sakrament auslegen, ergibt dies durchaus Sinn.

 

Kreuzweg (Dietrich Brüggemann)

10   Jesus wird seiner Kleider beraubt

Bei diesem anschließenden Arztbesuch zeigt sich noch mal die gesamte Bandbreite der Verantwortungslosigkeit der Mutter, die erstaunlich genau Bescheid weiß darüber, was ein Arzt veranlassen kann und was nicht. Rein visuell ist dieses Bild am überzeugendsten in seiner Konzeption, der Arzt links, Maria im Vordergrund, hinten eine Tür, durch die noch andere Personen hinzukommen, und zentral in der Mitte die Mutter, die fast wie ein Jesus-mäßiger Held (vgl. Da Vinci) gegen alle Hindernisse angeht und selbst fast wie unter einem Kreuz wirkt. Wenn sie nicht so überdeutlich seltsam wäre.

 

 

11   Jesus wird an das Kreuz genagelt

Wie die »Verurteilung« im ersten Bild ist auch das »ans Kreuz schlagen« metaphorisch zu verstehen, die Involvierung von Pater Weber wirkt aber unmissverständlich in ihrer Bedeutung – und des dadurch entstehenden Transfers. Wie zuvor bei der Beichte oder dem letzten Gespräch mit Christian öffnet sich Maria gegenüber Bernadette, die aber weder mit ihr beten will, als eine Pflegerin das Krankenzimmer betritt, noch davon abzubringen ist, dass Maria keine »Heiligkeit« braucht, sondern einfach »etwas richtiges zu essen«. Die traurige Geschichte nimmt ihr Ende.

 

 

12   Jesus stirbt am Kreuz

Auch hier ist die (leichte) Kamerabewegung ganz der Erzählung (und der leichteren Inszenierung) verschuldet. Diese Episode leidet aber darunter, dass man allein durch die Personenauswahl quasi zwangsläufig erkennt, wie diese Szene sich entwickeln muss. Dieses »Muss« ist irgendwie auch ein Problem des Films, der ganz wie bei einer tatsächlichen Darstellung der Kreuzigung offenbar oft keine eigene Wahl hat. Episode 13 ist ein Argument dagegen, aber die 12 verliert viel an Potential dadurch, dass man die Eisenbahn quasi schon früher sieht als die Karenina.

Die inszenatorische Aussparung der »schwierigen« Bildelemente wie in »Nr. 2« beim schreienden Johannes, wird hier durch einen Schwenk umgesetzt, weil die Wiederbelebungsversuche mit »Defi« nun im Off stattfinden, während alles auf die eine Pointe hin konzipiert ist, die sich im Nachhinein einfach nicht als so stark erweist, wie man es dem Film gewünscht hätte.

 

 

13   Jesus wird vom Kreuz abgenommen und in den Schoß seiner Mutter gelegt

Die »Interpretation« der Kapitelüberschrift ist nirgends so perfide bis zynisch wie hier. Nach der Punchline eben setzt Komödienexperte Brüggemann hier noch einen drauf, wie ein Schlag in die Magengrube, gefolgt von einem Tritt in die Eier. Dass so kurz vor Schluss mit Hanss Zischler als »Bestatter« noch ein bekannter Schauspieler eine unwichtig wirkende Rolle sehr »aufbläst«, wirkt etwas ungeschickt. Da sehnt man sich nach Andreas Dresen, der in solch einer Szene vermutlich einen echten Bestatter engagiert hätte, der einfach nur seinen Job gemacht hätte und das besser als jeder Schauspieler (wie der großartige Arzt in Halt auf freier Strecke!). Ich bin nicht bibelfest genug, um mir sicher zu sein, ob dem toten Jesus jeweils eine derartige Demütigung widerfuhr, die auch einer Art »Vermarktung« entspricht. Der stärkste Moment des Films, wenn die Mutter dann mit Verspätung erkennt, was ihre Tochter ihr mitzuteilen versuchte, und sie dafür wirklich wieder »in den Schoß« zurücknimmt und von ihr regelrecht »Besitz ergreift«. Hätte Maria diese Szene erahnt, hätte sie sich vielleicht noch umentschieden. »Die größte Hürde für eine Heiligsprechung ist ein Wunder. Und die haben wir bereits überwunden.«

 

 

14   Der heilige Leichnam Jesu wird in das Grab gelegt

In der letzten Szene zeigt sich noch einmal, dass Kreuzweg eigentlich vieles wirklich gut macht, aber dennoch als Ganzes nicht zu überzeugen weiß. Die nüchterne Kadrage mit einem lächerlich wirkenden Bagger hätte einen schönen Schlusspunkt setzen können, doch ausgerechnet jetzt kommt es zur mit Abstand komplexesten Kamerafahrt, dem fast kitschig und auf jeden Fall konventionell wirkenden Auftritt Christians, der eine Blume auf das nun von oben zu sehende Grab wirft (bei von Triers Breaking the Waves nannte man diese Perspektive gerne »God's View«) und dann wieder, wie auf Befehl, wie eine Regel, die zu befolgen ist und dabei nicht wie eine wirkliche »Entscheidung« des Filmemachers wirkt, der Schlussblick vom Kamerakran auf den Himmel, mit den naheliegenden religiösen Implikationen.

Man hätte dem Film gewünscht, dass er sich häufiger von den rigorosen Vorgaben hätte lösen können. Man hat schlussendlich den Eindruck, dass der Film oft allzu sehr für »wichtige« Gespräche konzipiert wurde, quasi ganze Talkshows mit Anne Will oder Kerner, die Stärken und Interessen des Regisseurs aber anderswo liegen. Allerdings muss ich zugeben, dass dieser Eindruck auch dadurch geprägt wurde, wie Brüggemann etwa bei der von mir gesichteten »Preview« auftrat oder welche Worte er wählte. Ich hatte irgendwie den Eindruck, als wenn ich erst eine Doktorarbeit zu einem »wichtigen« Thema gelesen hätte und nachher mit dem Verfasser ein Bierchen gepichelt hätte, wobei er mir im Vertrauen gesagt hätte, dass er Kierkegaard eigentlich für einen Aufschneider hält, sein Professor dies aber so von ihm wollte …