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20. Juli 2011
Thomas Vorwerk
für satt.org


  Win Win (Tom McCarthy)
Win Win (Tom McCarthy)
Bildmaterial © 2011 Twentieth Century Fox
Win Win (Tom McCarthy)
Win Win (Tom McCarthy)
Win Win (Tom McCarthy)


Win Win
(Tom McCarthy)

USA 2011, Buch: Tom McCarthy, Kamera: Oliver Bokelberg, Schnitt: Tom McArdle, Musik: Lyle Workman, mit Paul Giamatti (Mike Flaherty), Alex Shaffer (Kyle), Amy Ryan (Jackie Flaherty), Jeffrey Tambor (Stephen Vigman), Bobby Cannavale (Terry Delfino), Burt Young (Leo Poplar), Melanie Lynskey (Cindy), Margo Martindale (Eleanor), David Thompson (Stemler), Mike Dilielo (Jimmy Reed), Nina Arianda (Shelly), Marcia Haufrecht (Gina Flaherty), 106 Min., Kinostart: 21. Juli 2011

Der unter seinem vollen Vornamen Thomas auch als Schauspieler (in eher kleinen Rollen) gut beschäftigte Regisseur Tom McCarthy (The Station Agent, The Visitor) hat mit seinen kleinen, persönlichen Regiearbeiten für mich mittlerweile den Status eines unbeschwerteren Alexander Payne (Election, About Schmidt, Sideways) eingenommen, und da wirkt es fast nur konsequent, dass in seinem neuen Film mit Paul Giamatti und Margo Martindale gleich die Hauptdarsteller der letzten zwei Payne-Regiearbeiten mitspielen (Margo Martindale war die Amerikanerin, die in Paynes Paris je t’aime-Episode in holprig charmantem Französisch einen Aufsatz vortrug).

Giamatti spielt den erfolglosen Anwalt Mike Flaherty, der sich, um sich endlich einen funktionierenden Heizungsboiler kaufen zu können und auch auf andere Weise Herr seines Daseins zu bleiben, schweren Herzens entschließt, die Betreuung seines betagten aber betuchten Klienten Leo (Burt Young, bekannt nicht nur als Adriennes Bruder Paulie in den Rocky-Filmen) zu übernehmen. Und ganz ähnlich (aber etwas harmloser) gerät er damit in einen ähnlichen Strudel der sich gegenseitig produzierenden Notlügen wie William H. Macy in Fargo.

Wie schon McCarthys frühere Filme (man denke an Patricia Clarkson und Peter Dinklage in The Station Agent oder Richard Jenkins in The Visitor) ist auch Win Win eine Fundstätte großartiger, aber nicht jedermann bekannter Schauspieler, die man immer eine Spur zu selten sieht. So spielt hier Amy Ryan (Gone Baby Gone) Mikes liebende Frau Jackie, während Melanie Lynskey (Heavenly Creatures, »Rose« in Two and a Half Men) die Rolle einer White-Trash-Mutter übernimmt - ein gegen-den-Strich-Casting, das mich leider nicht ganz überzeugte. Margo Martindale wurde schon erwähnt, Bobby Cannavale aus The Station Agent ist auch wieder dabei, außerdem ist aus trotz momentanem Ausverkauf (Mr. Popper’s Penguins, The Hangover, Part 2) auch immer eine Freude, Jeffrey Tambor zu sehen.

Tambor, Cannavale und Giamatti entwickeln als sehr unterschiedliche Trainer bzw. Förderer von jungen Ringern eine einzigartige Gruppendynamik, für die es sich schon allein lohnt, den Film zu sehen. Neben seinem Job als Anwalt trainiert Mike nämlich noch ein Highschool-Ringer-Team, das ihm in seiner Erfolglosigkeit in nichts nachsteht. Doch da kommt unerwartet der junge Ausreißer Kyle (Newcomer Alex Shaffer), den Mike vorübergehend in seiner Familie aufnimmt, als sich herausstellt, dass es sich hierbei um ein brachliegendes Ringertalent handelt. Dummerweise ist Kyle außerdem der Enkel des widerrechtlich im Altenheim geparkten Klienten Leo, was sich zu einem immer größeren Problem ausweitet, weil Mike einerseits nicht auf seine persönlichen (finanziellen) Vorteile verzichten will, er aber auch Kyles Wohlergehen, seine Ehe und seine Lizenz als Anwalt im Auge behält. Und - ohne zuviel sagen zu wollen - wie Mike und der Film hier unter zunehmenden Druck Entscheidungen fällen, die zwar oft die falschen sind (»Why did Dad hit Kyle?« --- »I have no idea.«), aber immer auch den guten Geist demonstrieren (»whatever the fuck it takes«), das zeichnet den Film (wie auch die anderen Filme McCarthys) mit einem besonderen Charme, einer Grundsympathie aus.

Der französische Titel des Films ist laut imdb übrigens »Les Winners«, und so wie Margo Martindale in Paris jenes Gefühl zwischen Freude und Trauer entdeckt, ist auch diese Gewinnerstory diverser Losertypen bittersüß und liebenswert.