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März 2005
Thomas Vorwerk
für satt.org

Brothers - Unter Brüdern
Dänemark 2004

Brothers

Regie:
Susanne Bier

Buch:
Anders Thomas Jensen

Story:
Susanne Bier

Kamera:
Morten Søborg

Schnitt:
Pernille Bech Christensen, Adam Nielsen

Musik:
Johan Söderqvist

Darsteller:
Connie Nielsen (Sarah), Ulrich Thomsen (Michael), Nikolaj Lie Kaas (Jannik), Bent Mejding (Henning), Solbjørg Højfeldt (Else), Sarah Juel Werner (Natalia), Rebecca Løgstrup (Camilla), Laura Bro (Ditte), Lars Ranthe (Preben 1)

110 Min.

Kinostart:
31. März 2005

Brothers - Unter Brüdern

Filmszene
Filmszene
Filmszene
Filmszene
Filmszene

Die titelgebenden Brüder dieses Films sind zwei der wohl bekanntesten und besten dänischen Schauspieler. Zum einen Ulrich Thomsen (Das Fest, Das Erbe) als Michael, zum anderen Nikolaj Lie Kaas (Idioten, Reconstruction) als Jannik. Der Film beginnt damit, daß Michael, der Ältere, Jannik nach einer Haftstrafe aus dem Gefängnis abholt. Im Gegensatz zum streng organisierten Soldaten Michael könnte Jannik kaum chaotischer sein, ein gemeinsames Essen mit den Eltern Henning und Else unterstreicht auch, wo deren Vorlieben liegen. Michael, der Familienvater, muß dann aber nach Afghanistan (Dänemark gehört zu den Unterstützern der USA) und sein Hubschrauber wird nach diesem Prolog ziemlich sang- und klanglos abgeschossen.

Mit einem ähnlichen Schockmoment arbeitete bereits Susanne Biers letzter Film Open Hearts, damals war es aber Nikolaj Lie Kaas, der durch einen Autounfall aus dem Gleichgewicht geworfen wurde. In Brothers ist es nun Jannik, der der Witwe seines Bruders beisteht und erstmals Verantwortung zeigt.

In der Rolle der Sarah erleben wir Connie Nielsen, die dritte Hauptdarstellerin des Films, die zwar mit Brothers ihr dänisches Filmdebüt vorlegt, aber bereits eine US-amerikanische Kleinkarriere hinter sich hat, wo sie in Filmen wie Gladiator, Rushmore oder One Hour Photo antrat. Ohne Zweifel dürfte aber die Rolle der Sarah ihr Talent am besten nützen, denn diese Frau, die schließlich zwischen ihrer Loyalität zu den zwei unterschiedlichen Brüdern zu zerreißen droht, zeigt weitaus mehr Tiefe als Nielsens Auftritte in den Staaten.

Michael stirbt natürlich nicht in Afghanistan, sondern wird als Gefangener der Taliban "nur" traumatisiert, der Zuschauer kann leicht nachvollziehen, daß ihm die Rückkehr ins Alltagsleben fast unmöglich scheint. Er versucht, seine Kriegserfahrungen zu unterdrücken und muß dabei auch noch feststellen, daß seine Frau sich in seiner Abwesenheit ausnehmend gut mit seinem plötzlich nicht mehr nichtsnutzigen Bruder verstanden hat.

Wie in vielen dänischen Filmen liegen auch hier Humor und Tragik nah beieinander, wofür sowohl die Regisseurin als auch ihr Drehbuchautor Anders Thomas Nielsen bereits garantieren. Michael witzelt zunächst noch "Was steht auf meinem Grabstein? Ich hoffe, Jannik hat's nicht geschrieben …", um etwas später mit einem Satz wie "Konntest Du nicht einfach tot bleiben?" konfrontiert zu werden.

Wie sich spätestens nach Michaels Rückkehr die Brüder verändern, das ist auf jeden Fall ebenso gut beobachtet wie dargestellt. Während Jannik in seiner chaotischen Weise versucht, zusammen mit seinen "drei kleinen Schweinchen" die halb renovierte Küche auf Vordermann zu bringen, ist es für Michael der misslungene Versuch, sein Leben wieder in den Griff zu bekommen, der aus einem aufzuräumenden Küchenschrank einen Wutausbruch entstehen lässt.

Manch einem mögen solche Szenen zu dick aufgetragen sein oder der politisch zu einseitig gestrickte Hintergrund sauer aufstoßen, aber wie die Regisseurin selbst sagt, soll der Film trotz der vorhandenen politischen Dimension vor allem ein Liebesfilm sein - wie schon Open Hearts ein Film vor allem über die Schwierigkeiten der Liebe, die hier aus einer zunächst alltäglichen Situation plötzlich durch die so fern erscheinenden Weltgeschehen um Krieg und Terror beeinflusst wird. Wie eine dänische Minimal-Version von The Deer Hunter - so wie Dänemark kleiner ist als die Vereinigten Staaten und Susanne Bier ein paar Nummern kleiner ist als Michael Cimino (auf dem Höhepunkt seiner Karriere). Aber den Willen und das Talent, nicht nur nachzueifern, kann man erkennen.