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22. August 2010
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Christopher Pramstaller
für satt.org |
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Der alte Mann
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Der Schock von Pearl Harbor sorgt dafür, dass Alan, wie so viele andere junge Amerikaner, eingezogen wird. |
Guiberts einzigartiger Technik aus mit Wasser aufgetragener Tusche ist es zu verdanken, dass beeindruckend plastische Bilder entstehen. |
Die Anlage der Geschichte scheint bis zu diesem Punkt nicht ohne Reiz. Abseits blindwütiger Zerstörung, Materialschlacht und Tod, zeigt Guibert das Leben eines einfachen Soldaten und dessen Heranwachsen mit Kameradschaft, militärischer Hierarchie, Langeweile und Kontakten zur Zivilbevölkerung. Eingefangen in teilweise beeindruckenden Zeichnungen, die durch Guiberts Technik aus mit Wasser aufgetragener Tusche plastische Struktur gewinnen. Naiv nähert sich der 20jährige dem Krieg, wenn er feststellt: »Die Kämpfe hatten Spuren hinterlassen [...], aber man konnte sehen, dass sie hübsch waren, wenn sie sich einst vom Krieg erholt haben würden« und schließlich sagt: »Für mich als Amerikaner war alles malerisch. Trotz des Krieges war für mich jeder Tag eine abenteuerliche Reise.« Gerade hier hätte sich Potential entfalten können, als Reflexion eines 69jährigen Kriegsveteranen, den der ihm freundschaftlich verbundene Emmanuel Guibert lange Jahre immer wieder in seinem Haus in Frankreich besucht und interviewt hat. Der Comic ist jedoch nicht nur eine Beschreibung der Kriegserfahrungen Copes. Vielmehr ist es seine ganze Lebensgeschichte, sein Kampf mit dem Heranwachsen und seiner Suche nach Identität in der Adoleszenz und später weit darüberhinaus, wenn er nach dem Krieg erst Theologie studiert, sodann in eine Glaubenskrise gerät und später, zurück in Frankreich, als älterer Mann anfängt Rimbaud zu lesen. Was er im Krieg erlebt hat – schon für sich genommen weitaus genug Stoff für eine umfangreiche Geschichte – stellt nur eine unter anderen Episoden dar. Eine zwar prägende, aber dennoch nicht zeichnende.
Bei alldem bleibt die Figur des Alan Cope wundersam profillos. Die einzelnen Episoden lesen sich mitunter wie verklärte Beschreibungen eines gesetzten alten Mannes. Innere Konflikte des GIs im Krieg sind kaum zu erahnen. Sprunghaft reiht sich Anekdote an Anekdote, ohne dass deren Zusammenhang oder Funktion deutlich wird. Ist der erzählerische Zusammenhang während der Jahre im kriegerischen Europa noch teilweise gegeben, bricht die Erinnerungsarbeit bald völlig auseinander, wenn Guibert Alan Copes Leben nach seiner Rückkehr in die USA weiterhin als erzählenswert ansieht (immerhin knapp ein Fünftel des Buchumfangs). Spätestens hier bricht alles in Einzelteile. Die Handlung zerläuft in Ziellosigkeit. Erzählerische Schwächen sind an diesem Punkt teilweise derart gravierend, dass es wohl nur an der engen Verbundenheit und großen Sympathie für Alan Cope liegen kann, dass Guibert sich die Mühe gemacht hat, diese Details in Bildern festzuhalten. Bezeichnend endet der Comic abrupt mit den nichtssagenden Worten: »Okay, das war’s«.
»Alans Krieg« hätte ein kritisch gebrochener Comic-of-Age-Comic des jungen Soldaten werden können. Eine Geschichte von unten, die fernab der üblichen Kriegsschauplätze und -bilder angesiedelt ist. Herausgekommen ist jedoch lediglich die austauschbare Biographie eines nur schemenhaften Alan Cope, in dem der Krieg nur eine von vielen anderen Episoden darstellt.
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