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3. November 2008
Thomas Vorwerk
für satt.org


  James Bond 007: Ein Quantum Trost (R: Marc Forster)


James Bond 007:
Ein Quantum Trost
(R: Marc Forster)

Originaltitel: Quantum of Solace, UK / USA 2008, Buch: Paul Haggis, Neal Purvis, Robert Wade, nach Figuren von Ian Fleming, Kamera: Roberto Schaefer, Schnitt: Matt Chessé, Richard Pearson, Musik: David Arnold, Titelsong: Jack White, Alicia Keys, mit Daniel Craig (James Bond), Olga Kurylenko (Camille), Mathieu Amalric (Greene), Judy Dench (M), Giancarlo Giannini (Mathis), Gemma Arterton (Miss Fields), Jeffrey Wright (Felix Leiter), David Harbour (Gregg Beam), Jesper Christensen (Mr. White), Anatole Taubman (Elvis), Rory Kinnear (Tanner), Joaquín Cosio (General Medrano), Simon Kassianides (Yusuf), Stana Katic (Corinne), 106 Min., Kinostart: 6. November 2008

Viele Leser wird es interessieren, ob es dem neuen Bond bekommen hat, erstmals als Fortsetzung konzipiert zu sein, ob Mathieu Amalric als Bösewicht überzeugt, ob es diesmal wieder so brutal hergeht, ob es ausreichend Sexszenen gibt, ob die Dialoge ausgefeilt sind, Bond Fortschritte damit macht, Markenzeichen wie seinen Martini oder seine Namensansage zu etazu sehen steht blieren, ob Mr. White (Jesper Christensen), wie es im Trailer angedeutet wird, nun dieselbe Folter angediehen bekommt, die in Casino Royale noch Bond über sich ergehen lassen musste. Und natürlich, ob Marc Forster, jener Schweizer, der plötzlich sogar aufgrund seines Geburtsortes als “deutschstämmiger” Bond-Regisseur bezeichnet wird, seine Sache gut gemacht hat.

All diese Fragen werden in diesem Text nicht beantwortet werden (na gut, streng genommen indirekt immerhin ein oder zwei davon), denn dieser Text wird sich ganz jener Figur widmen, die laut meiner unmassgeblichen Meinung die interessanteste im ganzen Film ist. Bond kommt gerade in La Paz, Bolivien an, als ihn dort eine Agentin des Konsulats namens Miss Fields erwartet, um ihn umgehend wieder nach Hause zu schicken, denn M (Judi Dench) und der MI6 sind sich nicht sicher, ob Bond einer persönlichen Rache (siehe Casino Royale) mehr Aufmerksamkeit schenkt als seinem Auftrag, dessen Ausführung sich vor allem dadurch auszeichnet, dass etwaige Informanten sich häufig als “Sackgassen” erweisen, Bonds kleiner Euphemismus dafür, dass sie trotz vermeintlich gegenteiliger Bemühungen seiner Person plötzlich eines gewaltsamen Todes starben. Doch zurück zu Miss Fields, die von Gemma Arterton gespielt wird, einer momentan noch recht unbekannten britischen Darstellerin, die manch einem womöglich in St. Trinian’s als eigentliche Hauptfigur aufgefallen sein könnte (sie hatte definitiv mehr screen time als Rupert Everett oder Colin Firth), und die momentan Thomas Hardys Tess of the D’Urbervilles als BBC-Miniserie dreht, in der Titelrolle, die einst Nastassja Kinski den Weg zum kurzzeitigen Weltstar ebnete.

  James Bond 007: Ein Quantum Trost (R: Marc Forster)
Fotos © 2008 Sony Pictures Releasing GmbH
James Bond 007: Ein Quantum Trost (R: Marc Forster)
Critics in Love

Diese Miss Fields, die übrigens Wert darauf legt, nur bei ihrem Nachnamen genannt zu werden, taucht nun in halbhohen Stiefeln und einem Trenchcoat auf (man bekommt irgendwie das Gefühl, dass sie darunter nichts weiter trägt), und will Bond postwendend zurückschicken, was aber daran scheitert, dass der nächste Flug nach London erst am nächsten Tag geht, was Bond dann Anlass zur Bemerkung “Well, then we have all night ...” gibt. Miss Fields hat auch bereits ein Hotel organisiert, in dem man (zusammen mit einer dritten Person) unter der Tarnung als “Lehrer, die sich eine Auszeit nehmen” unterkommen soll, Bond findet das Hotel aber inakzeptabel und so zieht man stattdessen in das beste Haus am Platz ein, als “Lehrer, die sich eine Auszeit nehmen ... und im Lotto gewonnen haben”. Bei der Begutachtung der Gemächer benötigt Bond die Hilfe von Miss Fields auf der Suche nach dem “stationary”. Das ist eigentlich die englische Bezeichnung für Briefpapier, aber sowohl der Zuschauer als auch Miss Fields beschleicht irgendwie das Gefühl, dass Bond etwas anderes meinen könnte. Und das Lächeln von Miss Fields in diesem Moment der Erkenntnis ist ganz bezaubernd. Nach irgendeiner Szene ohne Miss Fields sieht man sie dann etwas später bereits ihren nackten Rücken auf dem Bett offenbaren (Fields: “You know how angry I am at myself?” - Bond: “I can’t imagine, you must be furious ...”, wozu sie dann lächelt). Bond fragt sie, ob sie mit auf eine Party kommen will, zu der er inzwischen eingeladen wurde, und sie meint, sie habe nichts anzuziehen, weshalb ihr der eigentlich von der staatlichen Kreditkarte getrennte Bond ein ganz nettes Kleid organisiert.

Auf der Party muss Bond dann das eigentliche Bond-Girl dieses Films (Olga Kurylenko) aus einer brenzlichen Lage befreien, und der sehr bösartige Sprüche aufsagende Mathieu Amalric (“She’s really quite stunning once you get her on her back.”) schickt den beiden seinen etwas tumben Bodyguard “Elvis” hinterher, bei dem man das Gefühl hat, dass der Schweizer Darsteller Anatole Taubman die Rolle wohl bekommen haben könnte, weil seine Eltern zusammen mit denen von Marc Forster Golfen. Miss Fields, die gerade die Treppe hinaufgeht, die Bond, seine Begleitung, und einige Meter dahinter Elvis hinuntergehen, stellt letzterem geschickt ein Bein, und sagt dann mit dem Brustton ehrlichen Entsetzens “Oh my gosh! I’m so sorry!” Bis Elvis das nächste Mal auftaucht, hätte man annehmen können, er habe sich bei dem spektakulären Sturz das Genick gebrochen, und immerhin trägt er bei seinem nächsten Auftritt auch eine Halskrause.

Leider ist das auch so ziemlich das letzte Erfreuliche, was man über die Rolle der Miss Fields sagen kann. Später (spoilers ahead!) sieht man noch eine Nachricht von ihr, mit der sie Bond zu warnen versucht, und dann wird ihre Leiche in einem Zustand aufgefunden, der an eine der berühmtesten Szenen eines klassischen Bond-Films erinnert. Und auf eine sehr perfide Art rächt Bond ihren Tod später.

Auf eine extrem pietätlose Art und Weise wird die Figur dann aber im Nachspann unnötigerweise auch noch der Lächerlichkeit preisgegeben, weil bei den Credits aus unerfindlichen Gründen auch ihr Vorname zu sehen ist, aus dem die Drehbuchautoren unbedingt einen sehr britischen Sparwitz machen mussten.

Ich bin mir dessen bewusst, dass diese Kritik ebenso unprofessional wie lächerlich wirken könnte (insbesondere, wenn man den Reiz von Miss Fields nicht nachvollziehen kann, und ich muss zugeben, dass das erhältliche Bildmaterial bis auf ihren entzückenden etwas schiefen Zeh nur sehr bedingt die Faszination übertragen kann), aber immerhin dürfte man indirekt über diesen Text auch einiges über den neuen Bond-Film erfahren. Und wie gesagt, warum soll ich über Jesper Christensen, Judi Dench oder Giancarlo Giannini berichten, wenn Miss Fields (die mich übrigens auch sehr an die Rolle der Miss Moneypenny zu ihren besten Zeiten erinnerte) in meinen Augen doch so viel interessanter ist.