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18. März 2015
Thomas Vorwerk
für satt.org


  Shaun das Schaf – Der Film (Mark Burton, Richard Starzak)
Shaun das Schaf – Der Film (Mark Burton, Richard Starzak)
Shaun das Schaf – Der Film (Mark Burton, Richard Starzak)
Bildmaterial © STUDIOCANAL
Shaun das Schaf – Der Film (Mark Burton, Richard Starzak)
Shaun das Schaf – Der Film (Mark Burton, Richard Starzak)


Shaun das Schaf
– Der Film –
(Mark Burton,
Richard Starzak)

Originaltitel: Shaun the Sheep Movie, UK / Frankreich 2015, Buch: Mark Burton, Richard Starzak, Kamera: Charles Copping, Dave Alan Riddett, Schnitt: Sim Evan-Jones, Musik: Ilan Eshken, Production Design: Matt Perry, mit den Originalstimmen von Justin Fletcher (Shaun / Timmy), John Sparkes (The Farmer / Bitzer), Omid Djalili (Trumper), Richard Webber (Shirley), Kate Harbour (Timmy's Mum / Meryl), Tim Hands (Slip), Andy Nyman (Nuts), Simon Greenall (Twins), Emma Tate (Hazel), Sean Connolly (Maitre D / Golfer / Stylists / Angry Panto Horse / Hospital Characters), Nick Park (Himself), 85 Min., Kinostart: 19. März 2015

Ziemlich genau zum zwanzigsten Geburtstag seines Auftauchens in A Close Shave bekommt der später zum Helden des Kinderfernsehens (in der Sendung mit der Maus löste er quasi König Maulwurf ab) avancierte Shaun nun seinen Kinofilm.

Erstaunlich ist hierbei vor allem, dass Aaardman Animation hierbei wie in ihrem ersten, eher bescheidenen Kinoausflug Chicken Run erneut das Gefängnis-Ausbruchs-Genre bemühen – diesmal aber glücklicherweise ohne Mel Gibson und, was die große Stärke des Films ist, so dialogfrei wie in den kurzen Fernsehepisoden.

Shaun treibt mal wieder Schabernack, doch diesmal sind die Komplikationen etwas ... na ja, komplizierter. Der Bauer rollt in einer turbulenten Fahrt im Wohnwagen einen Berg herab und landet in »The Big City« – noch dazu mit Gedächtnisschwund. Da es in der Stadt eher wenige Impulse gibt, die ihn an seine bisheriges Leben erinnern könnten, erkennt er ausgerechnet in einem Friseursalon ein ihm vertrautes Werkzeug wieder – und wird zum Starfriseur »Mr. X« – auch, wenn er eigentlich kein nennenswertes Talent oder gar Kreativität zeigt. Aber die Hype um eine vermeintlich revolutionäre Modefrisur ist einer der kleinen satirischen Seitenhiebe des Films, die ähnlich wie in den Comics von Carl Barks (Die Spitzen der Gesellschaft) für groß und klein funktionieren.

Man besinnt sich hierbei sowohl an die Klassiker des Animationsfilms (etwa, wenn der Farmer im Gegenlicht des Sonnenuntergangs wegen seiner roten Haarbüschel und einer Mistgabel aussieht wie der Teufel) als auch an allgemeinen Möglichkeiten des Mediums Film (wenn man den punkmäßigen jungen Farmer und den kleinen Shaun in Super-8-Aufnahmen sieht). Und hat dabei – Aardman-Standard – immer wieder mal Zeit für kleine Gags am Rande, etwa ein deutlich an Ben   Jerry orientierter Eiskarton mit der (nur teilweise sichtbaren) Geschmackssorte »Udderly delicious«. Im Gegensatz zu den Abenteuern des Erfinders Wallace gibt es hier aber keine superkomplexen Verwicklungen, sondern eher simple Situationskomik wie den konzertierten Einsatz der Schafe, um den Farmer einzuschläfern.

Zu den Gags, die eher dem erwachsenen Publikum auffallen werden, gehört auch der vage Bezug zu George Orwells Animal Farm, wenn sich in der Abwesenheit des Farmers drei Schweine zu den neuen Herren des Hofes berufen fühlen. Die Gagdichte ist schon erstaunlich, und von simplen Slapstick bis zur teilweise fast subtilen Satire wird ein großer Teil des Spektrums geboten.

Ich bin kein intimer Kenner der Fernsehserie, aber ich habe mich schon gefragt, ob Shaun dort auch lesen und schreiben kann, was mich nicht wirklich überzeugte (vermutlich eine notwendige Konzession, um hier und dort Kontexte verbal zu verdeutlichen). Auch frage ich mich, ob in der Originalfassung des Titelsongs schon immer die Zeile vorkam »he's not afraid to make the intellectual leap« (reimt sich natürlich auf »Shaun the Sheep«).

Das musikalische Thema ist in diversen Variationen natürlich dauerpräsent, aber der Soundtrack ist generell ein echter Pluspunkt, mit Kid Creole, den Foo Fighters oder einem sehr an James Browns »Sex Machine« orientiertem Track (vermutlich wollte man nicht, dass der Songtitel im Abspann eines Kinderfilms steht – der Song wird übrigens auffällig mit Bitzers »Lust« auf Knochen assoziiert). Außerdem noch »Bad to the Bone« und das großartig passende »Rocks« von Primal Scream – oder das vermutlich extra für den Film komponierten »Every day feels like summer« für die nostalgischen Anflüge.

Mein liebstes Beispiel für einen Gag, der bei Kindern wie bei Erwachsenen sfunktioniert – aber aus unterschiedlichen Gründen – ist eine Katze, die ganz Hannibal Lecter nachempfunden ist (inklusive seiner oscarprämierten Mundgeräusche), und die Kids werden sich darüber tierisch amüsieren, ohne den etwas dunkleren Hintergrund zu kennen. Da möchte man fast, dass jemand als Kind oft den Shaun-Film sieht, dann mit 16 oder so erstmals The Silence of the Lambs schaut und plötzlich unkontrolliert lachen muss, weil er sich daran erinnert – und Anthony Hopkins vermutlich einiges an Eindruck verliert.