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Dezember 2005
Thomas Vorwerk
für satt.org

Good Woman – Ein Sommer in Amalfi
UK / Italien / Spanien 2005

Filmplakat

Regie:
Mike Barker

Buch:
Howard Himmelstein

Lit. Vorlage:
Oscar Wilde

Kamera:
Ben Seresin

Schnitt:
Neil Farrell

Musik:
Richard G. Mitchell

Darsteller:
Helen Hunt (Mrs. Erlynne), Scarlett Johansson (Meg Windermere), Tom Wilkinson (Tuppy), Stephen Campbell Moore (Lord Darlington), Mark Umbers (Robert Windermere), Milena Vukotic (Contessa Lucchino), Diana Hardcastle (Lady Plymdale), Roger Hammond (Cecil)

93 Min.

Kinostart:
15. Dezember 2005

Good Woman
Ein Sommer in Amalfi
A Good Woman

Auf dem deutschen Plakat zu A Good Woman prangt in großen Lettern „Nach einem Roman von Oscar Wilde“. Nun ja, im Gegensatz zu William Shakespeare hat Oscar Wilde tatsächlich mal einen Roman geschrieben, nur hat dieser Film mit The Picture of Dorian Gray rein gar nichts zu tun, sondern basiert auf einem von Wildes zahlreichen Bühnenstücken, ähnlich wie die Wilde-Verfilmungen The Importance of Being Earnest oder An Ideal Husband. Der Titel der Vorlage zu diesem Film lautet Lady Windermere’s Fan, erst im Untertitel „A Play about a Good Woman“ findet man den Filmtitel wieder. Ob man den Titel des Theaterstücks nicht als kommerziell genug erachtete oder es ein weitergehendes Rechteproblem gab, ist mir nicht bekannt. Auch über den Grund, die Geschichte ins Amerika und Italien der frühen 1930er Jahre zu verlagern, kann ich nur spekulieren, diese Entscheidung wird aber sicher damit zusammenhängen, daß die beiden Hauptdarstellerinnen aus den Staaten stammen und man nun Italien als Co-Produktionsland einer europäischen Produktion gewinnen konnte. Und wenn beispielsweise Scarlett Johansson in leichten Sommerkleidern durch italienische Strassen flaniert, so ist das sicher ansehnlicher als ein spätviktorianisches Kammerspiel, bei dem die Frauen unter ihren korsettgeschnürten Zwangsjacken kaum sieht.

Filmszene
Filmszene
Filmszene
Filmszene
Filmszene

Das eher kurze Stück (52 Seiten) wurde auch etwas aufgebauscht. Einerseits dadurch, daß man die Vorgeschichte der Mrs. Erlynne in den Staaten angefügt hat (Was wie der geänderte Titel eine Gewichtsverschiebung auf Helen Hunt als neue Hauptdarstellerin unterstützt), andererseits etwa durch in die Dialoge eingestreute zusätzliche Bonmot aus anderen Werken Wildes.

Eine kurze Einführung in die Geschichte: Die vor kurzem verheiratete Meg Windermere (Scarlett Johansson) erfährt beim Kaffeeklatsch davon, daß ihr Gatte häufiger zum Teil stundenlang im Hause der Mrs. Erlynne (Helen Hunt) verweilt, die dafür bekannt ist, sich von wohlhabenden Ehemännern aushalten zu lassen, auch wenn sie vor kurzem New York verlassen musste, weil sie inzwischen zu bekannt dafür war und die sich ausnahmsweise einigen Frauen der oberen Gesellschaft dafür sorgten, daß Kontovollmachten und dergleichen gestrichen worden. Das Scheckheft des Herrn Windermere (Mark Umbers) kann die Befürchtungen seiner Gattin auch nicht zerstreuen, ganz im Gegensatz. Nebenbei versucht noch der charmante aber durchtriebene Darlington (Stephen Campbell Moore) die junge Ehefrau zu verführen (wobei Gerüchte über die Untreue des Gatten natürlich nur hilfreich sein können) und Mrs. Erlynne scheint es auf den reichen älteren Junggesellen Tuppy (Tom Wilkinson) als nächstes Opfer abgesehen zu haben.

Schon das süffisante Stück von Oscar Wilde sorgt dafür, daß der Film funktioniert, wenn man natürlich in den Rollen der beiden jüngeren Männer gerne etwas versiertere Darsteller gesehen hätte (es muss ja nicht immer Colin Firth und Rupert Everett sein, aber vielleicht zwei talentierte Endzwanziger vom Schlage eines Cillian Murphy?). Helen Hunt, die seit 2001 (The Curse of the Jade Scorpion) in keinem Kinofilm mehr aufgetaucht war, findet sofort zur alten Brillanz zurück und auch Tom Wilkinson ist wie immer auf der Höhe seines Talents, einzig Scarlett Johanssons Rolle ist etwas fad, und obwohl ich sie immer gern sehe, enttäuschte sie hier. Im aktuellen epd-Film gibt es ja ein Porträt der „American Beauty“ und der Autor Michael Ranze beschreibt sie als „Meisterin der kleinen Gesten“, die etwa in A Good Woman „vor Freude über ein Geschenk die Beine vom Bett baumeln lässt“ - ausgerechnet diese Szene mit dem Fussgewackel fand ich extrem peinlich und eher einer Achtjährigen entsprechend. Wer im Dezember unbedingt einen neuen Film mit Scarlett Johansson sehen will, sollte lieber auf den neuen Woody Allen Match Point warten, der zwei Wochen später startet. Dort ist Scarlett scharf wie Pepperoni und man fühlt mit ihr mit - in A Good Woman ist sie eher Staffage für einige schöne Kostüme.

Wenn man sich jedoch damit abfindet, daß Helen Hunt die Hauptdarstellerin dieses Films ist, kann man ihn sehr wohl genießen. Der britische Regisseur Mike Barker hat immerhin auch schon Blackmores Lorna Doone und einen Roman der oft übersehenen dritten Brontë-Schwester Anne verfilmt und wie er beispielsweise den mediterranen Luxus inszeniert oder die Kadrierung einsetzt, um das „beobachtet-werden“ zu illustrieren, ist durchaus sehenswert.