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18. August 2009
Tina Karolina Stauner
für satt.org



  Bill Callaghan: Sometimes I Wish We Were An Eagle
Bill Callaghan:
Sometimes I Wish
We Were An Eagle

Drag City / Rough Trade
» myspace


Bill Callahans aktuelles Album „Sometimes I Wish We Were An Eagle“ ist mit Streichern und Bläsern angereichert, die mit konservativer Kammermusik in Berührung zu stehen scheinen. Dem Songwriting, zwar mit einfacher Band umgesetzt, diese aber der Extraklasse zugehörig, ist wie eine Parallelwelt eine romantische Pseudo-Klassik hinzugefügt. Wie Bill Callahan, ehemals als „Smog“ unterwegs, damit umgeht, kann faszinieren. Kann. Denn schon beim ersten Song „Jim Cain“ ist das Ganze eine hohe Konzentration zu süßlich. Es ist immer Callahans markant-tiefe Stimme, wie klarer, harter Realismus, die alles nicht zu kitschlastig werden lässt und seiner poetischen Sprache überzeugende Griffigkeit gibt. Nach mehrmaligem Hören wünsche ich mir die üppigen musikalischen Arrangements weg. Denn hochgradig Feinsinniges wie „Rococo Zephyr“ ist umgeben von manch fast böser Überdosis Kunstsong. Mit Ausnahmen wie dem stark rhythmuslastigen „All Thoughts Are Prey To Some Beast”.

Schon immer gelingt es Callahan, einen mit Worten im Innern zu treffen. In die Seele. Oder so etwas. Das ist seine Stärke. Etwa mit „Too many Birds In One Tree”: „...If – If you – If you could – If you could only – If you could only stop – if you could only stop your – If you could only stop your heart – If you could only stop your heartbeat – If you could only stop your heartbeat for – If you could only stop your heartbeat for one heart – If you could only stop your heartbeat for one heartbeat.“ Mehr als hübsche Wortspielerei, lässig leicht umspielt von edler, sanfter Wehmütigkeit.

Im Konzert, Cello und Violine auch hier die Band ergänzend, bricht erfreulicherweise öfters forcierter Rockrhythmus durch. Callahan dabei manchmal mit geradezu tänzelnder Leichtigkeit in der Anspannung. Und schließlich gegen Ende der Show bewusst rückgreifend werdend mit „Coldblooded Old Times”: „...how can I stand and laugh with the man who redefined your Body...“. Sich das Wort „redefinieren“ klarmachend recherchiert man im Internet Sätze wie: „Täuschung und Beeinflussung – Das "Redefinieren von Worten" und das "Wortklären" sind Methoden der Beeinflussung und der Täuschung sowohl von Anhängern, als auch der Öffentlichkeit. Täuschung durch Umdefinieren von Begriffen und damit durch schleichende Zerstörung von Wertvorstellungen, die der Alltagskommunikation ebenso zu Grunde liegen, wie der Sprache der Wissenschaft und des Rechts.“

Callahan, das ist die überzeugende Qualität von Lyrics und die Macht schöner Melodien. In welcher Bandbesetzung man ihn auch immer erlebt. Ich frage mich allerdings, warum er nicht beim Schnörkellosen, bei dem er vor einem Jahr war, geblieben ist. Wäre mir lieber. Denn Romantik und Verfall sind sich nicht ganz fremd.