Das Leben eines
Indie-Comic-Zeichners
Streng genommen ist “Little Things“ kein Indie-Titel mehr, da diese Kurzgeschichten-Sammlung der erste Titel Browns ist, der bei Touchstone Books erscheint. Als Simon & Schuster-Tochter also definitiv größer als der angestammte Comicverlag Top Shelf, bei dem Browns frühere Comics erschienen. Besonders „Clumsy“ und „Unlikely“ können mit Fug und Recht als die Comicbibeln adoleszenter Comicmelancholiker bezeichnet werden. Minutiös schildert er in diesen (und etlichen anderen) Arbeiten das Leben, Lieben und Bedauern Heranwachsender. Die autobiographischen, teilweise episodenhaften Geschichten stehen erzählerisch in der Tradition solcher Comics wie Chester Browns „Playboy Stories“ (keine Verwandtschaft) oder Joe Matts „Peepshow“ Zeichnerisch unterscheidet sich sein Vorgehen jedoch sehr von den beiden genannten. Jeffrey Brown zeichnet immer in Skizzenbüchern, in denen er bereits zweimal sechs Panels vorgezeichnet hat. An dieses Format hält er sich beinahe sklavisch. Die Zeichnungen sind dabei schnell, mit feiner Linienführung und häufig grober Schraffur. Die Figuren erscheinen stellenweise missraten und unproportional, was der abgebildeten Entfremdung in vielen Geschichten durchaus entspricht.
In „Little Things“ verändert er nun sowohl den Fokus des Erzählten, als auch die Strenge der Panels. Neben die „Mädchen“-Geschichten treten nun auch Reflexionen über Musik bzw. CDs kaufen („These Things, these Things“), einen Wanderausflug in die Berge („Missing the Mountains“) oder auch die nächtlichen Freuden des Vaterseins („A Tiny Piece of Myself“; unser Beispiel 1). „Missing the Mountains“ ist dabei sicherlich die auffälligste Geschichte, da sie zum einen mit gut 100 Seiten Umfang die längste in dem 350seitigen Buch ist und zum anderen, da Brown von den Aus- und Einsichten in den Bergen augenscheinlich stark beeindruckt war. Hier finden sich neben lang gezogenen Panels auch halb- und ganzseitige Panoramaansichten. Das er bei all dem nach wie vor von Selbstzweifeln gequält wird („Maybe I should be making a different comic.“ Unser Beispiel 2), macht zu großen Teilen den Charme seiner Comics aus.
Und zum Glück hat er keinen anderen Comic gemacht.
Jeffrey Brown: Little Things
Touchstone Books, 352 Seiten, $ 14,-
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Wenn das „Shhh“ zum unvermeidlichen Reflex wird: Das Zeichnen wird nur für die väterlichen Pflichten unterbrochen.
Immer wieder thematisiert Brown das eigene Schaffen in seinen Comics. Seine Notizbuch, als Entstehungsort der eigentlichen Geschichten, ist dabei immer wieder zu sehen. Quasi als Beleg für den Schaffensprozess.