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4. Juni 2008
Thomas Vorwerk
für satt.org


  Ein verlockendes Spiel (R: George Clooney)
Ein verlockendes Spiel (R: George Clooney)
Ein verlockendes Spiel (R: George Clooney)
© Universal Pictures International
Ein verlockendes Spiel (R: George Clooney)
Ein verlockendes Spiel (R: George Clooney)
Ein verlockendes Spiel (R: George Clooney)

Ein verlockendes Spiel
(R: George Clooney)

Originaltitel: Leatherheads, USA 2008, Buch: Duncan Brantley, Rick Reilly, Kamera: Newton Thomas Sigel, Schnitt: Stephen Mirrione, Musik: Randy Newman; Kostüme: Louise Frogley, Casting: Ellen Chenoweth, mit George Clooney (Jimmy “Dodge” Connelly, Renée Zellweger (Lexie Littleton), John Krasinski (Carter Rutherford), Jonathan Pryce (C.C. Frazier), Stephen Root (Suds), Wayne Duvall (Coach Frank Ferguson), Keith Loneker (Big Gus Schiller), Malcolm Goodwin (Bakes), Matt Bushell (Curly), Tommy Hinkley (Hardleg), Tim Griffin (Ralph), Robert Baker (Stump), Nick Paonessa (Zoom), Nicholas Bourdages (Bug), Jack Thompson (Harvey), Max Casella (Lt. Mack Steiner), 114 Min., Kinostart: 5. Juni 2008

Zugegeben, Leatherheads ist eine Romantic Comedy irgendwo zwischen 1930er Screwball (Cary Grant / Katherine Hepburn) und 1950er Geschlechterkampf (Rock Hudson / Doris Day), doch beim nichtssagenden deutschen Titel Ein verlockendes Spiel wird völlig unterdrückt, dass es auch um die Anfänge des American Football als Profisport geht. Und auch, wenn Experten bei den historischen Sportdetails einiges zu bemängeln hatten, funktioniert der Film über seine eigentliche Geschichte weitaus besser als über die von den deutschen PR-Leuten in den Vordergrund gedrängte Lovestory zwischen Clooney und Zellweger, die dafür, dass sie tatsächlich mal was gelaufen hatten sollen, erstaunlich wenig “Knistern” erzeugen.

Eine der Hauptinspirationen des Regisseurs Clooney scheinen mir die Coen-Brüdern zu sein, unter deren Führung er schon in (halbwegs) jungen Jahren den Schönheitswahn eines Sexsymbols spielerisch zu dekonstruieren wusste. Dieser Ansatz drängt sich als ein andauerndes Witzeln über das eigene Alter auch in Leatherheads in den Vordergrund, wobei (zumindest mir) auffällt, dass Clooney versucht, dieses Thema nicht auch auf seine Leinwandpartnerin auszuweiten, die aufgrund ihres Geschlechts und der Ping-Pong-Diätprogramme ihrer Bridget-Jones-Auftritte (die nicht ganz spurlos an ihrem Gesicht vorbeigingen) in fünf Jahren sicher weitaus größere Probleme haben wird als Clooney, interessante Rollen zu ergattern.

Aber zurück zu den Coen-Brüdern. The Hudsucker Proxy und Intolerable Cruelty, die zwei Ausflüge der Brüder in die Gefilde der Romantic Comedy, dürften sicher nicht zu den Höhepunkten ihrer Filmographie zählen, doch gerade im Bereich der erotischen Spannung zwischen den Hauptdarstellern hätte Clooney hier noch einiges lernen können. In Leatherheads sind die Drehbuchkapriolen um das Regelwerk des Profifootballs (inklusive eines schönen Vergleichs mit ... äh ... “psychologischer Kriegsführung”) weitaus interessanter als die Rededuelle zwischen den Hauptdarstellern. Wobei ich dies eigentlich gar nicht entscheiden kann, denn der Presse wurde der Film nur in der deutschen Synchronfassung gezeigt, die insbesondere das Zeitkolorit der Screwball Comedy (die ich dem Film einfach mal auch in den Dialogen unterstelle) vermissen ließ.

Was insbesondere deswegen schade ist, weil nicht nur Clooney sich in seinen Regiearbeiten immer weiter in die Vergangenheit bewegt, sondern auch Zellweger sich seit Chicago (2002) fast ausschließlich auf period pieces (Down With Love, Cold Mountain oder Cinderella Man) zu spezialisieren scheint. Und diese gemeinsame Sehnsucht nach einer glamouröseren früheren Zeit wird sich sicher auch irgendwo manifestiert haben, nur fällt es schwer, dies zu erkennen, wenn der Film der deutschen Presse (und damit direkt oder indirekt auch dem deutschen Publikum) auf so seltsame Art präsentiert wird. Denn Leatherheads ist mehr als nur ein Techtelmechtel-Film mit teuren Kostümen. Doch jeder potentielle Kinobesucher, der sich beispielsweise für American Football interessiert, wird anhand des Plakats und deutschen Titels keine Chance haben, überhaupt zu erkennen, dass dieses Thema im Film eine nicht geringe Rolle spielt. Und mir ist bewusst, dass diese Klientel keine kaum zu bändigen Menschenmassen birgt, die sich oft im Eingangsbereich von Multiplexen herumtreiben, aber ich denke, der Regisseur sollte bei der Betonung bestimmter Filmelemente ein größeres Mitspracherecht haben als irgendwelche einfallslosen ausländischen Presseagenturen, deren Haupttalent darin besteht, sämtliche Titel von Filmen, die *irgendwie* für Frauen geeignet sind, anhand des deutschen Titels sofort als solche erkennbar zu deklarieren. Und hier hätte ich selbst noch Eine Ledermütze zum Verlieben oder Footballspieler küsst man nicht (immerhin startet der Film auffällig nah am Beginn der Fussball-EM, warum dies also nicht ausnutzen?) um Klassen besser gefunden.


Nachtrag: Die Screwball-Tradition von Leatherheads kann man kaum übersehen, aber schon in der Presseeinladung wunderte mich bei folgender Formulierung etwas:

Die Superstars und Oscarpreisträger Renée Zellweger und George Clooney treffen sich in Ein verlockendes Spiel (Start am 5. Juni) zu einem romantischen Stellungskampf, der Erinnerungen wachruft an legendäre Wortgefechte zwischen Spencer Tracey und Katharine Hepburn oder prickelnde Dialoge à la Jack Nicholson und Diane Keaton.

Mal ganz abgesehen davon, dass man Tracy ohne e schreibt, verwirrte mich der Vergleich mit Keaton und Nicholson total. Nach etwas Überlegen kam ich drauf, dass sie in Warren Beattys Reds einen gemeinsamen Film haben könnten, doch “prickelnde Dialoge” oder eine Screwball-Atmosphäre hielt ich dort für unwahrscheinlich. Nach dem Film fragte ich sogar eine Angestellte der Presseagentur, die aber nur meinte, dass die Texte von anderer (höherer?) Stelle stammen, und sie auch nicht wusste, worauf dieser Kommentar anspielen sollte. Erst Wochen später erfuhr ich durch eine weitere Pressemitteilung (ein seltsames “Quizspiel” mit Filmzitaten), dass Keaton und Nicholson noch einen gemeinsamen Film hatten, nämlich Nancy Myers’ Something’s Gotta Give (Was das Herz begehrt), der aber wohl vor allem deshalb für den Screwball-Vergleich aus der Mottenkiste hervorgeholt wurde, weil er zufällig von der selben Company stammt.