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25. August 2010
Thomas Vorwerk
für satt.org


  Ich & Orson Welles (R: Richard Linklater)
Ich & Orson Welles (R: Richard Linklater)
Ich & Orson Welles (R: Richard Linklater)
Bildmaterial: Farbfilm Verleih
Ich & Orson Welles (R: Richard Linklater)
Ich & Orson Welles (R: Richard Linklater)
Ich & Orson Welles (R: Richard Linklater)


Ich & Orson Welles
(R: Richard Linklater)

Originaltitel: Me and Orson Welles, UK / USA 2008, Buch: Holly Gent Palmo, Vincent Palmo Jr., Lit. Vorlage: Robert Kaplow, Kamera: Dick Pope, Schnitt: Sandra Adair, Musik: Michael J. McEvoy, mit [Namen in eckigen Klammern: Rollen in Shakespeare’s Julius Caesar] Zac Efron (Richard Samuels [Lucius]), Claire Danes (Sonja Jones), Christian McKay (Orson Welles [Brutus]), Ben Chaplin (George Coulouris [Mark Antony]), Zoe Kazan (Gretta Adler), Eddie Marsan (John Houseman), Kelly Reilly (Muriel Brassler [Portia]), James Tupper (Joseph Cotten [Publius]), Leo Bill (Norman Lloyd [Cinna the Poet]), Al Weaver (Sam Leve), Iain McKee (Vakhtangov), Simon Lee Phillips (Walter Ash), Simon Nehan (Joe Holland [Julius Caesar]), Imogen Poots (Lorelei Lathrop), Patrick Kennedy (Grover Burgess [Ligarius]), Janie Dee (Mrs. Samuels), Marlene Sidaway (Grandmother Samuels), Megan Maczko (Evelyn Allen [Calpurnia]), 114 Min., Kinostart: 26. August 2010

Richard Linklater ist einer der vielseitigsten Regisseure unserer Zeit. An einen historischen Stoff wagt er sich seit seinem Quasi-Western The Newton Boys erst zum zweiten Mal, und diesmal verfilmt er ausgerechnet einen Roman über die frühe Karriere der Regie-Legende Orson Welles. Noch vor dessen Kino-Debüt Citizen Kane (und der Hörspiel-Sensation nach H. G. Wells’ War of the Worlds) wurde Welles für seine Aufführung von Shakespeares Julius Caesar gefeiert, in der er u. a. den italienischen Faschismus thematisierte.

In der fiktiven Geschichte geht es um den 17-jährigen Schüler Richard (Teen-Idol Zac Efron), der voller Selbstbewusstsein für eine kleine Rolle im Stück vorspricht, diese auch bekommt, und das Theaterleben kennenlernt. Und eben Orson Welles, den genialen, aber auch etwas größenwahnsinnigen Regisseur (ziemlich großartig dargestellt vom Newcomer Christian McKay).

Neben dem geschäftigen Theaterleben, in dem auch Welles’ Partner John Houseman (Eddie Marsan in Bestform) und sein Lieblingsschauspieler Joseph Cotten (James Tupper) wichtige Rollen innehaben, geht es vor allem um die Beziehung zwischen Richard und Orson, immer aus der Sicht des Schülers, der zunächst voller Bewunderung für den nur fünf Jahre älteren Welles ist, dem dann aber immer öfter Ungerechtigkeiten auffallen. Welles spielt nicht den Caesar, sondern Brutus, als Theaterregisseur und Privatmann ist er aber ein arger Tyrann. Und Frauenheld - trotz Ehe.

Die Frauen spielen auch in Richards Leben eine Rolle. Da gibt es zum einen die unscheinbare, aber talentierte Gretta (Zoe Kazan), eine Gleichaltrige, die er zufällig kennenlernt. Und die vielfach umworbene und etwas ältere Sonja (Claire Danes), die hinter den Kulissen mitwirkt und hofft, über ihre Beziehungen zu Welles und Houseman David O. Selznick kennenzulernen, der sich gerade anschickt, Margaret Mitchells Bestseller Gone with the Wind zu verfilmen.

Der Verlauf jenes Teils der Geschichte, der nicht historisch verbürgt ist, ist relativ vorhersehbar, was schon an der Besetzung liegt - natürlich kommt es zu einer Dreiecksbeziehung zwischen Richard, Sonja und Orson, und während die Umstände von Welles’ früher Karriere und die Darstellungen bekannter Persönlichkeiten jener Zeit (und Verweise auf weitere) durchaus interessant sind, wirkt das Buch (liegt’s am Roman?) zu geradlinig konstruiert. Zwei Englischstunden des Schülers Richard drehen sich nicht nur um Shakespeares frühe Theaterkarriere, die Parallelen zu Welles (bis hin zu den etwas zurechtgemogelten und nie ganz überzeugenden Altersangaben) sind nicht Thema der Unterrichtstunde, drängen sich dem Betrachter aber überdeutlich auf. Mitunter hat man fast den Eindruck, dass Me and Orson Welles Teenagern das Theater (und Shakespeare, Welles) auf ähnliche Weise näherbringen soll, wie School of Rock den 10jährigen etwas über Classic Rock vermitteln wollte. (Ob dies ansatzweise gelungen ist, muss man jene Teenager fragen, die womöglich nur wegen Zac Efron ins Kino gehen - Werden diese sich danach Citizen Kane anschauen oder ein gesteigertes Interesse an Shakespeare entwickeln? Unwahrscheinlich.)

Etwas subtiler und gelungener sind da die Farbdramaturgie der Kostüme von Richard und Sonja (ruhig mal drauf achten!) und die Bemühungen, Orson Welles im gleichen Moment unmenschlich und genial darzustellen.

Der Film hat viele kleine nette Ideen, die aber nicht immer bis zuletzt durchdacht sind - und die Geschichte dreht sich auch viel zu sehr um Orson Welles, als dass sich außer den echten Fans jemand darum kümmert, wie die Geschichte für Richard bzw. Zac Efron ausgeht.

Auf jeden Fall braucht sich Richard Linklater nach diesem Film sicher nicht fragen »How the hell do I top this?«