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22. Juli 2009
Thomas Vorwerk
für satt.org


  Salami Aleikum (R: Ali Samadi Ahadi)
Salami Aleikum (R: Ali Samadi Ahadi)
Bildmaterial © Zorro Film
Salami Aleikum (R: Ali Samadi Ahadi)
Salami Aleikum (R: Ali Samadi Ahadi)
Salami Aleikum (R: Ali Samadi Ahadi)


Salami Aleikum
(R: Ali Samadi Ahadi)

Deutschland 2009, Buch: Arne Nolting, Ali Samadi Ahadi, Kamera: Bernhard Jasper, Schnitt: Dirk Grau, Musik: Ali N. Askin, mit Navid Akhavan (Mohsen Taheri), Anna Böger (Ana Bergheim), Michael Niavarani (Vater Taheri), Proschat Madani (Mutter Tahari), Wolfgang Stumph (Vater Bergheim), Eva-Maria Radoy (Mutter Bergheim), Caroline Schreiber (Sprecherin), Kinostart: 23. Juli 2009

Der Titel klingt wie ein schlechter Kalauer, und das Genre der Romantic Comedy hat einige inhärente Probleme, und wenn der Film auch noch aus Deutschland kommt, potenziert sich das, denn Deutschland ist in Sachen Komödie (ob romantisch oder nicht) seit den 1980ern und einer u. a. durch den Erfolg von Doris Dörries Männer in Gang getretenen ein echtes Krisengebiet, wo zwischen Fernseh-Dramaturgie, “Comedian”-Überfütterung und weitreichender Intelligenzfreiheit schon so manche Missgeburt durch die Kinosäle gescheucht wurde.

Salami Aleikum hat einige Schwächen, das kann man kaum übersehen. Die Figurenzeichnung ist klischiert, der narrative Faden teilweise breitgetreten, und auch der Spagat zwischen unterschiedlichsten Formen von Humor teilweise eine Zerreißprobe. Doch Salami Aleikum hat das, was vielen Komödien um Til Schweiger, Axel Stein oder Mario Barth komplett abgeht: Spielfreude, Mut zur Eigenwilligkeit und das Herz an der richtigen Stelle.

Komödien mit Migrationshintergrund haben in letzter Zeit eine kleine Nische in Deutschland gefunden (z. B. Kebab Connection oder Süperseks), und Salami Aleikum ist für dieses Subgenre eine echte Bereicherung. Die Geschichte ist erstmal typisch: Der Deutschiraner Mohsen soll in Köln die Schlachterei seiner Vaters weiterführen, kann aber kein Blut sehen. Da bietet ihm ein windiger Vertreter polnische Schafe (Schlachtung eingeschlossen) an, und Mohsen macht sich auf den Weg, um in der ostdeutschen Provinz mit Autopanne liegenzubleiben und die KFZ-Mechanikerin (und früher Kugelstoßerin) Ana kennenzulernen. Da Ana Vegetarierin ist, erzählt Mohsen ihr, dass die polnischen Schafe für die Wolleproduktion gedacht sind, und da Anas Eltern zu DDR-Zeiten Fachkräfte in der VEB Oberbekleidung in Oberniederwalde waren (und Mohsens Eltern ebenfalls fehlinformiert werden), bekommt die junge Ehe plötzlich elterliche Unterstützung von den krisengeschüttelten, ziemlich naiven Optimisten, die vom Aufbau eines gemeinsamen Imperiums träumen (insbesondere die beiden Väter, die gern ihre alten Uniformen herausholen). Doch ob der “Webomat 23 plus” auf dem stillgelegten Fabrikgelände noch mal zu neuen Ehren kommen wird, ist natürlich ebenso fraglich wie die Zukunft der jungen Liebe, die so ziemlich alle Gegensätze verkörpert, die man sich so vorstellen kann.

Dass der Film von diesen Konflikten zehrt und Rechtsradikalität, ausländische Küche und Ostblock-Sportförderung thematisch nutzt, war zu erwarten. Dass die Besetzung der beiden Liebenden fast so gelungen ist wie die der schauspielerisch routinierteren Väter (“Ossi No. 1” Wolfgang Stumph und der österreichische Kabarettist Michael Niavarani), ist ein echter Glücksfall. Aber was Salami Aleikum zu einem kleinen Ereignis macht, ist der Ideenreichtum, wie man selbst bei einem knapp bemessenen Budget die Geschichte innovativ erzählen kann und nebenbei noch echte Schauwerte bietet. Schon der Vorspann ist animiert im Stil der Pink-Panther-Filme (nur mit Schaf statt Panther) und zwischendurch wird beispielsweise die Autofahrt bis zur Panne oder ausgesuchte andere Passagen einfach per quirliger Animation gelöst. Doch damit nicht genug, denn der zu Tagträumen neigende Mohsen bringt auch noch (animationsunterstützte) Bollywood-Miniaturen ins Spiel. Wenn Mohsen kein Schaf töten will, sieht man tanzende Schönheiten, die Schlachtermesser wie Fächer nutzen, ein Herz aus Fleisch pumpt, und im Rhythmus klatschen die Hähnchen, wie man es seit den von Aardman produzierten Peter-Gabriel-Videos nicht mehr gesehen hat. Wenn dann mal im Verlauf des Films etwas zu laut, grell oder unzureichend durchdacht erscheint, ist das kein Ärgernis, sondern trägt noch positiv zu spielerischen Gesamtstimmung des Films bei. Es gibt noch viele kleine Details dieses Films, für die sich der Kinobesuch lohnt, doch die wollen visuell erlebt werden und nicht nur nacherzählt ...