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April 2003
Thomas Vorwerk
für satt.org

William Goldman:
The Silent Gondoliers

(mit Illustrationen von Paul Giovanopoulos)
Del Rey Books 2001

William Goldman: The Silent Gondoliers

128 Seiten, Pb.
$ 10.00
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dt. Ausgabe:
Als die Gondolieri schwiegen. Eine Geschichte aus Venedig
Eichborn 2003
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William Goldman:
The Silent Gondoliers


Bereits 1983 als Hardcover erschienen, gibt es diesen schmalen Band nun auch als erschwinglichen Softcover. Goldman schreibt hier wie schon bei seinem Klassiker „The Princess Bride“ unter dem Namen des legendären S. Morgenstern (der laut Gerüchten auch an einer Fortsetzung namens „Buttercup’s Child“ arbeiten soll), aber diesmal ist die sehr viel zeitgemäßer und im Venedig des 20. Jahrhunderts angesiedelt.

Luigi, ein Gondolier der Spitzenklasse, bringt seinem Berufsstand Schande ein, weil sein Gesang mitunter Kopfschmerzen erzeugt und die Venezianer dazu anregt, Fisch und Gemüse aus den Fenstern auf den unglücksseligen Troubadour und seine Passagiere zu werfen. „The Silent Gondoliers“ schildert das Schicksal Luigis und den „vom Verfasser recherchierten“ Grund, warum die Gondoliere heutzutage nicht mehr singen. Goldman, hierzulande vor allem als mehrfach ausgezeichneter Drehbuchautor bekannt (sein nächstes verfilmtes Buch ist der Stephen King-Roman „Dreamcatcher“), gelingt es wie so oft, seine Leser aufs köstlichste zu unterhalten, auch wenn man manchmal das Gefühl hat, bei der Geschichte handele es sich mehr um eine überflüssige Idee vom Kaliber seiner Fingerübungen „Da Vinci“ oder „The Big A“, die aber im Gegensatz zu diesen in Goldmans Sachbüchern über das Drehbuchschreiben geschickt eingesetzten Stories in einer Schnapslaune mal schnell zu einem Buch ausgewalzt wurde, das seinerzeit durch die geringe Hardcover-Auflage auch noch schnell eine gewisse Berüchtigkeit erlangte.

Begleitet wird die Geschichte durch Illustrationen des Griechen Paul Giovanopoulos, die auf dem Buchrücken als „zany“ bezeichnet werden (ich muß bei diesem Wort immer an die Videotheks-Kundin in „The Fisher King“ denken, der Jack dann „Ordinary Peepholes“ empfiehlt), für meine Verhältnisse aber durchaus braver und harmloser erscheinen als die hierzulande bekannten Zeichnungen des vom Stil her ähnlichen F. K. Wächter.

Wahrscheinlich sind auch die Zeichnungen daran schuld, daß der schmale Band trotz allem noch zehn Dollar kostet, aber zugegebenermaßen hätte man ohne die Illustrationen wohl kaum ein Buch aus der kuzen Geschichte machen können.

Zusätzlich hat Herr Goldman durch einige wenige Worte meinen Zorn auf sich gezogen: S. Morgenstern rühmt sich in einer Art Vorwort an seinen Herausgeber:

“although I have written in French and German as well as in Florinese,
this is my initial attempt at colloquial English.“
So weit, so gut, der Leser der „Brautprinzessin“ kennt auch das Land Florin, aber auf Seite 40 beschreibt Morgenstern/Goldman die Reaktion eines deutschen Geschäftsmannes auf Luigis Gesang (bzw. den daraufhin einsetzenden Beschuß mit Lebensmitteln) wie folgt:
“Gott in Himmel? Von welches Dreck …?“,
which, roughly translated, means,
“Hey, what is this shit?“
Nun hat man als deutscher Muttersprachler oft das Nachsehen, wenn etwa in amerikanischen Comics irgendwelche Nazi-Schergen in radebrechendem Kauderwelsch die deutsche Sprache verunglimpflichen und man sich fragt, warum solche Dialogfetzen nicht kurz von Expertenhand überprüft werden (Ich würde ja auch keine französischen Sätze in meine Texte einfließen lassen, ohne sie kurz gegenlesen zu lesen). Aber stattdessen behauptet Goldman auch noch dreist, Herr Morgenstern habe schon auf Deutsch Bücher verfasst, und während jener im Gegensatz zu seinen bescheidenen Einführungsworten durchaus die englische Sprache zu beherrschen weiß, schüttelt es den deutschsprachigen Leser schon gewaltig bei diesen Worten, die etwa so deutsch klingen wie die berühmte Frage nach der Uhrzeit in „Casablanca“ (“Hau matsch wotsch?“) für native speakers of English nur bei viel Wohlwollen zu verstehen ist. Und dann fragt man sich zurecht: „Hey, was soll dieser Mist?“