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März 2006
Erik Westermann
für satt.org




The Kooks:
Inside In/ Inside Out

Virgin, EMI 2006

Cover
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Verliebte Jungs
The Kooks:
Inside In/ Inside Out

Tony Hoffer und kein Ende in Sicht. Der britische Producer, auf dessen Kappe auch die aktuelle Belle-and-Sebastian-LP „The Life Pursuit“ geht, ist derzeit gut im Geschäft. Mit „Inside In/Inside Out“ von den Kooks kommt dieser Tage seine nächste Produktion in die Plattenläden eures Vertrauens.

Die Fakten: The Kooks sind vier junge, sehr junge Männer aus Brighton, England, die mindestens so adrett anzuschauen sind wie die Strokes. Bei „Inside In/Inside out“ handelt es sich um ihr Debüt. Primär rocken sie. Zwei Vorabsingles („Eddie’s Gun“ und „Sofa Song“) haben den schon fast obligatorischen Wirbel verursacht. Die In-Crowd auf der Insel und an den ‚wichtigen’ Orten unseres Landes macht man Purzelbäume vor Freude. Die englische Presse lobt und lobt und lobt, da ist man hierzulande natürlich auch gespannt auf die ‚Spinner’, deren Name sich aus dem gleichnamigen Bowie-Song ableitet. Kennen gelernt haben die Vier sich an einer Musikhochschule. Die jungen Indie-Mädels stehen auf sie. So weit, so unoriginell.

Jetzt wo der Ballast über Bord ist, bleibt die Frage: wie ist „Inside In/Inside Out“? Post-Punk-Gang-of-die-üblichen-Verdächtigen oder anders gearteter reiner Retro-Schotter ?

Nein, Jein. Die Kooks, sie blicken zwar nach hinten und haben ihre Vorbilder, musikalische Engstirnigkeit und reines Epigonentum kann man ihnen jedoch nicht unterstellen. Im Gegenteil, da purzeln die verschiedenen Backgrounds nur so durcheinander. Neben der von den Kooks selbst vorgenommenen und zutreffenden Verortung in einer Tradition britischer Pop-Musik von den Kinks bis zu Supergrass, greifen sie auch mal zu Ska-Rhythmen oder anderen Zitaten aus der langen Geschichte der Popmusik.

Der Einstieg in das Album lässt unmittelbar aufhorchen – mit „Seaside“ nuschelt uns Sänger Luke Pritchard in seinem englischen Dialekt ein wenig lakonisch aber eindringlich eine Ballade ins Ohr. Leider bleibt es der einzige Song, auf dem das Tempo derart gedrosselt wird. Man ahnt es schon – weniger wäre auf Dauer mehr. Es müsste nicht permanent das Tanzbein schwingen. Denn bis auf einige am Mid-Tempo orientierten Nummern geht es sonst eher hurtig zur Sache. Enthusiastisch und aufgedreht – manchmal ungefähr so wie man sich die Purple-Schultz’schen verliebten Jungs vorstellt, naiv, jung, begeistert, so eilen sie durch ihr Pop-Universum. Ganz klar, sie haben zwei, drei hervorragende Singles wie eben den „Sofa Song“ oder auch „Jackie Big Tits“, wobei der Titel schlimmstes erwarten ließe. Gut auch der Song „Eddie’s Gun“ der das, in der Zeit vor Pelés Werbeauftritten, unheimlich vernachlässigte Thema der erektilen Dysfunktionalität aufgreift. Mehr bleibt da allerdings erstmal nicht an herausstehenden Songs hängen.

Man möchte sie etwas bremsen, ihre Stärken herausarbeiten, die Schwächen kaschieren. Tony Hoffer hat dies versäumt, die Kooks waren dazu möglicherweise (noch) nicht in der Lage. Unfertig, so wirkt „Inside In/Inside Out“, wenn auch ganz klar mit Potenzial.

Es fehlt noch etwas Abgeklärtheit und Fokussiertheit. Etwas, das sich jedoch schon mit der nächsten Platte einstellen mag und die „Young Stallions“, wie ihre Plattenfirma sie peinlicherweise tituliert, tatsächlich von „Teeniehipstern“ zu „Da-Bleibern“ werden lassen könnte.






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