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26. Juni 2008
Stefan Pannor
für satt.org

Ho Che Anderson: Martin Luther King

Ho Che Anderson:
Martin Luther King

So wie man Guevara mit dem vielfach vermarkteten Foto von Albert Korda verbindet, assoziiert man auch Martin Luther King nur mit einem winzigen Ausschnitt seines gesamten Seins. Die Worte „I have a dream ...“ markieren die Sternstunde des Bürgerrechtlers.

Bei einem derart zusammengeschrumpftem öffentlichem Bild ist die Abneigung verständlich, die Ho Che Anderson dem Projekt eines Comics über King zunächst entgegenbrachte. „Martin Luther King war nie einer meiner Helden, sein Leben und sein Kampf waren verdammt weit weg“, wie er im Vorwort der Erstausgabe berichtet. Aber „ich brauchte einen Job, und das sah nach einer großartigen Sache aus.“

Vom Saulus zum Paulus: während der fast zehnjährigen Arbeit am Projekt wird Anderson zum King-Fan. Man merkt es dem Buch an. Nach einem eher lyrischen Einstieg widmet sich der Zeichner Seite um Seite den politischen Kämpfen Kings, den verschiedenen Bürgerrechts-Organisationen, den politischen Figuren um King. Namen und Abkürzungen werden bis zur Grenze der Unverständlichkeit ins Spiel geworfen. Viel wird beschrieben, wenig erklärt.

Kings Privatleben wird relativ dazu kaum Platz eingeräumt, die bis heute andauernde Debatte, ob King untreu war, nur am Rande gestreift. Der Mensch King hat hier nur Platz, wo er mit dem Politiker King deckungsgleich ist.

Das ist insbesondere für den deutschen Leser, der wenig vertraut ist mit der US-Innenpolitik der sechziger Jahre, nur schwer zu nehmen. Zumal Anderson in einem teilweise hochgradig abstrakten Stil zeichnet, der es häufig schwer macht, die Unzahl von Figuren auseinander zu halten. Wer King bisher nur von seiner Rede vor dem Lincoln Memorial kannte, ist mit diesem Buch vielleicht auch nicht besser bedient.



Ho Che Anderson: Martin Luther King
Carlsen Comics, 248 Seiten, 29,90 € [D]
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