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Mai 2008
Robert Mießner
für satt.org

Wüstenstaub und Weltendreck

Chris Eckman, Hugo Race und Chris Brokaw sind Dirtmusic, waren in Mali und kommen in eure Städte. Am 2. Mai 2008 beginnt ihre Deutschlandtour.

  Dirtmusic


Dirtmusic
"In the desert" erscheint in limitierter Auflage und ist ausschließlich auf den Konzerten erhältlich.



Dirtmusic Live:
  • 02. Mai 2008: Café Glocksee - Hannover
  • 03. Mai 2008: Rätschenmühle - Geislingen
  • 06. Mai 2008: Scheune - Dresden
  • 07. Mai 2008: Café Zapata - Berlin
  • 08. Mai 2008: Knust - Hamburg

Es ist eine feine Ironie, dass diese Musik, auf Tour durch Slowenien, Österreich, Deutschland und Tschechien geschrieben, durch und durch amerikanisch klingt. Auf dem Cover ein vom Hurrikan zerstörtes Haus in New Orleans, daneben die Straße ins Nirgendwo. Nimmt man den Zug von Berlin aus in Richtung, sagen wir Polen, dann finden sich ähnliche Motive vor der Linse, so geschmacklos und gewagt dieser Vergleich klingen mag. Bei Dirtmusic wächst die Wüste. Das ist nicht metaphorisch gemeint, ist keine Verzweiflungspose. Ihre Platte wird bevölkert von Flüchtlingen, Süchtigen und Spielern. Dem Traum, von dem an einer Stelle die Rede ist, wünscht man inständig, er möge ein solcher bleiben. Am Lagerfeuer, das beim ersten Hören vor dem entzündeten geistigen Auge auftaucht, kann es verdammt ungemütlich werden.

Chris Eckman, demnächst erscheint in Slowenien ein neues Soloalbum, hat mit Carla Togerson in Seattle die Walkabouts gegründet, die Band, die so gar nicht zu Grunge passen wollte und in den Neunzigern gerne zitiert wurde, um das etwas diffuse Genre »Americana« zu illustrieren. Geschmackssichere Leute, die mit den Buzzcocks genau so viel anfangen können wie mit Bob Dylan. Zur Zeit nehmen sie ein neues Album auf, Veröffentlichungsdatum offen. Hugo Race, Wahlberliner und –sizilianer, ist Australier, stand Mitte der Achtziger mit Nick Cave & The Bad Seeds auf schwankender Bühne und kann schon mal leicht allergisch werden, wenn seine Musik einfach als Blues bezeichnet wird. Lieber spricht er von Elektroakustik. Beide, Eckman und Race, haben sich zuletzt auf das schillernde Terrain von Loops und Samples gewagt, wurden Songwriter mit Klampfe und Laptop. Sehr schön zu hören ist das auf »53rd State«, der neuen Platte, die Hugo Race mit seinem Kollektiv True Spirit dieser Tage vorlegte. Chris Brokaw hat an einem der schrillsten wie traurigsten Kapitel des US-Punk mitgeschrieben, ist auf zwei GG Allin-Platten an der Schießbude zu hören. Tendenziell schöngeistiger wurde es für ihn dann bei Come und Codeine. Mittlerweile spielt er bei Thurston Moore. Die drei tragen an einem Bündel voller Referenzen und Erwartungen.

Um so ätherischer klingt ihr Debütalbum. Fast schon meint man, es mit einer Ehrenrettung für die Gitarre zu tun zu haben. Perkussion, Hammondorgel, Harmonium, Wurlitzer, das alles wirkt wie impressionistisch hingetupft. Ein seltsamer Kontrast zu den Geschichten, die diese Songs erzählen. Eckman, Race und Brokaw wollten anfangs akustische Blues- und Folksongs aufnehmen und sind dann sehr psychedelisch geworden. Diese Musik erzählt von weiten, endlosen Räumen. Auch das ist keine Metapher. Den Januar haben sie in Mali auf dem 8. Festival au Désert, der sagenumwobenen Feier afrikanischer Musik, verbracht. In der richtigen Wüste. »In The Desert«, ihr akustischer Reisebericht, kann auf den anstehenden Konzerten eingetütet werden. Das ersetzt zwar nicht die wahre Reise. Aber die im Kopf sind bekanntlich genauso den Aufbruch wert.




Wüstenstaub und Weltendreck: Dirtmusic auf Deutschlandtour