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Sofie Lichtenstein: Bügeln. Protokolle über geschlechtliche Handlungen




Juli 2001
Thomas Vorwerk
für satt.org


Wie Feuer und Flamme
D 2001

Regie:
Connie Walther

Buch:
Natja Brunckhorst

Kamera:
Peter Nix

Schnitt:
Ewa J. Lind

Musik:
Rainer Oleak, Katrin Erichsen

Darsteller:
Anna Bertheau (Nele), Antonio Wannek (Captain), Tim Sander (Hacki), Aaron Hildebrand (Meise), Michael Krabbe (Tremmel), Luise Helm (Bax), Carmen Birk (Kopfi), Nora Tschirner (Ana), Adreas Hoppe (Neles Vater)



Natja Brunckhorst, die Autorin, die als Darstellerin der "Christiane F." Bekanntheit errang, wurde mit viel Lob überschüttet, doch, wie so oft, kann ich mich dem nicht so ohne weiteres anschließen. Zugegebenermaßen fehlt mir die intime Kenntnis der ostdeutschen Verhältnisse, es mag ja sein, daß das alles vorbildlich recherchiert und geschildert ist, aber spätestens in der Art und Weise, wie dann alles inszeniert wurde, ist einfach zu plakativ und klischeehaft, daß ich es glauben will.

Ostpunk soll sich so angehört haben wie schlechtes "Extrabreit", Westpunk wird beispielhaft durch die "Sex Pistols" und die "Dead Kennedys" (natürlich "California uber alles") illustriert, während der sonstige Retro-Soundtrack sich durch arg artverwandte Mainstream-Acts wie Blondie, Stranglers, Nena und Ideal mogelt??? Da fand ich David Bowi am Bahnhof Zoo schon überzeugender, auch wenn mir jener Film damals so gar nichts gab.

Ich habe nie behauptet, daß Stasi-Beamte außerordentlich freundliche Mitmenschen sind, aber abgesehen von den finster reinblickenden Grenzbeamten fand ich es schon etwas übertrieben, daß die polizeiliche Personalienaufnahme in der DDR sich dadurch auszeichnen sollte, daß man sadistisch die gebrochenen Finger zum Abdrucknehmen ins Stempelkissen presst und junge Frauen dazu auffordert, sie mögen einen Putzlappen im Intimbereich schweifen lassen, damit die Bluthunde bei Fluchtversuch etwas zu wittern haben (der Lappen wurde nach dem entwürdigenden Vorgang in ein Einmachglas gesteckt).

Der ganze Film war etwa so inszeniert, daß man bei einer Vorführung in 50 Jahren in Mozambique oder Neuseeland davon ausgehen kann, daß jeder die politische Lage sofort nachvollziehen kann. Westen = oberflächlich, genuß- und konsumorientiert, Ikea und Marihuana; Osten = Polizeistaat, rebellische (trinkfeste) Jugend, Goldbroiler und Eintopf. Die einzige Stelle, an der mal Klischees durchkreuzt werden, eine "riskante Aktion" dort, "wo es am meisten weh tut", ist dermaßen weit von den bisherigen Motivationen und Handlungsweisen der Charaktere entfernt, daß man es einfach nicht glaubt. Nein schlimmer noch, irgendwann interessiert es einen einfach nicht mehr, ob Nele ohne körperliche Schäden aus einer Müll-Lieferung (die natürlich in den Osten geht) herauskommt, was der Stasi-Spitzel in der Punkband unternehmen wird oder wie die acht Jahre die Charakter verändert haben. Und mit dieser Teilnahmslosigkeit ist man nicht allein, denn ich hatte den Eindruck, als gäbe die Regisseurin hier nur ihr Desinteresse weiter, während sie mehr damit beschäftigt war, CGI-Tauben durch Fabrikhallen fliegen zu lassen und alle Farben jenseits von Blau, Gelb und Braun auf ein Minimum zu halten.