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Marc Degens: Verführung der Unschuldigen. Roman



April 2001
Jörn Morisse
für satt.org

Linus Volkmann:
Super-Lupo. Jeder Freund ist anders

Paperback, mit einem vierfarbigen Cover und 20 s/w-Zeichnungen von Ole Kaleschke
140 Seiten
Dreieck/Ventil Verlag
Mainz
22,00 DM

www.ventil-verlag.de


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Besser als Holzbier

In Linus Volkmanns Erstling sind alle Wörter kleingeschrieben. Ist das schon Revolution oder doch nur Faulheit?


Einigen vielleicht schon bekannt aus Fanzinebeiträgen für Komm Küssen (Münster) und Kaleidoskop (Berlin) hat der thin white duke des Popjournalismus seine Figur Super-Lupo zu einem tragischen Charakter weiterentwickelt und breitet in 19 unterhaltsamen Kapiteln den Schlingerpfad vom sicheren Unglück zuhause zum unsicheren Unglück in der Ferne vor uns aus.

„Das könnte zur Abwechslung mal wieder ein Super-Sommer werden“, dachte sich Super-Lupo, als sein bester Freund Pauli vorschlägt, gemeinsam in die Jugendherberge ein Dorf weiter zu verreisen: „Zu mehr reicht das Geld nicht und zu Fuß.“ Doch als sich herausstellt, daß die Geliebte Paulis, die arrogante Zahnarztsöhnin Annabelle, auch noch mitkommt, nehmen die unangenehmen Ereignisse ihren Lauf: Auf dem Schleichweg nach Italien bleibt für Super-Lupo nur noch Platz auf der Hutablage der Isetta.

Eckpunkte dieser tour de force sind Discofox, hochprozentige Getränke und natürlich Beziehungsmelodramatik. Jeder Freund ist anders, dort in der Ferienanlage am ladomaggiore, und alle sind unglücklich irgendwie. Die hagere Sozialistin Luzie, Annabelle, der Animateur Lulatsch, Pauli und viele andere strampeln sich ab, der Rolle zu entrinnen, die das Leben ihnen zugeteilt hat. Auch Super-Lupo will nicht erwachsen werden, apathisch bis augenzwinkernd betrachtet er die Geschehnisse aus einem durch und durch juvenilen Blickwinkel. Wie in einem Rainer Wener Faßbinder-Film wird dauernd aneinander vorbei geredet, nur daß die Charaktere aus Rolf Kaukas Fix & Foxi entsprungen scheinen. Alkohol ist omnipräsent und wirkt als verzweifelter (vergeblicher) Versuch, Kommunikation zu etablieren. Beischlaf, geschweige denn Liebe ist unter solchen Vorzeichen denkbar schlecht möglich und schon im Ansatz zum Scheitern verurteilt. Jedem tut das leid, aber keiner kann die Entfernung zu den anderen wirklich überwinden. Schwitzend eingezwängt in ihren Körpern wandeln sie durch die Kapitel, denn natürlich sind Volkmanns Protagonisten für das mediterane Klima viel zu warm angezogen und ihre größte Sorge gilt dem Körpergeruch.

Aus ironischer Distanz werden die Begegnungen der schwächelnden, eßgestörten Männer mit den unsensiblen Frauen beschrieben: „Wir Männer mögen es, direkt nach dem Sex zur Uhr zu schauen und drehen gerne Golfübertragungen im Fernseher lauter, wenn die Partnerin mal über sich erzählen will.“

Der große Verdienst von Herrn Volkmann ist die treffende Skizzierung von peinlichen Situationen an der Schwelle zum Selbsthaß: Wenn die Freundin sich fremde Männer zum Stöpseln einlädt und auch auf den besten Freund kein Verlaß ist, wenn man also vor Enttäuschung fast keinen klaren Gedanken mehr fassen kann, fallen einem immer noch Dinge ein wie: „Jeden Bissen dreißigmal kauen.“

Die Botschaft dieser kugelnasigen Coverversion eines Romans: Das Leben könnte niedlich sein, ist es aber nicht.