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24. März 2010
Thomas Vorwerk
für satt.org


  Drachenzähmen leicht gemacht (R: Chris Sanders & Dean DeBlois)
Drachenzähmen leicht gemacht (R: Chris Sanders & Dean DeBlois)
Drachenzähmen leicht gemacht (R: Chris Sanders & Dean DeBlois)
Bildmaterial © Paramount Pictures International
Drachenzähmen leicht gemacht (R: Chris Sanders & Dean DeBlois)
Drachenzähmen leicht gemacht (R: Chris Sanders & Dean DeBlois)


Drachenzähmen leicht gemacht
(R: Chris Sanders & Dean DeBlois)

Originaltitel: How to Train Your Dragon, USA 2010, Buch: Chris Sanders, Dean DeBlois, Lit. Vorlage: Cressida Cowell, Schnitt: Maryann Brandon, Musik: John Powell, Production Design: Kathy Altieri, Art Direction: Pierre-Olivier Vincent, Visual Consultant: Roger Deakins, mit den Original- / deutschen Stimmen von Jay Baruchel / Daniel Axt (Hiccup / Hicks), Gerard Butler / Dominic Raacke (Stoick / Haudrauf der Stoische), Craig Ferguson / ? (Gobber / Grobian), America Ferrera / Emilia Schüle (Astrid), Jonah Hill / ? (Snotlout / Rotzbakke), Christopher Mintz-Plasse / ? (Fishlegs / Fischbein), T.J. Miller / ? (Tuffnut / Taffnuss), Kristen Wiig / ? (Ruffnut / Raffnuss), 98 Min., Kinostart: 25. März 2010

Der computeranimierte 3D-Film How to train your Dragon ist kurzgesagt ein Avatar für Grundschüler. Die Geschichte ist im Prinzip dieselbe: Ein junger Krieger mit Handycap (hier: fehlender Muskelaufbau) stellt sich entgegen der martialischen Gesellschaft auf die Seite der Natur, geht mit dieser (hier: einem Drachen) eine Symbiose ein, und versucht, die Gesellschaft von seiner Überzeugung einzunehmen, was offenbar nur durch jede Menge Action und Schlachten geht.

Hiccup (in der deutschen Version Hicks) ist ein Schluckauf in der Wikingerevolution und eine Schande für seinen Vater Stoick (aka "Haudrauf, der Stoische), den furchtlosen Anführer der Wikinger. Hiccup ist schmächtig, ein Nerd und erfolgloser Erfinder, er bringt in seinem Bestreben, ein echter Krieger zu werden, der Gemeinschaft nur Unglück, und im Verlauf des Films stellt sich auch noch heraus, dass er als Drachentöter ungeeignet ist, denn er bringt es nicht übers Herz, einen eigenhändig gefangenen seltenen "Nachtschatten" zu töten. Das ist in etwa so, als wenn ein volljähriger Sohn von Bundesverteidigungsminister von und zu Guttenberg wegen der Gewissensfrage zum Wehrdienstverweigerer wird: Eine Blamage sondergleichen. Deshalb ist das Verhältnis zwischen Vater und Sohn auch sehr problematisch, doch das ist nichts neues in Animationsfilmen mit jugendlichen Hauptfiguren.

Wie bei Avatar ist die Ignoranz der Natur gegenüber wieder beispielhaft: "Ein Drache ist immer - IMMER! - darauf aus zu töten!" Nicht nur erfährt man im Verlauf des Films, dass dies nicht so ist, auch gibt es abgesehen von einigen vertilgten Fischen und weggeschleppten Schafen keinerlei wirkliche Opfer, einzig einige Verstümmelungen tragen zum piratenähnlichen Bild der harten Wikingerkrieger bei, was ja in Avatar auch so ähnlich lief.

Die zu zähmenden Killermaschinen bauen direkt auf Lilo & Stitch, den ersten Film des Regiepaares Sanders/DeBlois auf, der Nachtschatten namens Toothless (dt.: "Ohnezahn") wirkt wie eine Weiterentwicklung von Stitch, vielleicht inspiriert von Batman oder Harry Potter (Norwegian Ridgeback). Für Donaldisten ist es aber immerhin interessant, dass Toothless eine beispielhafte Studie der Funktion der Fehlmann'schen Kapsel bietet.

So wie bei Hiccups Lehrer, dem Schmied Gobber (dt.: Grobian), der eine harmlose Version von Stevenson's Long John Silver ist, zieht sich das Thema der Verstümmelung auch zum Drachen Toothless hin, der die eine Hälfte seiner Schwanzflosse eingebüsst hat, und nun nur durch eine findige Prothese Hiccups (der den Drachen dabei auch fliegen muss) wieder zu seiner ursprünglichen Eleganz zurückfindet. Und wenn dann der love interest Astrid ins Spiel kommt, kann man die überzeugte Kriegerin mithilfe einer Flugstunde à la "A whole new World" (Aladdin) schnell auf die richtige Seite ziehen.

Neben den vielen Parallelen zu Avatar ist es besonders kindgerecht (marketingtechnisch gesprochen), dass die unterschiedlichen Drachengattungen auffällige Eigenarten haben (vgl. Pokemon oder Quartett), über die manche Jungwikinger besonders gut informiert sind, wobei die zugrundeliegenden Prinzipien des Designs sich spätestens nach zwei Dritteln des Films auch dem Zuschauer offenbaren.

Die Animation der Mär vom Drachenflüsterer bleibt hinter dem einst etablierten Dreamworks-Niveau zurück, und reiht sich somit an den ebenfalls eher lustlosen Monsters vs. Aliens an. Vom visuellen Esprit von Lilo & Stitch mit seinen kleinen Realfilmelementen und vielen spinnerten Ideen ist How to Train Your Dragon weit entfernt, und im Gegensatz zu Avatar erschließt es sich auch nicht ansatzweise, warum dieser Film in 3D erstellt werden musste.

Für Fans von Fantasy und / oder Animation annehmbare Unterhaltung, aber nichts Besonderes. Was mich interessieren würde: Sprechen die älteren Wikinger in der US-Fassung* mit irgendeinem witzigen nordischen Akzent? Auf Deutsch klingen sie wie die Vorgruppe von Torfrock oder die versammelten Synchronsprecher, die sich mit den Werner-Filmen alle drei Jahre nicht mehr über Wasser halten können.

*Der Presse wurde leider mal wieder eine Synchro gezeigt, wodurch die Besetzung der jungen Wikinger mit Jay Baruchel und zwei der Superbad-Jungs komplett verschenkt wurde.