M3GAN 2.0
(Gerard Johnstone)
Originaltitel: M3GAN 2.0, USA 2025, Story: Gerard Johnstone, Akela Cooper, Buch: Gerard Johnstone, Kamera: Chris Bacon, Schnitt: Jeff McEvoy, Musik: Toby Oliver, Production Design: Brendan Heffernan, Adam Wheatley, Kostüme: Jerinana San Juan, mit Allison Williams (Gemma), Violet McGraw (Cady), Amy Donald (M3GAN), Jenna Davis (Stimme M3gan), Ivanna Sakhno (Amelia), Jemaine Clement (Alton Appleton), Brian Jordan Alvarez (Cole), Aristotle Athari (Christian), Timm Sharp (Agent Sattler), Jen van Epps (Tess), Mike Edward (Todd), 119 Min., Kinostart: 26. Juni 2025
Weil dieser Text unter Zeitdruck entstehen musste (ca. 32 Stunden zwischen der Pressevorführung und dem bevorzugten Veröffentlichungs-Zeitpunkt), habe ich mal einige Gedanken, die ich schon vor der Filmsichtung hatte, vorangestellt.
Nach Sichtung des Trailers fielen mir deutliche Ähnlichkeiten zwischen M3GAN, M3GAN 2.0 und James Camerons The Terminator bzw. Terminator 2: Judgment Day auf: im ersten Film geht es jeweils um die Titelfigur, einen "bösen" Androiden (mit Unterschieden in der ethischen Vorgabe im Design und dem Grad der Ähnlichkeit zu Menschen), dann werden die fiesen Maschinen jeweils auseinandergenommen (dass das eine ein Sci-Fi-Actioner ist und das andere ein Horrorfilm, verschwimmt fast ein bisschen). Und im Sequel erfährt der jeweilige böse Titelheld eine Veränderung, weil gegen noch hinterhältigere und "stärkere" Nachfolgemodelle angetreten werden muss. Im Krieg gegen Roboter muss die Menschheit Roboter rekrutieren - dieses Thema ist in KI-Zeiten nur noch aktueller geworden.
Mein Eindruck aus dem Trailer war, dass M3GAN hier nicht so eine moralische Erziehung durchläuft wie einst Arnie (kann mich noch gut dran erinnern, wie er einem Rockertypen ins Bein schießt und dann den jungen John Connor beruhigt "He'll live!"), sondern eher eine Antiheldin bleibt. Was mich aber nicht wundern würde, ist, wenn sie sich am Ende opfert wie damals Arnie (und an dieser Stelle noch mal der Hinweis: ich schreibe dies, ohne den Film gesehen zu haben, und somit ist es auch kein Spoiler - und ich werde den Satz auch stehen lassen, egal, ob's im Film so kommt oder womöglich ganz anders).
Eine andere Verbindung zum Terminator sehe ich darin, dass vor und hinter der Kamera wieder die selben Menschen stehen wie schon beim überraschend erfolgreichen Arnie-Film. Michael Biehn hatte seine Schuldigkeit getan, aber Arnie und Linda Hamilton waren wieder dabei (an so viele andere wichtige Figuren kann ich mich auch nicht erinnern), bei M3GAN gab es mehr Überlebende, und so werden nicht nur Cady und ihre Tante Gemma wieder von den selben Darstellerinnen verkörpert, auch M3GAN hat den selben Körper und die selbe Stimme - und sogar Tess und Cole sind wieder dabei.

© 2025 Universal Studios. All Rights Reserved.
Außerdem sind Regie, Schnitt und Drehbuch wieder versammelt (letzteres mit leichten Verschiebungen, der Regisseur hat sich stärker eingebracht). Warum Kamera, Composer, Kostüme oder Production Design neu besetzt wurden, weiß ich nicht, aber vielleicht ist man da mit etwas mehr Budget (M3GAN hatte weltweit immerhin 180 Mio. Dollar eingespielt...) einfach in die nächste Preisklasse hochgerutscht. Oder es hängt irgendwie mit dem Drehort Kanada (laut imdb) zusammen. Ende der Vorabüberlegungen.
M3GAN 2.0 ist nun ein Genre-Mix mit deutlichem Action-Zuwachs und sogar einem kleinen Spionage-Plot. Angeblich hat man aber die Horror-Wurzeln beibehalten, doch...
NIE IM LEBEN würde ich das Resultat einen Horrorfilm nennen. Es gibt einen body count und traumatische Ereignisse... aber der Grusel-Faktor ist sehr gering. Die Ähnlichkeit zu den Terminator-Filmen ist deutlich, aber trotz der mordend umherziehenden Amelia (wieder ein Akronym, bei dem das A hinten für Android steht) spielt Humor eine große Rolle. Ob bei dem von Jemaine Clement gespielten, von Selbstherrlichkeit nur so strotzenden Tech-Milliardär "Alton Appleton", beim nun mit größerer Rolle beschenkten Cole oder der neuen Figur des FBI-Agenten Sattler (Timm Sharp).
"Alton [...] if you put an A.I. into a human brain, it's not gonna ride shotgun..."
Und auch die kleinen Kämpfe zwischen M3GAN und ihrer Schöpferin Gemma drehen sich hier nur selten um konkrete Gefahren für Gemma oder ihre Nichte Cady (zumindest geht die Gefahr selten von M3GAN aus), sondern eher um Erziehungsfragen.

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Bevor man zum alten Status Quo von M3GAN zurückkehrt, bedarf es einiges an
exposition, und im Drehbuchbereich hat sich Regisseur Johnstone entsprechend auch was einfallen lassen. Wobei man aber sehr häufig filmische Vorbilder erkennen kann.
Wenn die ausgesprochene AI-Gegnerin Gemma etwa durch einen Einbruch aufgeschreckt wird, reagiert ihr smart home darauf ähnlich wie Kevin McAllister aus Home Alone und jeder Monitor oder auch nur der Saugroboter erwehren sich des Angriffs (again, it's funny with a bit of violence).
Eine Zeitlang verläuft der Film (und die zentrale Konfrontation) dann so, wie man es (auch durch den Trailer konditioniert) erwartet hat.
Doch dann gestaltet Johnstone die Situation mehrfach ganz anders und spielt verschiedene Konstellationen durch. Mal teilen sich M3GANs Bewusstsein und Gemmas Körper die Spielfläche, dann ist Amelia gar nicht mehr der dezidierte Antagonist. Das ist zum Teil ganz interessant, aber zerfasert den Film auch etwas, und für den Showdown besinnt man sich dann doch wieder auf die eigentliche Auseinandersetzung mit dem deutlichen Terminator-Vibe.
Je nachdem, wie sehr man als Zuschauer die Zwischenspiele "ernst" nimmt ("Now fighting: M3GAN's conscience and a historic predecessor of the killer robots"), weiß man die Spielereien vielleicht sogar zu schätzen. Ich für meinen Fall fand es etwas anstregend, wenn die allgemeinen Regeln immer mal wieder korrigiert wurden (und die Konsequenzen nur selten die Hauptfiguren betrafen)

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Wo in M3GAN die Angriffe auf einen Mitschüler oder die Nachbarin immer Grenzüberschreitungen waren, die die Gefährlichkeit der Titelfigur ausweiteten, werden in M3GAN 2.0 von Anfang an casualties wie Indianer* in einem Western registriert. Dadurch entsteht ein komplett anderer Film. Man kann hier auch ein anderes James-Cameron-Sequel, nämlich Aliens, ins Spiel bringen. Wo das Ridley-Scott-Original ein lupenreiner Horrorfilm war (nur halt im Sci-Fi-Gewand eines Raumschiffs), macht Cameron daraus eine Militär-Geschichte mit völlig veränderten Empfindungen im Publikum. Ich will nicht sagen, dass man nicht auch mit den Marines (oder bei M3GAN 2.0 mit Soldaten an der iranischen Grenze) mitfühlen kann, aber man hat halt von Anfang an eine gewisse Distanz zum Geschehen, und auch emotionale Beziehungen haben nie die Tragweite wie im ersten Film.
*Ja, ich finde, der Begriff ist hier kulturhistorisch notwendig. Entschuldigung an die Spätgeborenen, die sich dadurch in ihrem Weltbild erschüttert fühlen könnten.
Es ist schon ein Riesenunterschied, ob M3GAN der zunehmend fremder werdende Fremdkörper in einer kleinen Ersatzfamilie ist, die schon so genügend Probleme hat... oder wenn sich die Familienprobleme (Gemmas neuen Freund hatte ich noch gar nicht erwähnt...) etwas fernab von der eigentlichen Handlung, einem ansatzweise globalen Roboterkrieg, auf Nebenschauplätzen abspielen.
Das fand ich schon etwas schade, das konnte auch Cole nicht rausreißen, wenn er bei seinem großen Auftritt als Aushilfs-Agent beim Niesen in die falsche Tasche greift...

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Was bei der Figur der Amelia (und der Darstellung durch Ivanna Sakhno - "Shin Hati" aus Ahsoka) sehr interessant war: dieser Android ist im Aussehen nicht so deutlich unterschiedlich zu normalen Menschen wie M3GAN mit ihren Manga-Augen, und mit nuanciertem Spiel kann sie so ihr Anderssein stärker ausspielen (50 Shades of uncanny valley). Natürlich hat mich das dann auch wieder an Kristanna Loken im dritten Terminator-Film erinnert.
"Come on, meatsacks. Let's go!"
All mein Rumgejammere mal beiseite gestellt, bietet der Film insbesondere für Fans der M3GAN-Figur solide Unterhaltung mit einer gewissen Weiterentwicklung des Franchises (wobei eine Weiterführung der ursprünglichen Situation vermutlich auch gar nicht möglich gewesen wäre, weil das Publikum in die Richtung beim Sequel nur noch schwer überrascht werden kann.
"I don't want your bullshit interpretation of empathy."
Ein Detail, über das die wenigsten Zuschauer sich den Kopf zerbrechen dürften: Vielleicht waren einige Drehbuchentscheidungen auch davon beeinflusst, dass die junge Darstellerin von M3GAN natürlich auch im Rahmen der Kinderarbeitsgesetze nur so und so viele Stunden pro Drehtag vor der Kamera stehen darf. Wenn man den Film durch diese Brille betrachtet, sieht man zusätzliche Probleme für die Produktion und wie der Regisseur und Autor damit umging...
Ich mochte den ersten Film lieber, war auch ein bisschen enttäuscht, aber als M3GAN-Fan gab es viel neues Futter. Nur war ich auch ein Fan der allgemeinen ursprünglichen Situation, und die ist mittlerweile nicht mehr rekonstruierbar.
Eine vielversprechende Horror-Prämisse (und ich war nie ein Fan von Chucky oder so) wurde nun zu etwas komplett anderem.
"When you wake up, you're still you. Just a version of you I can deal with."
