Der dunkle Turm -
Drei -
Die Herrin
der Schatten
(Robin Firth, Peter David, Jonathan Marks)
Panini, 16,99 Euro, Plot: Robin Firth, Script: Peter David, Art: Jonathan Marks, Softcover-TPB, 126 Seiten
Ich bin kein großer Freund von Comic-Adaptionen von Büchern, insbesondere nicht, wenn man den Namen des Buchautoren riesengroß aufs Titelbild setzt, als hätte er besonders viel damit zu tun. Das ist vor allem ein Phänomen, das Neil Gaiman betrifft. Der wurde ja als Comic-Autor bekannt, und wenn man jetzt jede popelige Kurzgeschichte von ihm in eine Bildgeschichte verwandelt (immerhin oft von Gaiman-Kollaborateuren wie P. Craig Russell oder Michael Zulli), dann wirkt das auf mich wie Etikettenschwindel. Wenn jemand Cervantes, Melville oder Goethe in Comicform adaptiert, würde niemand auf die Idee kommen, den Namen der ursprünglichen Schöpfer in Riesenlettern draufzupappen. Aber es gibt tatsächlich Comicfans, die sich über die Entstehungsgeschichte eines Comics keinerlei Gedanken machen, und mindestens einmal wurde ich schon von so einem angesprochen und gefragt, wie ich denn den neuen Gaiman-Comic fände (habe leider vergessen, um welches Werk es sich drehte, evtl. Neverwhere), woraufhin ich dann kurz angebunden darüber aufklärte, dass dies kein Gaiman-Comic sei, sondern eben eine Adaption von - wem auch immer...
Vor einiger Zeit (2007) begann man bei Marvel, Stephen Kings The Dark Tower als Comicserie zu adaptieren. Peter David war da glaube ich von Anfang an involviert (neben seinen eigenen Stoffen hat der schon oft Filme bzw. Drehbücher in Comics oder Bücher übertragen, so etwa mindestens drei Spider-Man-Bücher zu den Raimi-Filmen oder die Comicadaption der Filmversion des Comicstrips Dick Tracy (darauf muss man ja auch erstmal kommen, war aber zumindest ansehnlich, weil von Kyle Baker gezeichnet).
© 2015 Stephen King © dt. Ausgabe Panini Verlags GmbH
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Hier hat David die ausgewiesene Dark-Tower-Expertin Robin Firth geholfen. Bzw. war sie es wohl, die Kings magnum opus in Häppchen aufteilte, hier und da etwas ergänzte, in eine zugänglichere Reihenfolge brachte oder Nebenwerke wie The Little Sisters of Eluria eingebunden hat.
Aus jeweils fünf Heften wurde ein Trade Paperback, und Band 14 ist jetzt der dritte Teil des zweiten (von sieben plus) King-Büchern. Wenn man aber die Story ganz gut kennt (ich habe die meisten Dark-Tower-Bücher mehrfach gelesen, Runde zwei von 5-7 ist nächstes oder übernächstes Jahr dran), kann man da ohne Probleme einsteigen.
In der deutschen Übersetzung hat gerade ein Band, der sich mit Detta Walker befasst, gewisse Probleme, aber da ich die ersten drei Bände vor langer Zeit auch mal auf Deutsch las, weiß ich damit umzugehen.
Wirklich hübsch ist, wie die Vorgeschichte der traumatisierten Rollstuhlfahrerin mit einer gefährliche Persönlichkeitsspaltung hier tatsächlich so aufgerollt wird, als stände sie für sich selbst. Dass die Einzelhefte immer mit einem Cliffhanger enden, ist ein bisschen viel Leser-Anbindungs-Methodik für meinen Geschmack (das hatte King nur selten nötig - zumindest nicht so früh im Werk - und man darf nicht vergessen, dass The Gunslinger ursprünglich ja auch in Einzelabschnitten in MFSF erschien).
© 2015 Stephen King © dt. Ausgabe Panini Verlags GmbH
Dafür haben Firth und David die Geschichte mit einer angemessenen Portion Bürgerrechtsgeschichte aufgepäppelt und all jenes, was King über einen voluminösen Roman verteilt hat, in eine chronologische Reihenfolge gebracht, eingeführt mit einem Flash Forward, der das größte Unheil im Leben der Protagonistin (sie wird vor eine U-Bahn gestoßen) nutzt, um die Geschichte in Schwung zu bringen.
Sehr interessant ist hierbei der Zeichner (teilweise hat er auch an den Farben mitgearbeitet) Jonathan Marks, der mir kein Begriff war, der aber mit seinem expressiven Stil ziemlich gut zu diesem Teilabschnitt passt (er hat auch den zweiten, anschließenden Band um die Protagonistin Odetta übernommen). Oft genug hat das Artwork ein Aquarell-Feeling, mit vielen Sepia-Tönen und / oder abgeschwächten Farben. Und die Lineart zeigt oft verzerrte Gesichter und schert sich auch wenig darum, einiges nur anzureißen.
Eine der schönsten visuellen Ideen ist hierbei die Sache mit Odetta und Detta, eine Art Jekyll- & Hyde-Kiste, bei der die »Übernahme« des Körpers so wirkt, als sehe man einen Rorschach-Test oder siamesische Zwillinge. Ein komplett im Innenleben ablaufender Vorgang wird somit an der Oberfläche erfahrbar.
© 2015 Stephen King © dt. Ausgabe Panini Verlags GmbH
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Alles in allem ist der Band eine positive Überraschung. Für mich persönlich ist nur das gesamte Projekt eine Spur zu groß. Klingt für mich wie bei Cerebus bei Heft 70 einsteigen. Und die Bücher stehen doch schon im Regal. Das reicht mir eigentlich.
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Ja, das präsentierte Werk ist schon einige Zeit auf dem Markt (zwei Folgebände wurden seitdem fertiggestellt). Und das letzte Panel ist auch nicht perfekt abfotografiert. Aber mir ging es um die gute Absicht.