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April 2005


VHS Or Beta:
Night On Fire

Astralwerks/Labels 2005

VHS Or Beta: Night On Fire
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Tourdaten
26.05. Köln - Rose Club
27.05. Hamburg - Molotow
28.05. Berlin- Mudd Club
30.05. München - Atomic Cafe

VHS Or Beta:
Night On Fire

Zum Teufel mit den Standards! Ein Hoch auf die Vielfältigkeit! Die Amerikaner von VHS Or Beta klingen wie der große Bruder von Daft Punk und stecken dabei die 80er in die Tasche.

Nicht wahr, schon der Name der Band führt ganz tief in die 80er Jahre. Wo es drei verschiedene Standards für Videorekorder gab (die u.a. so schön alberne Namen wie Betamax oder – zukunftsweisend! – Video 2000 hatten), was bei den einen rotweincolagekrönte Endlosdiskussionen auslöste über die Frage, welches System das bessere war, während andere nur damit haderten, dass man die Kassetten des einen nicht im Player des anderen abspielen konnte. Finstere Zeit der Doppel- und Dreifachstandards, undenkbar im Zeitalter der Abwärtskompatibilität! Und auch sonst schüttelt’s so manchen ja beim Gedanken an Karottenjeans, Stirnbänder und "Formel Eins".

Es gab aber auch, man mag es ruhig glauben, Gutes in der Zeit des NATO-Doppelbeschlusses und der christdemokratischen Wende, und das war zum Großteil der populären Musik geschuldet. Es gab gute und auch eher schlechte Musik, und genau diese beiden Lager versöhnen komischer-, aber auch eleganterweise VHS Or Beta. Duran Duran, New Order, Pet Shop Boys, The Cure, diese Stimmen eines Jahrzehnts tauchen alle wieder auf, und sehr viel angenehmer als in den grassierenden Nostalgie-Shows. Sie werden nämlich "reamalgamisiert" oder wie das ganz bestimmt nicht heißt. VHS Or Beta sind jedenfalls sowas wie die "Wild Boys" des neuen Jahrtausends. "Night On Fire", der Titelsong Ihres zweiten Longplayers ("Le Funk" aus dem Jahr 2001 war übrigens noch rein instrumental) ist ein gutes Beispiel dafür. Es könnte sich genau so auf einem Tape befinden, das während einer Top100-Radiosendung des Südwestrundfunks 1984 aufgenommen wurde – es würde nicht weiter auffallen mit seinen fetten Bässen, den aufdringlichen Synthies und der Robert-Smith-Stimme von Craig Pfunder. Dann, bei Instrumentalstücken vor allem ("Dynamize"), klingen VHS Or Beta plötzlich aus dem Stand wie der große Bruder von Daft Punk oder eine Lollipop-Version von The Rapture. Und schon eine Minute später fühlt man sich wieder in die Zeit zurückversetzt, als die 90er noch jung waren und das Versprechen der ewigen Lustbarkeit noch glaubhaft. "No Cabaret!" oder "Forever" sind herzhafte Partybrötchen. Darauf noch eine Cola mit Rotwein.