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8. Oktober 2008
Thomas Vorwerk
für satt.org


  Krabat (R: Marco Kreuzpaintner)
Krabat (R: Marco Kreuzpaintner)
Krabat (R: Marco Kreuzpaintner)
Fotos © 2008 Claussen+Wöbke+Putz Filmproduktion / Marco Nagel
Krabat (R: Marco Kreuzpaintner)
Krabat (R: Marco Kreuzpaintner)
Krabat (R: Marco Kreuzpaintner)
Krabat (R: Marco Kreuzpaintner)

Krabat
(R: Marco Kreuzpaintner)

Deutschland 2008, Buch: Michael Gutmann, Marco Kreuzpaintner, Lit. Vorlage: Otfried Preussler, Kamera: Daniel Gottschalk, Schnitt: Hansjörg Weißbrich, Musik: Annette Focks, mit David Kross (Krabat), Daniel Brühl (Tonda), Christian Redl (Meister), Robert Stadlober (Lyschko), Paula Kalenberg (Kantorka), Hanno Koffler (Juro), Anna Thalbach (Worschula), Charly Hübner (Michal), Moritz Grove (Merten), Tom Wlaschiha (Hanzo), Sven Hönig (Andrusch), Stefan Haschke (Staschko), David Fischbach (Lovosch), Daniel Steiner (Petar), Tom Lass (Kubo), Daniel Fripan (Kito), Otto Sander (Erzähler), 120 Min., Kinostart: 9. Oktober 2008

In den 1970ern waren die Bücher von Otfried Preussler bei Kindern so beliebt und bekannt wie heutzutage Spongebob Squarepants, Harry Potter oder die unsägliche Diddl-Maus. Auch ich wurde durch die Abenteuer der Kleinen Hexe oder des Kleinen Wassermanns schon zu Grundschulzeiten zu einer Leseratte, während heutzutage die Kleinkind-DVD-Sammlung oder Lego Star Wars auf Wii wichtigere Errungenschaften darstellen. Doch es soll in dieser Rezension nicht um Nostalgie gehen, denn Krabat (nach einem Roman von Otfried Preussler - für diejenigen, die sonst den Zusammenhang nicht erkennen) spielt kurz vor Ende des Dreißigjährigen Krieges, also in der “guten alten Zeit”, als Überfälle, Verhungern und Pest noch zu den verbreitetsten Todesursachen gehörten. Auch der junge Titelheld Krabat (David Kross aus Knallhart) hat seine Mutter durch die Pest verloren, und irrt mit zwei Leidensgenossen in der Neujahrsnacht 1646 durch unwirtliches Gelände, den Tod schon viel zu früh im Auge. Da vernimmt er eine mysteriöse Stimme in sich, folgt ihr (allein) und findet eine Mühle, deren “Meister” (Christian Redl) ihn als Lehrling aufnehmen würde. Eine Ausbildung, die nicht nur das Müllerhandwerk umschließt, sondern auch das eher vage formulierte “alles andere”.

Regisseur Marco Kreuzpaintner, aus dessen Filmen man männliche Gruppendynamiken kennt (Sommersturm), bleibt hier ganz keusch (selbst die eine Frauenverkleidung taugt für ein queer reading kaum) in der Darstellung der zwölf Gesellen, zu denen Krabat nun gehört. Die übrigen Gesellen beinhalten deutsche Nachwuchs- und schon nicht mehr Nachwuchs-Stars wie Daniel Brühl, Robert Stadlober oder Hanno Koffler (Sommersturm), und schon bald wird klar, dass diese eingeschworene Gemeinde ein Geheimnis vor dem Neuzugang hat, dessen dieser aber spätestens nach einem Jahr, wenn sich ein neuer Geselle der Gruppe anschließt, gewahr werden wird. Auch innerhalb der Gruppe gibt es Geheimnisse, so die Liebschaft des Altgesellen Tonda (Daniel Brühl), der sehr bald Krabats eigenes Interesse für ein Mädchen (Paula Kalenberg) folgt, dessen Namen der Meister besser nie erfährt.

Der Film kommt recht langsam in Schwung, wie ein schweres Mühlrad, doch wenn erstmal die Grundbestandteile der Geschichte aufgebaut sind, dreht sich die Story ebenso unaufhaltsam weiter. Nur schade, dass dabei kein wirkliches Momentum aufgebaut wird, keine Spannung, die einen mitreißt, sondern nur ein Märchen, das man von außen betrachtet, dessen Figuren allesamt klischiert und ohne Innenleben bleiben. Die vermeintliche Tragik des Geschehens vermag sich ebenso wie die übergroße Metapher, die über alles gestülpt ist, nicht zu entfalten, Kalenberg und Kross ziehen eine Boy-meets-Girl-Geschichte durch, bei der die ach so große (und auch so keusche) große Liebe nicht einmal im Ansatz erklärt wird, denn wie so vieles im Film ist es ja beispielhaft und parabelhaft gemeint, und deshalb sind nachvollziehbare Details, die bei der Identifikation helfen könnten, offenbar überflüssig.

Der Film legt viel Wert darauf, sich nicht auf den naheliegenden Vergleich mit dem Zauberlehrling Potter einzulassen, doch auch wenn man Krabat als düsterer, kompakter und “geschlossener” (im Sinne einer Closure, die man bei der ohne Rücksicht auf die Fans auf die nächsten drei Geschäftsjahre verteilten Potter-Serie momentan vergebens sucht) bezeichnen könnte, fehlt diesem Versuch eines deutschen Exportschlagers der Humor und das Herz, die Millionen Potter-Fans verzücken. Bei Krabat geht es nur um die Kraft der symbolischen Liebe gegen die Unaufhaltsamkeit des parabelhaften Todes, keine Message, die ein großes Publikum weit über den Kinobesuch begeistern wird.