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Februar 2008
 


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Cinemania 54:
Berlinale Teil 4
(asiatisch)

Ein traditioneller Teil unserer Berlinale-Berichterstattung ist das Cinemania mit den Asiaten (siehe auch Cinemania 7, 29 oder 40), das dieses Jahr zwar etwas schmaler ausfällt, aber dennoch eine erstaunliche Bandbreite an Produktionsländern (China / Hongkong, Indien, Japan und zweimal Korea) und Themen, Genres und Stimmungen bietet.

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Bam gua nat
(Hong Sang soo,
Wettbewerb)

Dt. Titel: Nacht und Tag, Südkorea 2007, Kamera: Kim Hoonkwang, Buch: Hong Sangsoo, Schnitt: Hahm Sungwon, Musik: Jeong Yongjin, mit Kim Youngho (Kim Sung-nam), Park Eunhye (Lee Yu-jeong), Hwang Sujung (Han Sung-in), Kee Joobong (Mr. Jang), Kim Youjin (Jang Min-sun), Seo Minjeong (Cho Hyun-ju), Lee Sunkyun (Yoon Gyoung-su), Jung Jihye (Jung Ji-hye), 145 Min.
[Rezension von Thomas Vorwerk]

Über einen Text erfährt man, dass der Maler Sung-nam sich in betrunkenem Zustand des Rauchens von Marihuana schuldig machte (ich bilde mir ein, hier eine Zeitangabe gesehen zu haben, die im weiteren Verlauf des Films keinen wirklichen Sinn macht, spare mir diese Diskussion aber), und deshalb Korea Hals über Kopf verließ und nach Paris flüchtet. Im ersten Bild des Films sieht man ihn mit einer Zigarette in der Faust vor dem Flughafen, den er offenbar gerade verlässt. Der Film schildert dann das Leben in Paris, das sich aber größtenteils in einem rein koreanischen Umfeld abspielt. Nachts telefoniert Sung-nam mit seiner Frau, am Tag lernt er in Paris andere Frauen kennen, und wie immer bei Regisseur Hong Sangsoo geht es um die Probleme im Zwischenmenschlichen, doch statt der für ihn üblichen One-Night-Stands mit ihren Spätfolgen verfolgt der seltsam neben sich stehende Held hier Frauen, die nicht automatisch auf seine Avancen eingehen, auch wenn Interesse zu bestehen scheint. Hong nimmt sich dafür viel Zeit, erzählt lapidar von Schwangerschaftsabbrüchen und Selbstmordversuchen, und wenn man am wenigsten damit rechnet, kehrt Sung-nam zu seiner Frau zurück, unerwartet erlebt man die Segnungen der Ehe und der Film hätte so enden können, doch dann führt die Dichotomie zwischen Tag und Nacht, zwischen Himmel und Hölle zu einigen Szenen, die das Innerste des Films nach Außen kehren und dem Publikum noch einmal sehr viel abverlangen.
Bam gua nat ist der weitschweifigste und am wenigsten intellektuell zu fassende Film von Hong, den ich bisher sah (kenne immerhin seine ersten zwei Filme und die momentan letzten drei). Doch während dies viele Zuschauer (insbesondere aus meinem Freundeskreis) verstörte oder einfach nur nervte, hat mich diese Odyssee fasziniert, gerade das Bild des Schweinekopfs, der plötzlich und unerwartet an eine Scheibe klopft (den Hintergrund werde ich an dieser Stelle nicht erklären), war für mich einer dieser Kinomomente, die noch lange nachwirken, und von denen man selbst bei exzessivem Kinolaufen meist nicht mehr als ein Dutzend im Jahr erlebt.
Gerade die vielen Rätsel, die der Film aufgibt (Wovon lebt Sung-nam eigentlich? Ist die Hundescheiße im Rinnstein so ein Kulturschock, wie man annehmen könnte? Ist das Erlebnis mit dem Zigarettenladen ein Gleichnis, das sich mir nicht erschließt?) hielten mein Interesse wach, ich bin mir aber durchaus bewusst, dass dies eher ein Sonderfall ist, und ich hoffe, dass Hong wieder zu den narrativ weitaus interessanteren Problemen seiner frühen Filme (wie man sie aber auch noch bei Tale of Cinema erlebt) zurückfindet.


Megane
(Naoko Ogogami,
Panorama)

Int. Titel: Glasses, Japan 2007, Buch: Naoko Ogigami, Kamera: Noboru Tanimine, Schnitt: Shinichi Fushima, Musik: Takahiro Kaneko, mit Satomi Kobayashi (Taeko), Mikako Ichikawa (Haruna), Ryo Kase (Yomogi), Ken Mitsuishi (Yuji Masako), Motai (Sakura), Hiroko Yakushimaru (Taeko's friend), 106 Min.
[Rezension von Daniel Walther]

Auf eine Art Zwischenwelt, eine kleine skurrile Gemeinschaft, trifft in Megane (Glasses) eine Lehrerin aus der Großstadt, als sie auf einer japanischen Insel Urlaub macht. Die Lehrerin Taeko (Mikako Ichikawa) macht zur Frühlingssaison Urlaub, um etwas Stress abzubauen und mietet sich deshalb in einer Pension ein, allerdings empfindet sie das seltsame Verhalten der Bewohner anfänglich als eher nervend. Teilweise scheinen sie wie in Trance nichts um sich herum mitzubekommen oder aber sie wird jeden Morgen von einer seltsamen alten Frau, die Eisverkäuferin, Yogalehrerin und Köchin in einem ist, geweckt, damit sie am gemeinsamen Frühstück teilnimmt. Anfänglich lehnt Taeko noch ab, die Großstadt gewohnt, erscheint ihr so viel Gastfreundlichkeit als zu intim. Sie unternimmt in Folge dessen einen Fluchtversuch und will sich bei der zweiten Unterkunftsmöglichkeit auf der Insel einquartieren. Diese stellt sich allerdings als Total-Reinfall heraus. Ihr bleibt nichts weiter übrig, als zurückzukehren. Die unwirkliche Atmosphäre der Insel scheint eine eigenartige Wirkung auf die Bewohner zu haben, sie starren aufs Meer, essen Eis und wirken dabei einfach glücklich. Schritt für Schritt passt sich Taeko diesem Lebensgefühl an und gewinnt so zunehmend an Gelassenheit. So wird Taeko langsam eine von ihnen, was sich darin äußert, dass sie immer mehr in der Lage ist, im Verlauf des Films mit den Anderen zu reden. Die Fragen, die sie sich über die Insel und die Menschen, die sie dort trifft, stellt, verschwinden zunehmend, bis ihr Urlaub vorbei ist und die nächste Frühlingssaison kommt.
Der optimistische Film von Naoko Ogigami stellt die Rückbesinnung zur Natur neben den handelnden Personen als zweites Grundthema in den Vordergrund. Dazu passen gelungene Naturaufnahmen, in denen die Menschen nur am Rand stehen und winzig erscheinen oder die immer wiederkehrende Einstellung vom ruhigen, tiefblauen, unendlich weit erscheinenden Ozean. Dazu passend nimmt das allmorgendliche "Frühsport"-Ritual in dem Film eine zentrale Rolle ein. Wir sehen eine größere Gruppe von Menschen (hauptsächlich Kinder), die am Strand die Übungen nachmachen, welche vor dem Ozean stehend die alte Dame vorturnt. Untermalt wird das Ganze von einer heiteren Musik, und so entwickelt sich eine Choreographie, die einen zum Schmunzeln zwingt. Sofern das möglich ist, lassen sich die dargestellten Figuren als Tierbewegungen deuten. Wobei jede Bewegung für ein Tier stehen könnte. Es geht ebenfalls um das Thema Neuanfang, denn erst als Taeko ihren Koffer und die Handyverbindung zum Festland verloren hat, beginnt sie sich zu verändern und zu öffnen.
Die Atmosphäre ist ruhig mit wenig Musik und so wird nicht viel gesprochen, aber in vielen Szenen wird es trotzdem vollbracht, die wachsende Freundschaft der fünf Hauptpersonen glaubhaft zu zeigen. Anfänglich nur durch die Gemeinsamkeit, Brillenträger zu sein (damit erklärt sich auch der Filmtitel), wird durch die Szenen von gemeinsamen Mahlzeiten und über das Essen generell eine Beziehung aufgebaut. Ein leiser Humor, der aus dem Kontrast zwischen Taeko und den Anderen entsteht, umrundet das ganze hervorragend. Ein sehr schöner Film, der in warmen hellen Bildern und Farben etwas sehr beruhigendes ausstrahlt.


Man jeuk
(Johnny To,
Wettbewerb)

Int. Titel: Sparrow, China / Hong Kong 2008, Buch: Chan Kin Chung, Fung Chih Chiang, Kamera: Cheng Siu Keung, Schnitt: David Richardson, Musik: Xavier Jamaux, Fred Avril, mit Simon Yam (Kai), Kelly Lin (Chun Lei), Lam Ka Tung, Lo Hoi Pang, Law Wing Cheong, Kenneth Cheung, 87 Min
[Rezension von Thomas Vorwerk]

Trotz großer Affinität zum asiatischen Kino ließ mein erster Johnny-To-Film lange auf sich warten. Innerhalb des Wettbewerbs (von dem ich in diesem Jahr nur wenig mitbekommen habe) war Sparrow einer der ausnahmsweise etwas häufiger auftretenden feel-good-movies. Gute-Laune-Musik, putzige Underdogs und eine gutaussehende, mysteriöse junge Frau, die in eine Art Ocean's Eleven-Storyline unter Taschendieben on Hong Kong verwickelt sind. Statt Andy Garcia gibt es den unsympathischen alten Mr. Fu, der früher "König der Taschendiebe" war, und nun die junge Chun Lei (Kelly Lin) unter seiner Fuchtel hat (ihr chinesischer Pass liegt in seinem Safe), die von den vier etwas abgebrannten Kerlen, die nach ihrer ersten Begegnung mit Chun Lei jeweils eine unerfreuliche Begegnung mit den Schlägern ihres Bosses hatten (was aber im Film durchaus humoristisch dargestellt wird, wenn sie etwa beim morgendlichen Frühstückstreffen plötzlich allesamt einen Verband - wenn auch an unterschiedlicher Stelle - tragen).
Die Taschendiebe arbeiten bevorzugt mit Rasierklingen, die sie kinotauglich im Mund verbergen und im richtigen Moment dann aufblitzen lassen (die Fotographie insbesondere einer als erotisch gedachten Szene mit Zigarette und Lippenstift ist übrigens wenig subtil, sondern eher etwas tolpatschig). Und selbst, wenn sie einen (keineswegs kameradschaftlichen) Klaps auf den Rücken bekommen und sich deshalb verschlucken, behandelt der Film dies immer noch als wäre es witzig und nicht lebensgefährlich. Selbst bei Soderberghs Schelmenstück kam mitunter etwas mehr Konsequenz ins Spiel. Auch die Symbolkraft eines tatsächlichen Vogels ("Sparrow" soll die allgemein übliche Bezeichnung für Taschendiebe in Hong Kong sein) wirkt ziemlich aufgesetzt, der Film hat nur eine oberflächliche Eleganz, gerade beim eher ornamentalen als spannenden Showdown wirkt vieles nur angedeutet (aber dennoch etwas langatmig), nicht so filigran ausgearbeitet wie etwa im letzten Jahr beim Berlinale-Film Eye in the Sky, der zu jedem Zeitpunkt mitreißender war. Eine nette Unterhaltung, aber nicht mehr.


Om shanti om
(Farah Khan,
Berlinale Special)

Indien 2007, Buch: Farah Khan, Mushtaq Sheikh, Kamera: V. Manikandan, Schnitt: Shirish Kunder, Musik: Vishal & Shekhar, Choreographie: Farah Khan, mit Shah Rukh Khan (Om Prakash Makhija / Om Kapoor), Deepika Padukone (Shantipriya / Sandy), Arjun Rampal (Mukesh Mehra), Shreyas Talpade (Pappu Master), Kirron Kher (Bela Makhija), Bindu (Kamini), Rajesh Kapoor (Jawed Sheikh), Satish Shah (Partho Roy), Nitish Pandey (Anwar), Yuvika Chaudhry (Dolly), Shawar Ali (Shawar), Asawari Joshi (Mrs. Kapoor), Amithab Bachchan, Preity Zinta, Saif Ali Khan, Priyanka Chopra, Karan Johar, Farah Khan, 168 Min.
[Rezension von Thomas Vorwerk]

Nicht nur hat das Auftauchen von Shah Rukh Khan in Berlin für einigen Wirbel gesorgt, sein neuer Film im Handgepäck hat auch mal wieder einen Einspielrekord gebrochen, wie es scheinbar jedes Jahr beim neuen Shah-Rukh-Khan-Spektakel passiert. Diesmal war es die erfolgreichste Startwoche, was angesichts von 1400 Kopien allerdings auch wie ein Selbstläufer wirkt.
Die als Choreographin bekannt gewordene Farah Khan legt mit Om shanti om ihre zweite Regiearbeit vor, und während die internationalen Bollywood-Erfolge der letzten zehn Jahre zumeist nahezu reinrassige Melodramen waren, zeigt Frau Khan uns wie schon beim Action-Krimi Main hoon na, dass sie lieber dem in Indien besonders beliebten Subgenre des Massala nacheifert, dass sich in einem abstrusen Genre-Mix übt.
Zunächst einmal beginnt der Film in den 70er Jahren und erzählt die Geschichte des "junior artist" Om Prakash Makhija (Shah Rukh Khan), der zumeist als produktionsgefährdender Statist von seiner Starkarriere träumt, und sich dabei in den Superstar Shantipriya (Deepika Padukone) verliebt. Wenig überraschend bleibt die Liebe nicht einseitig (unter anderem, weil er ihr bei einem Feuer während des Drehs das Leben rettet), doch direkt vor der "Intermission" sieht es ganz so aus (ich drücke mich mal bewusst etwas vage aus, um dem Zuchauer noch Überraschungen offenzuhalten), als seien die beiden Liebenden durch das Verschulden des niederträchtigen Gatten (Arjun Rampal) von Shantipriya bei einem Brand beide ums Leben gekommen.
30 Jahre später. Der kurz nach dem Tod seines Namensvetters geborene Sohn eines reichen Filmproduzenten sieht auch genauso aus (abermals Shah Rukh Khan) und ist nun der Superstar, der der Held der ersten Hälfte des Films immer sein wollte. Nur eine ihn verzehrende Liebe gibt es nicht, und die folgt überraschenderweise auch nicht zu einem späteren Zeitpunkt. Om Kapoor erinnert sich aber an Details des Lebens jener Person, deren Reinkarnation er offenbar ist. Und damit gilt es für den Superstar, der eigentlich alles hat, einen Auftrag zu erfüllen, denn er will den Mord an der Liebe seines Vorläufers rächen. Der Schurke (dem man die verstrichenen 30 Jahre nicht ansieht) war zwar zwischendurch in den USA berühmt geworden, will aber nun in der indischen Heimat zusammen mit dem Superstar einen Film drehen. Dieser jedoch will ein Remake von Om shanti om drehen, jedem Film, bei deren Dreharbeiten damals neben den Liebenden auch ein Prunkbau abgefackelt wurde, der nun im Ruinenzustand als Kulisse herhalten soll. Und mit der Hilfe einer seiner vor dreißig Jahren getöteten Exfrau aufs Haar gleichenden jungen Frau (abermals Deepika Padukone) will man den Feuerteufel überführen. Genügend Zündstoff für eine seltsame Geistergeschichte, die aber nicht recht überzeugen will, während die erste Hälfte des Films gerade aufgrund der Wiederbelebung der goldenen Zeit Bollywoods wie eine indische Mischung aus Singin' in the Rain und Forrest Gump wirkte. Soll heißen, selbst wenn man kein Experte für das Bollywood der Siebziger ist, erkennt man die eingeschnittenen Schnipsel aus Kinoklassikern an der Körnung des Filmmaterials, und die Sequenzen, in denen sich Shah Rukh Khan in Filmerfolge jener Zeit hineinträumt, geben der Regisseurin ausgiebig Möglichkeit, ihr Talent zu zeigen. Dies sucht man in der zweiten Hälfte vergebens, wenn nach einem immensen Aufgebot an indischen Stars, die mit Cameo-Auftritten die Bollywood-Showbiz-Kulisse glaubhaft machen, plötzlich nur noch alles um den wahnwitzigen Racheplan geht, der - und dies verrate ich nur, weil es so unvorstellbar wenig überraschend kommt - schlussendlich natürlich aus dem Jenseits unterstützt wird. Eine Umkehrung der ursprünglichen Prämisse (Geschlechter von Superstar und stümperhaften Fan werden ausgetauscht, während die Darsteller die selben sind) wird nicht durchgezogen, die teilweise parodistischen Tendenzen werden immer dann abgeschwächt, wenn man (um beim Vergleich mit Singin' in the Rain zu bleiben) die Chance gehabt hätte, etwas wirklich Bahnbrechendes zu schaffen (ich habe zum Beispiel immer darauf gewartet, dass mal jemand sagt, man möge den Ventilator ausschalten, der natürlich einfach zu den Utensilien der zahlreichen ineinander verschachtelten Filmaufnahmen gehören könnte), und nach einer fulminanten ersten Hälfte ist die zweite Hälfte so enttäuschend, dass das Gesamturteil empfindlich unter diesem faden Nachgeschmack leidet.


Arumdabda
(Juhn Jaihong,
Panorama)

Int. Titel: Beautiful, Südkorea 2007, Buch: Juhn Jaihong, Story: Kim Ki-Duk, Kamera: Kim Gi-tae, Schnitt: Juhn Jaihong, Han Youngkyu, Musik: Roh Hyung-woo, mit Cha Soo-yeon (Eunyoung), Lee Chun-hee (Eunchul), Choi Myung-soo (Inspektor Kim), Kim Min-soo (Sungmin), Lee Min (Miyeon), Kim Bumjoon (Minho), 88 Min.
[Rezension von Thomas Vorwerk]

Nachdem Juhn Jaihong bei den letzten zwei Filmen von Kim Ki-Duk (beide bisher nicht in Deutschland verliehen) als Assistant Director fungierte, wagte er sich nun an sein Langfilm-Debüt, bei dem sein Mentor produzierte und die Story lieferte. Und bei dieser Story merkt man auf den ersten Blick, dass sie von Kim stammt, wenn auch von einem fatalistischeren Kim, wie man an ihn bei Filmen wie The Isle, Adress Unknown oder Bad Guy erlebte.
Eunyoung (Cha Soo-yeon) leidet unter ihrer Schönheit. Das wildfremde Schülerinnen ihr Autogramm wollen, wäre ja noch zu ertragen, aber insbesondere Männer, die ihr gleich ihre immerwährende Liebe gestehen und immer zudringlicher werden, sind nachvollziehbarerweise nervig. Der Freund ihrer besten Freundin baggert sie hinter deren Rücken an, und die Freundschaft zerbricht daran, obwohl Eunyoung nicht im geringsten an ihm interessiert ist. Auch die Eifersucht der Frauen, die Eunyoungs Schönheit genauso realisieren wie die Männer, ist ein Problem. Der junge Inspektor Kim (natürlich ebenfalls in sie verschossen, aber immerhin zunächst noch zurückhaltend) kann sie bei einem handfesten Übergriff retten, doch schon kurz darauf wird sie das Opfer einer Vergewaltigung, und als sie kurz darauf erlebt, wie gegenteilig die Umwelt beim Anblick eines dicken, einen Hamburger in sich hineinstopfenden Mädchens reagiert, sieht Eunyoung eine seltsame Hoffnung: Sie frisst in sich rein wie ein Scheunendrescher, überfordert mit einer mehrstündigen (und nicht gerade appetitlichen) Fressorgie aber nur ihren Körper, die Blitzerlösung vor den Blicken der Männer will sich nicht einstellen, und damit scheint ihr Schicksal (und leider auch das des Films) besiegelt, denn nachdem sie irgendwo im TV aufschnappt, dass Magersucht und Unterernährung "nicht schön" ist, probiert sie es mit dem gegenteiligen Extrem, wechselt aber ihre Strategie recht häufig und sorgt dadurch vor allem dafür, dass ihr Körper und ihre Gesundheit leiden, doch immerhin bekommt sie nun auch Ringe unter den Augen, und beispielsweise ein Friseur, der sie zu Beginn des Films noch umsonst frisieren wollte, weil es ihm "eine Ehre" sei, solch eine Schönheit zu pflegen, erkennt sie nun nicht mehr wieder und behauptet, ihre Figur (vom Gesicht gar nicht zu sprechen) sei höchstens noch geeignet, es als Kellnerin zu versuchen. Leider kann der Zuschauer diese angeblichen Veränderungen der Figur nicht im geringsten nachvollziehen, und muss sich wie bei der zu Beginn des Films einfach mal behaupteten außerordentlichen Schönheit einfach daran halten, was irgendwelche Protagonisten behaupten. Mal wird Eunyoung nicht wiedererkannt, drei Szenen später erkennt sie jemand wieder, der zuvor wenig mit ihr zu tun hatte - und der Zuschauer soll das alles schlucken - ähnlich wie die ganzen Fressorgien, unzählige Brechanfälle oder eine Vergewaltigung, die mit einer wohl als elegant vorgesehenen Kamerabewegung ausgespart wird, die aber genauso lächerlich wirkt wie das nach der Schändung adrett dahindrapierte Opfer.
Ich befürchte, dass mir dieser Film auch nicht besonders gefallen hätte, wenn Kim ihn selbst inszeniert hätte, aber in der ungeübten Hand des Nachwuchsregisseurs Juhn wird aus Arumdabda ein kleines Ärgernis, ein Film, vor dem man nur eindringlich warnen möchte.


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