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Februar 2008
Jürgen Körber
für satt.org


The Saddest Music in the World
(R: Guy Maddin)

The Saddest Music in the World (R: Guy Maddin)

Der Film The Saddest Music in the World des kanadischen Regisseurs Guy Maddin stammt zwar bereits aus dem Jahre 2003, kam aber erst im Dezember 2006 in deutsche Kinos, die DVD erschien 2007. Wer Filme von Guy Maddin kennt, zum Beispiel den grandiosen Careful!, der weiß, was ihn erwartet und wird auch hier nicht enttäuscht werden. Allen anderen sei gesagt: Mr. Maddin läßt sich stilistisch sehr stark vom expressionistischen Film der 20er und 30er Jahre beeinflussen. Der Film ist fast ausschließlich in schwarz-weiß, einige Szenen sind viragiert, und nur eine einzige Szene - die ironischerweise eine Beerdigung zeigt - ist in Farbe. Dazu ist das Bild sehr grobkörnig und kontrastreich, und oft an den Rändern verzerrt, so dass ein Linsen- oder Lupeneffekt entsteht.

Zur Handlung: Der Film spielt in Winnipeg zur Zeit der Depression. Die Bierbaronin Lady Port-Huntley schreibt einen internationalen Wettbewerb aus, die traurigste Musik der Welt soll ermittelt werden, es treten neben ausgeprägt stereotypen Musikanten aus aller Welt an: ihr ehemaliger Liebhaber Chester Kent für Amerika, sein Vater Fyodor für Kanada und sein Bruder Roderick als Gavrillo the Great für Serbien. Alte Familienkonflikte, enttäuschte Beziehungen und unbewältigte Schuldkomplexe verbinden alle Protagonisten und treiben die Handlung voran. Es gibt einige Musiknummern, Märchenmotive aus Aschenputtel, Trauer, Bier und viele groteske Momente schwarzen Humors.

Auch wenn der Film zunächst wie ein gewolltes Sammelsurium an Stilrichtungen und bizarren Szenen erscheinen mag, so steckt dahinter eine durchaus stringente und ernsthafte Handlung. Guy Maddin ist kein bloßer Experimentalfilmer, der Form über Inhalt stellt. Vieles erschließt sich erst beim zweiten und dritten Anschauen, und das Lied „The Song is You“ zieht sich dabei wie ein Leitmotiv durch den ganzen Film.

Die Suche nach der traurigsten Musik der Welt zeigt dabei die Schwierigkeit, echte Trauer auszudrücken und erkennen zu können. Im bierseligen Wettbewerb rührt dann auch die seichte und kitschige Darbietung des oberflächlich zynischen Chesters eher die Tränen des Publikums als der Schmerz des großen Gavrillo über seinen verlorenen Sohn.

Wer auch nur das allerkleinste Faible für außergewöhnliche Filme hat: Ansehen! Und zwar bitte die englische Fassung!