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Marc Degens: Verführung der Unschuldigen. Roman


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Der Schlaf des Monsters

 … … … …..Ehapa Verlag
 … … … …..Stuttgart 1998
 … … … …..72 Seiten, Farbe
 … … … …..DM 34,80
von
Enki Bilal

Marc Degens
für satt.org

Comickunst fürs Eßzimmer

Der 1951 in Belgrad geborene, seit 1960 in Frankreich lebende Enki Bilal zählt seit gut zwanzig Jahren zu den profiliertesten Comiczeichnern Europas, seine außerordentlichen Arbeiten sorgten sogar in dem Comic-Ursprungsland Amerika für Aufsehen. Gemeinsam mit dem erfahrenen Autor Pierre Christin schuf Bilal seit Mitte der siebziger Jahre eine Handvoll düsterer, glaubwürdiger und parabelhafter Polit-Thriller, bis er 1981 seinen ersten selbstgetexteten Comicband vorlegte: 'Die Geschäfte der Unsterblichen', den furiosen Auftakt der danach stetig abflauenden Alexander Nikopol-Trilogie, in der surreale Science-Fiction-Elemente und mystische Geschehnisse das Szenario beherrschen. Von da an erhielt Bilal auch mehrfach die Gelegenheit, seine Ideen und visuellen Vorstellungen filmisch zu realisieren, zuletzt 1996 als Regisseur des Sci-Fi-Thrillers 'Tykho Moon' mit Michel Piccoli und Julie Delpy in den Hauptrollen. Nach einer sechsjährigen Pause erschien dieser Tage nun erstmals wieder eine neue Comicerzählung von ihm: 'Der Schlaf des Monsters'.

Diese Bildgeschichte führt die erzählerische und gestalterische Entwicklung, die Enki Bilal mit der Nikopol-Trilogie einläutete, konsequent weiter. Bilal gewährt seinem bemerkenswerten Zeichnertalent noch mehr Raum - bedauerlicherweise auf Kosten der Erzählung und der spezifischen Eigenarten des Mediums! Die eckig-sperrigen Sprechblasen werden so regelrecht als Fremdkörper begriffen und an den Bildrand gedrängt; demnach könnte zwar jedes einzelne der von ihm vorzüglich kolorierten, von Blau und Grau dominierten Panels als Portfolio im Eßzimmer einer 80er Jahre-Designerwohnung hängen, doch die für einen Comic notwendige Bilddynamik geht dadurch weitesgehend verloren. Die Panels wirken statisch, steif - wie eingefroren, was den kalten Charakter der Geschichte einerseits verstärkt, dem Lesefluß aber zweifellos abträglich ist. Da zudem auch der Plot äußerst dürr und fadenscheinig ist, lädt der Comic zum Betrachten, nicht aber zur wirklichen Lektüre ein.

Worum geht‘s? 1993 kommen im bosnischen Bürgerkrieg Leyla, Nike und Amir zur Welt, sie wachsen als Vollwaisen auf, werden getrennt und müssen im Jahr 2026 gemeinsam die Welt vor einem fanatischen Orden retten und nebenher eine gehörige Portion Erinnerungsarbeit bewältigen. Doch leider gelingt es Enki Bilal auf den 66 Seiten weder, seinen Protagonisten Leben einzuhauchen, noch die zukünftige Weltverschwörung oder gar die brutale Zersplitterung Jugoslawiens glaubhaft zu veranschaulichen. Das zumindest bei den ersten beiden Bänden der Nikopol-Trilogie funktionierende Zusammenspiel von politischer Intrige, beklemmender Zukunftsvision und aktueller Zeitkritik ging bei Der Schlaf des Monsters“ somit gehörig daneben. Enki Bilal sollte jedoch nicht verzagen, sich stattdessen auf seine wohltuenden Anfänge besinnen und vielleicht wieder einem erfahrenen Szenaristen vertrauen. Denn zu einer gelungenen Bildgeschichte bedarf es mehr als schönen Bildern.

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