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12. Juli 2010
Wolfgang Buchholz
für satt.org

I am Kloot – Sky at night

Filigranes aus Manchester

Es gibt Bands, die kündigen ein neues Album an, und schon möchte man bis zur Veröffentlichung am liebsten einen Abreißkalender führen. In diese Kategorie gehören bei mir seit »...Play Moolah Rouge« (2008) I am Kloot aus Manchester. Hier also endlich Album Nummer fünf (plus Peel-Session und B-Seiten-Platte). Wie ich es finde? Es geht mir wie nach Deutschlands 4-0-Sieg gegen Argentinien. Großartig. »Sky at night« heißt die Platte, und der Titel passt schon mal hervorragend. In den Liedern stecken die Nacht, der Himmel, die Sterne und der Mond. Manchmal geht sogar die Sonne auf. Der Klang bildet ein in sich stimmiges Ganzes, in dem die Details funkeln. Vom tänzelnden Becken über die beschwingte Geige bis zur tupfenden Gitarre kann man die einzelnen Instrumente akzentuiert heraushören. Wieder haben Guy Garvey und Craig Potter von Elbow produziert. Sie haben ganze Arbeit geleistet. Die Messlatte lag hoch, doch »Sky at night« ist noch feiner und filigraner als die Vorgängeralben. Die akustische Gitarre dominiert. Über ihr die unverkennbare Stimme von John Harold Arnold Bramwell, der dieses Mal noch facettenreicher singt. Nun können andere auch produzieren und singen: Das ist nicht der Differenzierungsfaktor vom großen Rest der Singer-Songwriter-Kapellen. Andere haben aber nicht diese wunderbaren Lieder, die gleichzeitig Schönheit und Schlichtheit verkörpern. Da kommt sie her, die Magie von I am Kloot. Verglichen mit »...Play Moolah Rouge« hat die Band die Geschwindigkeit noch mal einen Gang herunter geschaltet. Dafür ist dieses Mal die Live im Studio-Aufnahme gegen ein vielschichtiges Klangbild eingetauscht worden. Streicher und Bläser inklusive.

Der Einstieg mit »Northern skies« ist schon mal ein Knaller. Der Zauber der Bramwellschen Lieder wirkt: »Where did you go on that big black night, you take the coast road back through your life«. Der Walzer »To the brink« fängt sparsam instrumentiert an. Langsam setzen die Streicher ein: »You’re that boy on the bus, who’s not quiet one of us, you hear laughter«. Die Streicher spielen allein. Das könnte kitschig werden, aber weit gefehlt. »Fingerprints« ist ein eher klassischer I am Kloot-Song. Man könnte diese Musik Slow Groove nennen. »I still do« und »It’s just the night« sind dann diese typischen schlichten, kurzen Nummern, die ihre Kraft aus der Zurückhaltung ziehen. Bei »Lately« und dem in gewaltiger Dynamik endenden »Radiation« kann man beatleske Chöre hören. Textpassagen wie »The sun may glorify the heaven, but it never sees the stars« aus »The moon is a blind eye« wollen in den Zitatenschatz. »Proof« kennt man schon vom zweiten Album. Passt wohl inhaltlich zu der Platte, trotzdem minimaler Punktabzug dafür. Zum Schluss kommt »Same shoes« mit schrubbelndem Besen auf der Snare und dezentem Saxofon- und Trompeteneinsatz daher: Bar-Jazz-Feeling stellt sich ein. »Sky at night« sind knapp vierzig Minuten feinster Singer-Songwriter-Pop – ich freue mich auf die Tour im Herbst. Nur wo kriege ich jetzt schnell noch so einen Kalender her?


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