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26. November 2008
Thomas Vorwerk
für satt.org


  Death Race (R: Paul W. S. Anderson)
Death Race (R: Paul W. S. Anderson)
Death Race (R: Paul W. S. Anderson)
Bilder © Universal Pictures
International Germany GmbH
Death Race (R: Paul W. S. Anderson)
Death Race (R: Paul W. S. Anderson)
Death Race (R: Paul W. S. Anderson)


Death Race
(R: Paul W. S. Anderson)

USA 2008, Buch: Paul W. S. Anderson, Vorlage (Drehbuch von 1975): Robert Thom, Charles B. Griffith, Kamera: Scott Kevan, Schnitt: Niven Howie, Musik: Paul Haslinger, mit Jason Statham (Jensen Ames), Ian McShane (Coach), Tyrese Gibson (Machine Gun Joe Mason), Joan Allen (Hennessey), Max Ryan (Pachenko), Natalie Martinez (Elizabeth Case), Frederick Koehler (Lists), Jacob Vargas (Gunner), Jason Clarke (Ulrich), Justin Mader (Travis Colt), Robert LaSardo (Grim), Robin Shou (14K), David Carradine (Stimme Frankenstein), Kinostart: 27. November 2008

Death Race 2000 alias Frankensteins Todesrennen von 1975 ist ein Klassiker meiner Jugend, allerdings einer, den ich nie gesehen habe. Wenn auch Produzent Roger Corman und Regisseur Paul Bartel (Eating Raoul) nicht unbedingt für qualitativ hochwertige und geschmackssichere Ware stehen, so faszinierte mich das in nicht geringem Maße von Norman Jewisons Rollerball (1975) “inspirierte” Konzept des Films (in Deutschland auch ähnlich in Wolfgang Menges Robert-Sheckley-Verfilmung Das Millionenspiel umgesetzt), das blutrünstige “Sport”-Veranstaltungen für Rekord-Einschaltquoten in Zukunftsnationen nutzt. Gegen Cormans Willen wurde daraus aber eine zynische Komödie, in der die überzeugendste “Regel” eines Autorennens war, dass die auf der Strecke überfahrenen Passanten für den Ausgang des Rennens entscheidend waren (inklusive eines speziellen “Euthanasie-Tages”). Man muss diesen Film nicht gesehen haben, um sich des komödiantischen (und natürlich menschenverachtenden) Potentials dieser Prämisse bewusst zu sein.

Paul W. S. Anderson änderte aus naheliegenden Gründen den Filmtitel (die Geschichte wurde um einige Jahrzehnte in die Zukunft extrapoliert), und reicherte die Hauptidee mit Elementen aus John Carpenters Escape from New York an, denn diesmal geht es um Gefängnisinsassen, die durch fünf gewonnene Todesrennen ihre Freilassung erkämpfen können. Statt von Los Angeles nach San Francisco (oder war es umgedreht?) fährt man also Runden auf der Gefängnisinsel “Terminal Island”, und Anderson änderte die Regeln so, dass der Film (wie zugegebenermaßen oft bei diesem auch für Resident Evil oder Alien vs. Predator bekannten Regisseur) wie ein Videospiel wirkt. Auf der Fahrt kann man über hin und wieder erleuchtete Gullydeckel mit bestimmten Symbolen fahren, um damit seiner Teufelsmaschine “offensive” (ein Schwert steht für “nach vorne abgegebene” Munition) oder “defensive” (ein Schild steht für nach hinten abgegebenen Rauch, Öl, und Napalm) Hilfsmittel zuzuführen. Außerdem gibt es noch mit einem Totenkopf markierte kleine Fallen im Parcours.

Um die Identifikation zu vereinfachen, erfand man dazu noch die Figur eines ehemaligen Rennfahrers (Jason Statham), der für den Mord an seiner Frau ins Gefängnis kommt. Und dies unschuldig (an dieser Stelle darf Hitchcock sich mal wieder im Grab umdrehen, aber wahrscheinlich rotiert er immer noch wegen Eagle Eye), denn die durchtriebene Gefängnisleiterin (Joan Allen) hatte einfach mal einem Insassen Freigang verschafft, um den Mord und das Fingieren der Beweismittel zu erledigen. Somit hat unser Held also nicht nur einen gefährlichen Rennfahrkonkurrenten namens Machine Gun Joe (Tyrese Gibson, im Original war es noch der wortkarge Sylvester Stallone), sondern versucht sich nebenbei auch noch am Mörder seiner Frau zu rächen.

Der größte Coup der Gefängnisleiterin in Sachen Einschaltquote beim Death Race ist aber, dass unser Rennfahrer nicht unter seinem eigenen Namen startet, sondern er die Maske eines legendären, durch diverse Crashs missgestalteten Fahrers namens Frankenstein übernimmt, dessen letztes Rennen wir zu Beginn des Films erleben dürfen, und dessen Stimme dabei tatsächlich von David Carradine, dem Hauptdarsteller des Originalfilms, geliefert wird.

Soweit dürfte potentiellen Zuschauern klar sein, ob dies ein Film für sie sein könnte, negativ spielt aber herein, dass die Inszenierung gerade in den Rennszenen manchmal etwas stümperhaft ist (besonders armselig: wenn zur Etablierung des Rennens innerhalb der streng bewachten Insel mehrfach dieselbe aufwendige Kamerafahrt an einem Wächter vorbei eingeschnitten wird), und der Einsatz weiblicher Copiloten zur Hot-Pants-Modenschau verkommt, bei der dann auch jedesmal ein Song mit Textzeilen wie “I’m sexy” eingespielt wird, damit es auch die hinterletzten Zuschauer kapieren. Statt Old-School-Grindhouse wie bei Tarantino auffällig ähnlich betiteltem Death Proof gibt es außerdem einige sehr auffällige und schwache CGI-Effekte (z. B., wenn einer der Fahrer sich - in Anlehnung an die Regel des Originalfilms - für jedes seiner Opfer mit einer Rasierklinge einen Strich in die Gesichtshaut ritzt), und passend zum inhaftierten Personal des Films (und womöglich zum anvisierten Zielpublikum) einen stumpfen Soundtrack aus Hardrock und Hiphop sowie einige unnötige homophobe Phrasen.

Während einige der Nebenfiguren und Dialoge (allen voran Ian McShane, der tote Journalist aus Woody Allens Scoop) durchaus amüsant sind, verschenkt der Film dann aber auch vieles mit seiner aufgesetzten letzten Szene, die wie schlecht abgeguckt bei James Camerons Terminator 2 wirkt. Und dem vielleicht blödesten Regiefehler des Jahres, wenn einer Figur, die sich unerwartet mutig für unseren Helden einsetzt, die Finger zweimal in Großaufnahme zertreten werden, und der Knabe in der Folgeszene nicht einmal ein Pflaster an der Hand hat, sondern eifrig über ein Keyboard tippt.