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10. Dezember 2008
Thomas Vorwerk
für satt.org


  Tintenherz (R: Iain Softley)
Tintenherz (R: Iain Softley)
Tintenherz (R: Iain Softley)
Bilder © 2008 Warner Bros. Ent.
Tintenherz (R: Iain Softley)
Tintenherz (R: Iain Softley)
Tintenherz (R: Iain Softley)
Tintenherz (R: Iain Softley)


Tintenherz
(R: Iain Softley)

Originaltitel: Inkheart, Deutschland / UK / USA 2008, Buch: David Lindsay-Abaire, Lit. Vorlage: Cornelia Funke, Kamera: Roger Pratt, Schnitt: Martin Walsh, Musik: Javier Navarrete, mit Brendan Fraser (Mortimer “Silvertongue” Folchart), Eliza Bennett (Meggie Folchart), Paul Bettany (Dustfinger), Andy Serkis (Capricorn), Sienna Guillory (Resa), Helen Mirren (Aunt Elinor), Rafi Gavron (Farid), Jim Broadbent (Fenoglio), John Thomson (Darius), Jamie Foreman (Basta), Steve Speirs (Flatnose), Matt King (Cockerell), Tereza Srbova (Rapunzel), Jennifer Connelly (Roxane), 109 Min., Kinostart: 11. Dezember 2008

Neben Stephenie Meyer (Twilight startet im Januar) dürfte Cornelia Funke die andere Autorin sein, die vom Harry-Potter-Boom und der daraus entstehenden Knappheit an Lesestoff weltweit am meisten profitiert hat. Und weil sie aus Deutschland stammt, fasziniert uns ihre Geschichte etwas mehr. In den letzten zwanzig Jahren hat Funke 47 Bücher veröffentlicht, die sich weltweit 17 Millionen Mal verkauften. Nach einigen frühen Erfolgen wie die Serien um die Gespensterjäger und Die wilden Hühner war die seit 2003 erscheinende Tintenherz-Trilogie, die auch ein älteres Publikum anspricht, der internationale Durchbruch, dem man die Anwanzung an den Fantasy-Boom, J. K. Rowling und ein bißchen Michael Ende durchaus ansah. Mittlerweile hat Frau Funke ein Bundesverdienstkreuz erhalten, vor zwei Wochen ein Bambi, und Inkheart ist die sechste Verfilmung eines ihrer Bücher (neben 3x Die Wilden Hühner gab es noch Hände weg von Mississippi von Detlev Buck und die andere internationale Produktion The Thief Lord (dt: Der Herr der Diebe)).

Cornelia Funke wurde übrigens am 10. Dezember 1958 in Dorsten geboren, der deutsche Kinostart des von ihr coproduzierten Tintenherz ist also einen Tag nach ihrem 50. Geburtstag, und unabhängig vom Einspielergebnis kann man sagen, dass der Film ein eher positives Geschenk ist. Mortimer “Mo” Folchart (Brendan Fraser) ist eine sogenannte “Silvertongue”, jemand, der durch das laute Vorlesen von Büchern Figuren daraus zum Leben erwecken kann. Das ist leider nicht immer ein Heidenspaß, denn abgesehen davon, dass es sich oft um einen Personenwechsel handelt, und somit Leute aus seiner Umgebung unfreiwillig in den Büchern landen können, ist er sich seiner Gabe auch nicht sofort bewusst und er kann sie auch nicht exakt steuern, und so befreit er beim Vorlesen für seine kleine Tochter auch einige Monstren und Bösewichte (zum Beispiel das tickende Krokodil aus Peter Pan, einige fliegende Affen aus The Wonderful Wizard of Oz oder den von Andy Serkis gespielten Capricorn aus einem Buch namens Inkheart). Die Tochter Meggie (Eliza Bennett), mittlerweile an der Schwelle zum Erwachsenwerden, weiß davon zunächst nichts, und somit ahnt sie auch nicht, dass die neunjährige Odyssee des Vaters durch verstaubte Antiquarien auf der Suche nach einem Exemplar dieses Buches damit zusammenhängt, dass Meggies Mutter Resa (Sienna Guillory) eben in dieses Buch verschwand, und um die Familienzusammenführung geht es in dem Film.

Führende Rollen spielen dabei noch die Großtante Elinor (Helen Mirren), eine Büchernärrin, die Leseabenteuer im Schaukelstuhl Konfrontationen mit der realen Welt vorzieht, Fenoglio (Jim Broadbent), den Schöpfer der Welt von Inkheart, und Dustfinger (Paul Bettany), eine weitere Figur aus diesem Buch, die auf ähnliche Weise wie “Silvertongue” von seiner Frau getrennt wurde (Bettanys Gattin Jennifer Connelly begnügt sich mit einigen winzigen Szenen, und darf sich dann vermutlich in der Verfilmung des zweiten Buches, Tintenblut, etwas mehr in den Vordergrund spielen).

Das Prinzip der Geschichte ist ähnlich wie das von Woody Allens The Purple Rose of Cairo oder einigen Futurama-Folgen, doch zumindest in diesem Film wird daraus noch eher wenig gemacht. Eine spätere Liebesgeschichte zwischen Meggie und einer Figur aus “Tausend und einer Nacht” namens Farid (Rafi Gavron) wird vorbereitet, ein zum Stottern neigender Ersatz-Vorleser sorgt für einiges Personal, das Teile des Textes wie ins Gesicht tätowiert begleitet, und die Filmemacher dürfen immerhin demonstrieren, dass sie wissen, dass Toto im Buch nicht weiß war und die berühmten “Ruby Slippers” ursprünglich noch aus Glas. Ein kurzer Blick in den zweiten Teil der Trilogie offenbarte mir, dass die literarischen Anleihen dort wohl etwas ausgeprägter werden (man bedankt sich unter anderem auch bei J. K. Rowling für per Copyright geschütztes Material aus Harry Potter and the Philosopher’s Stone), und somit ist Inkheart wohl die Exposition für tiefergehende, noch folgende Abenteuer. Bei der Verfilmung hat man ähnlich wie bei Harry Potter klingende Namen verpflichtet, wobei insbesondere Andy Serkis als Schurke (unterstützt von einer ganzen Schurken-Galerie, die wie aus Dick Tracy übernommen scheinen, aber aus dem “barbaric piece of pulp fiction” namens Inkheart - dem Buch im Buch - stammen) und Jim Broadbent als etwas verwirrter Künstler ihr Eintrittsgeld wert sind. Beeindruckend auch die Darstellung von Newcomerin Sienna Guillory, die immerhin das Handicap hat, einen Großteil des Films stumm zu durchleben. Relativ ärgerlich sind nur der manchmal als Atmosphäre-Ersatz wirkende aufdringliche Musikeinsatz, einige peinlich schlechte eingeschnittene Studioaufnahmen während einer Verfolgungsjagd über die Dächer, das wenig überzeugende CGI-Hauptmonster und das Dumm-Deutsch auf einem Warnschild (die Produzentin kann ja auch nicht auf alles aufpassen). Falls der Film einschlägt wie erwartet, hat man für den zweiten Teil wohl etwas mehr Geld zur Verfügung, und das kann ja auch positive Auswirkungen haben ...

Capricorn: “Why should we ever want to go back when your world is so accomodating. You’ve got telephones, guns, and what do you call that sticky stuff?”
Lackey: “Duct tape.”
Capricorn: “Duct tape, yeah! I love duct tape!”