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Juli 2005
Christina Mohr
für satt.org


Sons and Daughters: The Repulsion Box
Domino 2005

Sons and Daughters: The Repulsion Box
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Sons and Daughters:
The Repulsion Box



Sons and Daughters

Sons and Daughters are:
Adele Bethel - Vocals, guitar, piano
David Gow - Drums, Percussion
Ailidh Lennon - Bass, mandolin, piano
Scott Paterson - Vocals, guitar

Foto: Joe Dilworth

Seit ihrer letztjährigen 7-Songs-EP Love the Cup (mit dem Minihit Johnny Cash) ist das schottische Quartett Sons and Daughters auch hier zu Lande ein Begriff – außerdem waren sie diejenige Band, die das ansonsten ziemlich verkorkste Monsters of Spex-Festival in Frankfurt doch noch zu einem Erlebnis machte. Klangen die Songs auf Love the Cup noch ein wenig fragmentarisch, verhalten und irgendwie dumpf, geht es auf The Repulsion Box gehörig zur Sache. Produziert von Victor Van Vugt (Nick Cave, PJ Harvey) und aufgenommen in den legendären Conny Plank Studios in Köln kann natürlich kein mittelmäßiger Mist herauskommen – "get in there, plug in, then record it then and there" lautet das Aufnahmecredo der Söhne und Töchter und dementsprechend spontan, druckvoll und kompromißlos nach vorne gespielt hört sich das Ergebnis an. Adele Bethel, David Gow, Scott Paterson und Ailidh Lennon kommen ohne Umschweife direkt auf den Punkt, keine Schnörkel, keine Schleifen, aber viele "Aaaahs" und "Ohohs" untermalen die 10 schroffen Energiebällchen.

Nicht ganz so feinziseliert und ausgefuchst wie ihre Labelmates Franz Ferdinand, aber ebenso frisch losrockend haben Sons and Daughters auf der neuen Platte ihr Talent zum Hitschreiben entdeckt und angemessen gefördert. Als hätte es den Polkapunk der Violent Femmes nie gegeben, poltern sie los, lassen zwischendurch die Gitarren klingen und twingen wie einstmals Johnny Marr und schaffen rauhe Indie-Hymnen, die beweisen, daß Pop na! klar! eklektizistisch ist, schon immer war und das auch bleiben wird. Was trotzdem immer wieder zu spannenden, anrührenden und aufrüttelnden Momenten (wie auf dieser Platte oder Maximo Park, die mir gerade einfallen) führt, ist die Mischung aus Energie und Leidenschaft, die man Sons and Daughters in jeder einzelnen Sekunde anhört. Sie selbst sagen, daß ihre Stücke erst im Livekonzert ihre gesamte Power entfalten können – und ein Konzert der Glasgower lohnt selbstverständlich immer – aber The Repulsion Box verströmt soviel mitreißende Kraft, die auch zu Hause oder im Kellerclub volle Wirkung zeigen sollte. Der Wechsel von Frauen- und Männerstimme (Adele Bethel hat übrigens eine ganz herausragend tolle Stimme) sorgt für Dynamik, die SängerInnen stacheln und schreien sich gegenseitig an, schrauben sich in die Höhe, besonders eindrucksvoll bei Red Receiver, das auch auf dem aktuellen Spex-Sampler gelandet ist. Die erste Single des Albums, Dance Me In wurde von Edwyn Collins produziert, das letzte Stück, Gone, hat die Gitarre hart im Anschlag, trocken und treibend.

Man wird Sons and Daughters mit den White Stripes vergleichen (wegen bluesrockigen Einschlägen und Minimalismus), mit Decider (auch aus Glasgow, auch Männer und Frauen), mit The Kills (wegen rotzigen Rockens), mit Franz Ferdinand (auch auf Domino Records), mit den Violent Femmes (wegen bedrohlicher Rockabillymomente), mit den Smiths (weil die Sons and Daughters fast genauso toll Gitarre spielen wie Johnny Marr) und wie immer trifft alles ein bißchen zu – aber schaut die Liste nochmal an: kann so schlecht nicht sein, oder?