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August 2005


finn.:
The Ayes Will Have It

Sunday Service/ Hausmusik/ Indigo 2005

finn.: The Ayes Will Have It
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finn.:
The Ayes Will Have It

finn.
(Foto: Sebastian Benjamin Riepe)

"Expose Yourself To Lower Education", finn.s Debütalbum von 2003, wurde damals von vielen Leuten unter anderem mit Radioheads Jahrhundertplatte "OK Computer" verglichen. Hört man heute einen Song wie "Electrify", den wunderbaren Tanzbrecher der vorliegenden Platte, dann versteht man besser denn je, warum dieser Vergleich nicht von ungefähr kommt. Die erste Single des neuen Albums "The Ayes Will Have It" könnte so auch auf "Hail To The Thief" gepasst haben. Pluckernder Bass, schabende Beats, dazu die Kopfstimme von Patrick Zimmer als finn., der sich zu keiner Zeit hinter gespielter Coolness verstecken muss. Das verbotene Wort "Authentizität" bleibt zwar weiterhin verboten, taucht jedoch im Hinterkopf trotzdem so einige Male auf. "Pesky", "Electrify", "No, I’m Not" – die Namen der auf dem Album enthaltenen melancholischen Tagesbegleiter sind Phalanx.

Was sich zunächst ausmacht wie Tagebuchlyrik ist im Endeffekt – Tagebuchlyrik (von der man im übrigen eh nicht viel versteht – als hauche finn. einem ständig intime Sachen ins Ohr, nuschelte dabei aber so wild, dass man sich alles und nichts daraus reimen kann). Aber es ist die Tagebuchlyrik eines begnadeten Songwriters, dem anscheinend mühelos immer die bestmögliche Tonfolge einfällt (und wie er bei "It May Not Last" Puccinis "Humming Chorus" zitiert, ob bewusst oder unbewusst, das nötigt schon gewaltigen Respekt ab). Wer sich dem leichten Schwermut von Songs wie "No, I’m Not" oder "Speculate, Speculate" mit seiner wunderschönen Melodie hingeben kann, der mag der Wiederkehr des ewig Gleichen, die bei finn. ein ständiges Thema ist, eine ungemein beruhigende Komponente abgewinnen.

Zugegeben: schwelgerische, pantheistisch anmutende Weihelieder wie "It May Not Last" oder das abschließende, seine eigene Großspurigkeit gleich im Namen führende "Hymn" werden sich dem Kitschverdacht nur schwer entziehen können, und "A Computer Au Palais" kann, im falschen Moment gespielt, sogar hochgradige Paranoia auslösen. Ich kann aus eigener Erfahrung aber nur sagen: gebt dem Album ein paar Durchläufe Zeit. Dann entfaltet sich darin eine herzbrecherische Grandesse.