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Sofie Lichtenstein: Bügeln. Protokolle über geschlechtliche Handlungen




Dezember 2001
Thomas Vorwerk
für satt.org

Liam
GB/D 2000

Stephen Frears: Liam

Regie:
Stephen Frears

Buch:
Jimmy McGovern

Kamera:
Andrew Dunn

Schnitt:
Kristina Hetherington

Musik:
John Murphy

Darsteller: Ian Hart (Dad), Claire Hackett (Mam), Anthony Borrows (Liam), David Hart (Con), Megan Burns (Teresa), Anne Reid (Mrs. Abernathy), Russell Dixon (Pater Ryan), Julia Deakin (Tante Aggie)



Liam



Liverpool, in den 30er Jahren [des letzten Jahrhunderts, für jene Klugscheißer, die sonst gedacht hätten, der Film spiele 2034]: Der kleine Liam hat einen Sprachfehler, er stottert. Aber nur, wenn er unter Druck steht …

Während sein Vater gerade den Job verloren hat und seine älteren Geschwister arbeiten gehen müssen, steht für Liam die erste Kommunion an. Die Religionslehrerin und der Pater ereifern sich darin, den Kindern mit blumigen, weil grauenerregenden Ausschmückungen, die Natur der Sünde einzuprügeln. Nur durch die Beichte kann man seine verschmutzte Seele retten, die sonst den Weg in die Hölle antreten muß.

Der Film erzählt einige Geschichten, von Arbeitslosigkeit und Alkoholismus, von Religionsunterschieden und Rassismus, vom stolzen Schein und der würdelosen Wahrheit, doch Liams Probleme mit der Entdeckung des anderen Geschlechts (von jeher 'ne üüüüble Sünde …) im gleichen Moment, wo er seine Seele reinhalten muß, ist der Kern des Films. Während in (immer wieder gern geheim konsultierten) Schulbüchern flämische Meister das Mysterium des weiblichen Körpers in relativ unschuldiger Weise illustrieren, wird für Liam der unabsichtliche Anblick seiner Mutter beim Bad zur Höllenqual, die immer wieder mit glühenden Kohlen unterschnitten wird. Und seine Beichte fällt dementsprechend aus, was zu einer der komischsten Stellen des Films führt: "Bless me father, for I have sinned. It's four weeks since my last confession," spricht Liams Mutter, "what are you doing to my kids?"

Und während gerade die religiöse Erziehung innerhalb des Films dem Betrachter suspekt erscheint, so zeigt sich am Ende des Films, daß der Weg in die Hölle tatsächlich allenfalls durch Beichte vermieden werden kann, wenn eine der Filmfiguren eine Tür durchschreitet, hinter der ein seltsam goldenes Licht sie erwartet.

Ein zumeist witziger und zutiefst britischer Film im Stile von "The Snapper" oder "The Van" (im Gegensatz zum letzten Frears-Film, wo jener aus London kurzerhand Chicago machte), der aber in der Konzentration des Skripts noch genügend Raum für Fragen läßt, die über den Film hinausgehen.