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Sofie Lichtenstein: Bügeln. Protokolle über geschlechtliche Handlungen





27. August 2013
Kristin Eckstein
für satt.org

  Toradora! Band 1
Yuyuko Takemiya (Autor),
Zekkyou (Zeichnungen),
Yasu (Character Design):
Toradora!
Christine Steinle (Übersetzerin)
Egmont Manga & Anime
Band 1: 194 S., € 7,00
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Toradora! Band 2
Band 2: 178 S., € 7,00
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„Ich bin ein Drache
und du bist ein Tiger!“

Toradora!

Das Medium der Light Novel – kurze Romane, illustriert mit wichtigen Szenen im Manga-Stil – erfreut sich in Japan nach wie vor enormer Popularität und ist nicht selten der Ursprung für umfangreiche Medienverbünde, wie etwa das zum Kult avancierte Suzumiya Haruhi no Yuutsu oder auch Maria-sama ga miteru. In Deutschland konnte sich das Genre bisher nicht durchsetzen; viele Reihen werden wegen zu geringer Verkaufszahlen eingestellt. So beispielsweise auch Ab sofort Dämonenkönig!, das sich in Japan wie geschnitten Brot verkauft, während hierzulande lediglich der erzählerisch schwächere Manga treue LeserInnen für sich gewinnen konnte. Mit Toradora! hat es eine weitere Adaption eines Light Novels, die ein Franchise mit Anime, Videospielen, Spin-Offs und sogar einer Radioshow etablieren konnte, auf den deutschen Markt geschafft. Kann der Manga halten, was die Popularität des Light Novels verspricht?

Bei der Geschichte handelt es sich um eine klassische Romantic Comedy im shônen manga-Stil: Ryuji Takasu hat sein Aussehen von seinem verstorbenen Gangster-Vater geerbt; sein mürrischer Gesichtsausdruck tut sein Übriges, um seine neuen MitschülerInnen am ersten Schultag in Angst und Schrecken zu versetzen. Doch das Aussehen täuscht: Eigentlich ist Ryuji ein lieber Kerl, der sich um seine nachts in einer Bar arbeitende Mutter kümmert, leidenschaftlich gern putzt und kocht, und für seinen Schwarm sogar heimlich Gedichte schreibt und Mixtapes erstellt. Am ersten Tag in seiner neuen Klasse stößt er jedoch unfreiwillig mit dem sogenannten „Mini-Tiger“ zusammen: Taiga ist 1,45 m groß und sieht auf den ersten Blick niedlich aus, fast wie eine kleine Puppe. Doch auch hier darf man sich nicht täuschen lassen: Trotz ihres harmlosen Aussehens ist sie ein furchterregendes Mädchen, das bei jeder Gelegenheit ausrastet, mit unflätigen Schimpfworten um sich wirft und nicht davor zurückscheut, Gewalt anzuwenden. Die beiden könnten unterschiedlicher nicht sein, doch eint sie ein Problem: Während Ryuji in Minori – Taigas beste Freundin – verliebt ist, schwärmt Taiga wiederum für Ryujis besten Freund Yusaku. Als Taiga aus Versehen einen Liebesbrief in Ryujis anstatt in Yusakus Rucksack steckt (und nachts bewaffnet mit einem Samuraischwert in Ryujis Wohnung einbricht, um den Brief zurückzuholen), erfahren die beiden das Geheimnis des jeweils anderen und schließen sich zusammen, um sich in Sachen Liebe zu unterstützen. Von nun an verbringen die beiden fast jede freie Minute miteinander: Ryuji kocht und umsorgt nun nicht mehr nur seine Mutter, sondern auch die getrennt von ihrer Familie lebende Taiga, während Taiga Ryuji als ihren „Hund“ betrachtet, der bei jedem Befehl gefälligst zu gehorchen hat und mit dem sie sich ständig in die Haare kriegt. Doch je mehr sich die beiden anstrengen, um ihrem jeweiligen Schwarm näher zu kommen, umso weiter scheinen sie sich von ihrem Ziel zu entfernen …

Es lässt sich bereits nach dieser kurzen Zusammenfassung des ersten Bandes vermuten, dass sich die Gefühle der beiden alsbald von den besten FreundInnen weg zum jeweils anderen hin wandeln werden; so gesteht Taiga in Band 2 zwar Yusaku ihre Gefühle, doch klingt dies zuweilen mehr wie eine Liebeserklärung an Ryuji. Dass ihre KlassenkameradInnen sie schon bald als Paar wahrnehmen und Minori Ryuji darum bittet, sich gut um Taiga zu kümmern, ist dabei ebenso amüsant wie dramatisch ironisch. Dieses typische Motiv der sich langsam entwickelnden, für die Beteiligten unbewussten „belligerent sexual tension“ ist weder neu noch besonders kreativ, doch weiß bei einer gelungenen Umsetzung durchaus zu begeistern. So auch im Falle von Toradora!, das sich als hochgradig amüsante Comedy mit perfekter Konstruktion und Entwicklung zweier sympathischer, nicht allzu unrealistischer Teenager entpuppt. Die Mischung aus Komik und character development – unter anderem bedingt durch die (ebenfalls nicht besonders kreativen) komplizierten Beziehungen zu den jeweiligen Eltern sowie klassisch adoleszenten Problemen – ist gelungen und abwechslungsreich, es gibt weder Längen, noch hat man (wie so häufig bei Light Novel Adaptionen) das Gefühl, es würde etwas fehlen.

Die Charakterisierungen von Ryuji und Taiga sind auch als eine latente Dekonstruktion von Geschlechterrollenstereotypen zu begreifen: Während Ryuji sich um den Haushalt kümmert, die von Taiga vollkommen verdreckte, heruntergekommene Wohnung reinigt und täglich für sie kocht, frisst Taiga wie ein Scheunendrescher, flucht und prügelt sich, und ist auch sonst das Abbild einer tsundere, die erst nach und nach beginnt, sich Ryuji zu öffnen. Diese Umkehrungen von stereotyp männlichen respektive weiblichen Figuren ist im Regelfall eher ein Motiv des an adoleszente Mädchen und Frauen gerichteten shôjo manga; dass dieses Motiv gegenwärtig in zahlreichen nicht-phantastischen Werken mit settings in der japanischen Gegenwart auftritt und diese explizit problematisiert – so etwa auch in Otomen und Switch Girl!, ist möglicherweise als subtiler Wandel in der Wahrnehmung von propagierten Rollen zu begreifen. In Toradora! steht eine solche Intention allerdings sicherlich hinter der vordergründig humoristischen Absicht zurück, vermag aber doch die Botschaft zu vermitteln, dass nicht nur das Aussehen selbst, sondern auch die vermeintlich zugeschriebenen Charaktereigenschaften des jeweiligen Geschlechts täuschen können.

Die Adaption des Light Novel in Mangaform ist als durchaus gelungen zu bezeichnen; sympathische Figuren, die sich selbst immer wieder ins Unglück (und überaus komische Situationen) stürzen, fanservice in erträglichem Ausmaß – der Manga ist seichte (doch nicht allzu oberflächliche) und kurzweilige Unterhaltung. Umso bedauerlicher, dass das Medium Light Novel nach wie vor hierzulande keine Erfolge zu versprechen vermag – die Vorlage für den Manga wäre sicherlich ebenfalls einen Blick wert.