Anzeige:
Sofie Lichtenstein: Bügeln. Protokolle über geschlechtliche Handlungen




April 2005
 

Cinemania 11
Kinostart März 2005

Die langfristige Cinemania-Planung zum Abschluß der Berlinale sorgt leider dafür, daß die Berichterstattung zu aktuellen Kinostarts etwas hinterherhinkt. Die meisten der hier besprochenen Filme wird man aber ohne Probleme noch in einem Kino in der Nähe finden.



Cinemania-Logo
Cinemania 11:
Kinostart März 2005

Alle Rezensionen stammen von Thomas Vorwerk

The Ring 2
(Hideo Nakata)

Buch: Ehren Kruger, Kamera: Gabriel Beristain, Schnitt: Michael N. Knue, Musik: Hans Zimmer, Make-Up-Effekte: Rick Baker, mit Naomi Watts (Rachel Keller), Simon Baker (Max Rourke), David Dorfman (Aidan), Elizabeth Perkins (Dr. Emma Temple), Sissy Spacek (Evelyn), Gary Cole (Martin Savide), Emily Vancamp (Emily), Kelly Stables (Evil Samara), Kinostart: 31. März 2005

Nach dem überzeugenden Erfolg von Gore Verbinskis Remake von Ringu dachte man sich in Hollywood zurecht, daß man dann auch weitere Teile der in Japan erfolgreichen Film- und Romanserie "verhackstücken" könne, verpflichtete für die Fortsetzung aber vorbildlicherweise den "Original"-Regisseur Hideo Nakata, der insbesondere Besuchern der Panorama-Sektion der Berlinale durch Filme wie Dark Water oder Last Scene ein Begriff sein könnte.
Viele Sequels sind wie Rocky 2 oder Men in Black 2 einfach nur verkappte Remakes und erzählen größtenteils dieselbe Geschichte noch mal. Beim Ring ist dies nur schwer möglich, denn die Besucher des ersten Teils wissen inzwischen, was auf dem seltsamen Videoband zu sehen ist, wer für die Morde verantwortlich war und wie man dem Fluch entkommen kann. Raubkopieren als Überlebenschance.
Die Journalistin Rachel Keller (Naomi Watts) und ihr Sohn Aidan (David Dorfman) waren im ersten Teil die Überlebenden, und zusammen mit der untoten Wasserleiche Samara (neue Darstellerin: Kelly Stables) spielen sie auch in der Fortsetzung die Hauptrollen. Ebenfalls wieder im Team ist der Drehbuchautor Ehren Kruger (Arlington Road, Scream 3), und in Anlehnung an die Originalreihe tut er das einzig Richtige: Er lässt den ganzen Schnickschnack um das Video und die Telefonanrufe für große Teile des Films völlig außer acht.
Zwar gibt es zu Beginn ein neues Teenager-Opfer, das in bester Teen-Horror-Manier vor/anstelle des Beischlafs lieber Video schauen soll/will, doch spätestens, wenn die umgezogene Miss Keller in ihrem neuen Wohnort jenen mysteriösen Todesfall recherchiert, von dem der Zuschauer schon etwas mehr weiß, beginnt plötzlich ein ganz neuer Film, bei dem andere unerklärliche Dinge passieren. So etwa ein verstörender Angriff durch Rotwild, der für Kenner der japanischen Mythologie (oder zumindest Leute, die ein paar japanische Filme wie Miyazakis Mononoke hime kennen) weitaus besser ins Bild passt als für Amerikaner, die nur amerikanische Streifen schauen.
Das Hauptthema des Films ist aber das Wasser. Schon die ersten vier Einstellungen zeigen relativ unvermittelt und ohne Erklärung verschiedene Ansichten von Gewässern, die bereits eine leise bedrohliche Atmosphäre vermitteln. Immer wieder taucht Wasser als Thema auf: Eine der gruseligsten Szenen des Films funktioniert eigentlich fast ausschließlich über das Rauschen eines Wasserhahns, verbunden mit einer unmerklich langsamen Kamerafahrt auf das Badezimmer (Generell wird der die graphische Darstellung des Horrors zumeist elliptisch ausgespart, wie man es von Horror-Großmeistern wie Jacques Tourneur schon vor einigen Generationen gelernt hat). Wenn Aidan im Fernsehen Cartoons schaut, geht es vorwiegend um Geister und um Wasser, und wenn er schließlich vom Geist der durch Ertrinken gestorbenen Samara besessen wird, kann der aufmerksame Zuschauer dies bereits am Muster seines Schlafanzuges erkennen: Dort sieht man nämlich lauter kleine Tröpfchen.
Der Knackpunkt des Films ist schließlich ein moralisches Dilemma, das vor Rachel und Aidan schon mehrere Mütter mit ihren Kindern heimgesucht hat (An dieser Stelle folgt ein netter Gastauftritt von Sissy Spacek): Die tote Samara will von ihrer Mutti geliebt werden, doch will man als Mutti sein Kind noch lieben, wenn man nicht mehr sicher ist, ob es von dem bösen Geist Samaras besessen ist? Und so teilen viele dieser Kinder das Schicksal von Samara und werden von ihren Müttern ertränkt. Auch Rachel beruhigt ihren Sohn: "Honey, it's just water …"

Shandurai und der Klavierspieler
(Bernardo Bertolucci)

Originaltitel: Besieged / L'Assedio, Italien / England 1998, Buch: Clare Peploe, Bernardo Bertolucci, Lit. Vorlage: James Lasdun, Kamera: Fabio Cianchetti, Schnitt: Jacopo Quadri, mit Thandie Newton (Shandurai), David Thewlis (Jason Kinsky), Claudio Santamaria (Agostino), John C. Ojwang (Sänger), Cyril Nri (Priester), 93 Min., Kinostart: 3. März 2005

Woran es liegt, daß nun mit einer Verspätung von einem halben Dutzend Jahren Bernardo Bertoluccis Film vor The Dreamers in die deutschen Kinos kommt, ist eines dieser Geheimnisse im Verleihgewerbe …
Der Film reißt einen unvermittelt irgendwo nach Afrika, wo ein älterer eingeborener Musiker einen mit einer Musik konfrontiert, die nicht untertitelt wird. Man hat als Zuschauer also keinen Schimmer, worüber der alte Mann hier singt. Nach einigen Impressionen aus einem Kinderkrankenhaus sehen wir den Lehrer Winston, wie er den Kindern den Unterschied zwischen einem leader und einem boss beibringt. Womöglich führt er schon länger solch einen nichtkonformen Unterricht, zumindest wird er diesmal "abgeholt", wie man es auch hierzulande mal euphemistisch formulierte. Die junge Shandurai (Thandie Newton), die Titelheldin dieses Films, kann daran auch nichts mehr ändern, und so sehen wir sie das nächste Mal in Italien, wo sie als Putzfrau bei einem vermögenden Pianisten arbeitet, um ihr Medizinstudium zu finanzieren und unentgeltlich in einer anderen Etage des großen Hauses leben zu dürfen.
Die Geschichte, die Bertolucci in diesem Film erzählt, ist insbesondere im Nachhinein betrachtet relativ simpel, was auch damit zusammenhängen könnte, daß hier eine Kurzgeschichte zum abendfüllenden Spielfilm aufgebauscht wird. Über einen eigentlich ausrangierten kleinen Lastenaufzug, den Shandurai als Kleiderschrank benutzt, landet zunächst ein Notenblatt mit einem Fragezeichen in ihrem Besitz, später eine Blume. Der Pianist Kinsky (David Thewlis) hat sich in seine Bedienstete verliebt, und Bertoluccis Film könnte als Paradebeispiel in Seminaren über Filmanalyse benutzt werden.
Der Standes- und kulturelle Unterschied zwischen dem ungleichen Paar wird auf mehrere Arten langsam aufgelöst. Da ist zum Beispiel die bereits angedeutete Musik, die beide Figuren charakterisiert. Shandurai hört rhythmusbetonte afrikanische Songs von Musikern wie Salif Keita, Kinsky spielt bevorzugt klassische Musik von Mozart oder Bach, beide können zunächst mit der Musik des anderen wenig anfangen, doch allmählich nähert sich die Musik an. Der afrikanische Sänger und Musiker aus dem Vorspann taucht später wieder auf und verkörpert auch den kulturellen Unterschied zum vorwiegend westlichen Publikum. Es ist dann nur konsequent, wenn jener Sänger nach einer gelungenen Annäherung zwischen den beiden Figuren irgendwann aus dem Film verschwindet.
Eine andere, noch offensichtlichere Annäherung geschieht über die vertikale Achse. Kinsky wohnt natürlich über Shandurai, eine etwas platte, aber nicht ungewöhnliche Umsetzung des Standesunterschieds. Und lange Zeit übernimmt auch die Kameraposition dieses Machtverhältnis, auch wenn Shandurai ebensowenig zu dem weißen Mann "aufblicken" will wie er zu ihr "herabschauen" möchte. Wenn Shandurai zu einem späten Zeitpunkt des Films aus ihrem Fenster schaut und Kinsky draußen auf der Straße erblickt, hat er sich ihr und seiner Liebe bereits voll untergeordnet.
Solange Shandurai und der Klavierspieler fast ohne Dialoge sehr filmisch die Annäherung der beiden erzählt, ist es ein zwar betulicher aber faszinierender Film. Wenn Shandurai im Traum Plakate eines afrikanischen Diktators abreißt, auf denen plötzlich das Gesicht von Kinsky erscheint oder das Staubsaugen und Klavierspielen wie ein Liebesspiel inszeniert werden, bewährt sich Bertolucci als einfallsreicher Regisseur, der mit dieser Fingerübung sicher seinen Spaß gehabt hat. Doch wenn die Geschichte dann weitergeht und gewisse Konsequenzen genauso elliptisch ausgespart werden wie zuvor Auswege gesucht und gefunden wurden, den Film fast ohne Dialoge zu erzählen, überzeugt der Film nicht mehr so stark wie in den ersten zwei Dritteln.

Boogeyman - Der schwarze Mann
(Stephen Kay)

Originaltitel: Boogeyman, USA 2005, Buch: Eric Kripke, Juliet Snowden, Stiles White, Kamera: Bobby Bukowski, Schnitt: John Axelrad, Production Design (Robert Gillies), Musik: Joseph Loduca, mit Barry Watson (Tim), Emily Deschanel (Kate), Skye McCole Bartusiak (Franny), Tory Mussett (Jessica), Lucy Lawless (Tims Mutter), Charles Mesure (Tims Vater), Onkel Mike (Philip Gordon), Michael Saccente (Jessicas Vater), Louis Wallace (Jessicas Mutter), Robyn Malcolm (Dr. Matheson), 86 Min., Kinostart: 17. März 2005

Viel stärker als in Deutschland gehört in den Vereinigten Staaten der "Boogeyman" zur kulturellen Mythologie. Ein unfassbares Grauen zum Einschüchtern schwer erziehbarer Kinder, das sich bevorzugt unterm Bett oder in den dort gern benutzten Wandschränken (closets) verbirgt. Der Boogeyman spielt in den Werken von Stephen King eine ebenso große Rolle wie beispielsweise die sehr ähnlich gelagerten Monstren, die sich in Comicstrips wie Calvin & Hobbes oder Bloom County in den obengenannten Verstecken tummeln. Auch als Filmstar hat der "schwarze Mann" schon mehrfach von sich reden gemacht, im Kino konnte er sich aber gegen ausgefallenere und wegen ihrer Marotten leicht wiedererkennbare Kollegen wie Freddy Krüger, Michael Myers oder Jason mit dem holländischen Nachnamen nicht behaupten.
Der neueste Boogeyman hat auch nicht das Zeug zum Serienhelden, doch das ist wohl auch gut so, denn Stephen Kays Film überzeugt gerade als für sich stehendes Werk, das nicht nur gemäß der gegenwärtigen Vorlieben mehr psychologischen Horror als Blutkonserven bemüht, sondern mehr Wert auf eine stimmige Story legt als auf eine Hockeymaske oder einen gestreiften Pulli.
Der achtjährige Timmy hat wie viele andere Kinder auch Angst vor nächtlichen Schatten(wesen), die womöglich nur aus der achtlos auf den Stuhl geworfenen Hose oder im Dämmerlicht grauenhaft erscheinenden Spielzeugen bestehen. Sein Vater muss das Ritual des "unterm Bett nach Monstern schauen" über sich ergehen lassen, bis er aber dummerweise von irgendeiner Kraft, die der Zuschauer nur schemenhaft erkennen kann, in den Wandschrank gezogen wird und man nach einigen greulichen Geräuschen nie wieder etwas von ihm hört oder sieht.
15 Jahre später verlässt Timmy, der inzwischen natürlich Tim (Barry Watson) heißt, die psychiatrische Klinik, in der man ihn fast davon überzeugte, daß sein Vater ihn damals nur "verlassen" hatte. Seine Matratze liegt heutzutage direkt auf der Erde und Schränke haben haben in seinem Mobiliar nichts zu suchen. Er führt ein normales Leben, hat eine Freundin namens Jessica (Tory Mussett), die meist sogar darüber hinwegsieht, wenn er mal wieder etwas komisch reagiert. Als er jedoch zu Thanksgiving Jessicas Eltern vorgestellt wird und es in deren Haus von dunklen Ecken und Schränken nur so wimmelt, wird die Geduld der jungen Frau mal wieder auf eine große Probe gestellt. Selbst die Versprechung, daß sie sich zur Nachtzeit in sein Bett schleichen würde, kann ihn nicht beruhigen, und kurz nach einem Alptraum, in dem seine Mutter (Lucy Lawless) auftaucht, erfährt er von deren Tod, das Haus, in dessen Wandschrank der Vater verschwand, geht in seinen Besitz über (ein wahrer Glücksfall, scheint es doch vom selben Architekten erbaut wie die Häuser aus Filmen wie Psycho oder Amityville Horror) und es ergibt sich, daß er nun mal wieder eine Nacht dort verbringen "darf". Dabei trifft er auch auf seine alte Liebe aus Kindertagen, Kate (Emily Deschanel), die verständnisvoller wirkt und aus Horror-Zuschauer-Sicht gute Chancen hat, Jessica zu überleben …
Die Filmemacher haben gut erkannt, daß der Kern des Films die Entscheidung ist, ob Tim einfach nur spinnt oder tatsächlich in großer Gefahr schwebt. Und so wird die Entscheidung darüber sehr weit nach hinten verlegt und auf seltsame, aber erklärliche Ereignisse gebaut, die die Atmosphäre ebenso wie die "übernatürliche" Kameraführung á la The Crucible gekonnt aufbauen. Ein Mädchen auf Rollschuhen kann hierbei genauso bedrohlich wirken wie ein schwarzer Vogel, der sich ausgerechnet Tims Windschutzscheibe als Landeziel ausgesucht hat und dabei sehr fotogen mit dem Schnabel das Glas durchschlägt, bevor er das Zeitliche segnet. Auch wenn Tim im Wandschrank von diversen Kleiderbügeln überschüttet wird, weiß man nicht, ob es sich um eine Panikattacke oder eine reale Attacke handelt, und der Moment, in dem der Film sich endgültig entscheidet, ist in jeder Hinsicht der Höhepunkt des Films, der durch eine längere Parallelmontage mit einer kleinen Psycho 3-Anspielung von langer Hand vorbereitet wird und so kolossal abgedreht ist, daß ich ihn hier nicht verraten werde. Nur soviel sei gesagt, daß Boogeyman ohne weiteres als Real-Sequel von Monsters, Inc. für Erwachsene durchgehen könnte (allerdings ohne das hochtechnologische Zwischenlager von Wandschranktüren) und daß Regisseur Stephen Kay mit seiner Auflösung ganz in der Tradition von Namensvetter Stephen King steht, was den Film gemeinsam zu einem der besseren Vertreter seines Genres macht.

Robots
(Chris Wedge)

USA 2005, Co-Regie: Carlos Saldanha, Buch: Lowell Ganz, Babaloo Mandel, Schnitt: John Carnochan, Musik: John Powell, Production Design: William Joyce, Art Direction: Steve Martino, mit den Original- / deutschen Stimmen von Ewan McGregor / Philipp Moog (Rodney Copperbottom), Robin Williams / Michael "Bully" Herbig (Fender), Halle Berry / Sarah Connor (Cappy), Greg Kinnear / Oliver Kalkofe (Phineas T. Ratchet), Jim Broadbent / Hans Werner Olm (Madame Gasket), Mel Brooks / Wolfgang Völz (Bigweld), Paul Giamatti / Ben (Tim), Kinostart: 17. März 2004

Im Gegensatz zu vielen fand ich Ice Age einen sehr schwachen Film. Die Story war ebenso unglaubwürdig wie hanebüchen, bei den Figuren war jenes vom Unglück verfolgte Hörnchen meines Erachtens noch am besten ausgearbeitet, die Animation war minimalistisch und grobschlächtig, und für jeden auch nur halbwegs gelungenen Gag verriet der Film sich selbst.
Wen wundert es da, daß ich von Robots, dem neuen Film von Chris Wedge wenig erwartete. Wie oft bei Animationsfilmen gab es auch diesmal für die Pressevorführung "nur" die deutsch synchronisierte Version zu sehen, was etwa bedeutet, daß man statt Jim Broadbent und Mel Brooks Hans Werner Olm und Wolfgang Völz vorgesetzt bekommt, aber bis auf eine etwas verpatzte 2001-Anspielung (das deutsche Publikum braucht an dieser Stelle "Hänschen Klein") war die Synchronisation sehr gelungen, selbst Sarah Connor konnte mich bis zu ihrem den Nachspann zersetzenden Song "From Zero to Hero" nicht vergrätzen.
Ähnlich wie zuletzt in Shark Tale baut auch Robots auf der Prämisse auf, daß die uns bekannte Gesellschaft durch "witzigere" Platzhalter ersetzt wird, in diesem Fall Roboter. Bereits zu Beginn überwältigt uns der Film nicht nur mit seinen Effekten, die Analogie, daß der Roboter Herb "Vater" wird, funktioniert auch ziemlich gut, einige gelungene Gags für das erwachsene Publikum werden relativ subtil untergemischt, ohne vorpubertäre Zuschauer zu verwirren. Wir erleben dann, wie der Held des Films, "Rodney Copperbottom", heranwächst, in die ausgetragenen Teile seiner Cousins und Cousinen hineinwächst, und über das Fernsehen und den dort auftretenden "größten Roboter der Welt" Bigweld zu einem Erfinder voller Hoffnung wird, der sich sogar seinen eigenen Sidekick bastelt und damit bei Bigweld vorsprechen will. Doch den Vorsitz der allumspannenden Roboterfabrik hat ein schleimiger Schlipsträger namens Ratchet übernommen - und dieser hält nichts von der open-door-policy seines vorzeitig in den Ruhestand verbannten Vorgängers, sondern will "updates" verkaufen, die Roboterversion von Schönheitsoperationen, Designerklamotten und ähnlichen Statussymbolen. Die arbeitende Masse, die sich keine "Updates" leisten kann, soll fortan nicht mehr mit Ersatzteilen versorgt werden, sondern auf lange Sicht verschrottet werden, so stellt sich der böse Emporkömmling, dessen Mutter die teuflische Chefin der Schrottpresse ist, das vor. Wie in einer infantileren Version von Metropolis muss Rodney nun eine Revolution des Robotervolkes anführen, um den new economy-Diktator zu stürzen.
Einige nette Ideen sind in dieser Story ja versteckt, doch die Handlung ist leider sehr voraussehbar, was aber durch das immense Tempo des Film und seine visuelle Opulenz nur in den wenigen langsameren, teilweise unerträglich melodramatischen Momenten auffällt.
Der Rest des Films ist gerade im direkten Vergleich zu Ice Age oder Shark Tale ebenso rasant animiert wie witzig, im Fahrwasser von Shrek 2 gibt es viele Filmanspielungen, aber ähnlich wie in Toys sind die Protagonisten und deren environment diesmal auch besonders gut für die Computeranimation geeignet. Bei einem etwas heruntergekommenen Roboter namens "Fender" fühlt man sich ebenso wie bei "Madame Gasket" und den öffentlichen Verkehrsbetrieben von Robot City, die wie eine Mischung aus Jahrmarkt-Fahrgeschäften wie Blitzbahn, Riesenrad und Schterbahn anmutet, an Futurama erinnert, jene erfolgreiche TV-Zeichentrickserie von 30th Century Fox, der ungleich moderner klingenden Schwestergesellschaft des Verleihs hinter Robots. Doch spätestens, wenn es um den subversiven Charakter der Groening-Serien geht, bleibt der massenkompatible nette Spaß von Robots ein Millenium zurück - Immer noch Jahrmillionen besser als Ice Age, aber dennoch weit hinter den Möglichkeiten.

Vanity Fair - Jahrmarkt der Eitelkeit
(Mira Nair)

Originaltitel: Vanity Fair, Buch: Matthew Faulk, Mark Skeet, Julian Fellowes, Lit. Vorlage: William Makepeace Thackeray, Kamera: Declan Quinn, Schnitt: Allyson C. Johnson, Musik: Mychael Danna, Kostüme: Beatrix Aruna Pasztor, mit Reese Witherspoon (Becky Sharp), Romola Garai (Amelia Sedley), Eileen Atkins (Miss Matilda Crawley), Jim Broadbent (Mr. Osborne), Gabriel Byrne (Marquis von Steyne), Bob Hoskins (Sir Pitt Crawley), Rhys Ifans (William Dobbin), James Purefoy (Rawdon Crawley), Jonathan Rhys Meyers (George Osborne), 138 Min., Kinostart: 24. März 2005

Die wort- und seitengewaltigen Gesellschaftsgemälde von William Makepeace Thackeray sind Kinogängern am ehesten über Stanley Kubricks Barry Lyndon bekannt, und in Vanity Fair wird eine bedingt ähnliche Geschichte erzählt, nur mit einer weiblichen Hauptfigur und von einer weiblichen Regisseurin. Statt um Kriegsscharmützel und Duelle geht es hier ums Verheiratetwerden, aber Becky Sharp (Reese Witherspoon) ist genau so ein gewitzter Emporkömmling wie Barry Lyndon - nur etwas sympathischer, weil sie keine Kinder verdrischt, sondern ihnen als Gouvernante beispielsweise die französische Sprache näherbringt. Wie bei Jane Austen oder Thomas Hardy entscheidet sich auch hier das Schicksal einer Frau darüber, wenn sie liebt und wer als Ehemann gut für sie und ihre Zukunft wäre - und da dies in den seltensten Fällen dieselbe Person ist, kann man sich schon mal falsch entscheiden.
Vanity Fair entspricht ganz den typisch britischen Literaturverfilmungen mit opulenten Settings und Kostümen, doch über die Regisseurin Mira Nair (Salaam Bombay, Monsoon Wedding) findet sich auch ein spezifisch indischer Einschlag im Film wieder, den man sonst nur aus dem zeitgenössischen britischen Kino kennt. Thackeray selbst hatte durchaus seine Verbindungen zu Indien und der Stoff wird durch die indische Komponente nicht verzerrt, aber es wirkt mitunter für den westlichen Zuschauer schon befremdlich, wenn aus einem der Kernmomente des Buches hier ein indischer "Slave Dance", choreographiert von Bollywood-Legende Farah Khan, wird und selbst das Happy End des Films mit einer Indien-Reise kombiniert werden muss.
Abgesehen von einigen netten Schauspielerleistungen (Rhys Ifans, Romola Garai, Bob Hoskins) sind es vor allem diese vermeintlichen Anachronismen (oder vielleicht Anatopismen?), die sich auf lange Sicht im Gedächtnis des Betrachters festsetzen können - was natürlich nicht für den Film spricht. Der Vergleich mit Regie-Ikone Kubrick mag gemein erscheinen, aber ich würde für Vanity Fair keine fünf Minuten von Barry Lyndon tauschen wollen.

Hostage - Entführt
(Florent Siri)

Originaltitel: Hostage, USA 2005, Buch: Doug Richardson, Lit. Vorlage: Robert Crais, Kamera: Giovanni Fiore Coltellaci, Schnitt: Olivier Gajan, Richard J. P. Byard, Musik: Alexandre Desplat, mit Bruce Willis (Jeff Talley), Jimmy Bennett (Tommy Smith), Jonathan Tucker (Dennis), Ben Foster (Mars), Kevin Pollak (Walter Smith), Michelle Horn (Jennifer Smith), Marshall Allman (Kevin), Serena Scott Thomas, Rumer Willis, 103 Min., Kinostart: 17. März 2005

Nach einer atemberaubenden Titelsequenz (eine atmosphärische Bestandsaufnahme in eingefrorenen 3D-Bildern in schwarz, weiß und rot) erleben wir den Negotiator Jeff Talley (Bruce Willis) bei der fast zu routinierten Ausübung seines Jobs. Eine Frau und ein Kind sind in der Gewalt eines Geiselnehmers, von den Scharfschützen und anderen Experten kommen Einschätzungen in 20-Prozent-Schritten, ob der Täter unschädlich gemacht werden und die Unschuldigen gerettet werden können. "No one dies today" proklamiert Talley, der die Situation vorwiegend mit seinem Sprachgeschick aufzuklären gedenkt, doch am Ende des Tages hat er Blut an den Händen, das er nach einem schönen thematischen Matchcut ("ein Jahr später"), der von Shakespeare inspiriert scheint, noch lange Zeit vergeblich abzuwaschen sucht.
Talley ist inzwischen von seinem früheren Job zurückgetreten und Polizeichef im ruhigen Bistro Camino, seine ursprüngliche Zufriedenheit hat er aber wie die Haarpracht hinter sich gelassen und auch inseiner Ehe kriselt es. Doch wie das Drehbuch es will, wird er wieder in eine Gesielnahme verwickelt, bei der er an verschiednene Fronten kämpfen muß, weil auch die vermeintlichen FBI-Spezialisten nur Schergen eines mysteriösen Verbrecherrings sind, der Talleys Frau und Tochter als Druckmittel entführt hat. Auch die eigentliche Geiselnahme involviert eine Familie, der in bester Truman Capote-Manier drei jugendliche Kriminelle auflauern, die eigentlich nur das Familienauto stehlen wollen. Doch dann wird in der mit diversen Sicherheitskameras bestückten Kleinvilla des Buchhalters Walter Smith (Kevin Pollak) der stille Alarm ausgelöst und eine Polizistin ist bei einer Routine-Kontrolle das erste Opfer.
Talley soll nun neben der Ausführung seines alten Jobs aus dem Haus eine DVD besorgen, die die Gangster belasten könnte. Doch der Hausherr ist bewußtlos, seine leichtgekleidete 14-jährige Tochter muss sich den Avancen eines romantischen Psychopathen namens Mars (Ben Foster) erwehren, und der achtjährige Tommy (Jimmy Bennett, vielleicht der überzeugendste Darsteller des Films) ist Talleys einzige Verbindung ins Innere des Hauses.
In der Exposition überzeugt das Drehbuch und auch die psychologische Konstellation zwischen den Figuren ist ausgereift. Doch mit steigendem body count (immerhin im zweistelligen Bereich, selbst ohne die Geiselnahme im Prolog) gerät das Psychologische und Logische immer mehr in den Hintergrund, der Actionheld aus Die Hard spult das übliche Programm ab und sein Gegenspieler Mars wandelt mit je einem Molotov-Cocktail in den Händen durch das brennende Haus wie eine unfreiwillig komische Reminiszenz an den Racheengel in The Crow. Insbesondere die Tötung der "bösen" FBI-Männer am Schluß ist einzig der hollywood-typischen Action-Dramaturgie verpflicht, die seit den Test Screenings zu Fatal Attraction ("Kill the bitch!") einzig in einer selbstgerecht vorweggenommenen Todesstrafe aufgelöst werden kann.
Wenn Talley über die "fucking rich people" schimpft, möchte man als Zuschauer die reichen Hollywood-Produzenten verfluchen, zu denen er in diesem Fall sogar selbst gehört. Nach diversen Die Hard-Filmen (und der vierte ist bereits in Planung) besteht einfach kein Bedarf mehr an einer solchen heruntergespielten Version der üblichen Prämisse, wo diesmal kein Wolkenkratzer oder Flugzeug von Dutzenden schwerbewaffneten Geiselnehmern verseucht ist, sondern unser "Brucey" eigentlich leichtes Spiel mit den drei Bengeln haben sollte …

Film (IMAX): Haie 3D
(Jean-Jacques Mantello)

Originaltitel: Sharks 3D, USA 2004, Kamera: Gavin McKinney, Schnitt: Jean-Jacques Mantello, Musik: Christophe Jacquelin, Sprecher: Geoffrey Bateman (im Original), 42 Min., Kinostart 24. März 2005

"Die Ozeane - endlos, vielfältig und wunderschön" - selbst für Imax-Dokumentationen ist dieser vom Synchronsprecher von Harrison Ford geäußerte Anfangssatz reichlich einfallslos, und wenn sich die Stimme später als die einer den Film begleitenden Schildkröte offenbart, die uns ihre Sicht auf die Dinge zeigt und immer wieder vor der Kamera vorwegtaucht, so mag das kindgerecht sein, im Bereich der Dokumentarfilme weist ein solches Prozedere aber höchstens auf lang zurückliegende Zeiten der für Disney "inszenierten" Dokumentarfilme, deren einzige Nachfolger die gänzlich zu ihrem inszenatorischen Charakter stehenden Tierfilme von Jean-Jacques Annaud sind.
"Hallo, ich bin gleich bei ihnen, ich muß nur noch etwas essen." So stellt sich diese Schildkröte vor, und diese frühe mahlzeit ist vielleicht auch dafür eingebracht, um darüber hinwegzutäuschen, daß man in diesem Film zwar jede Menge Haie sieht, diese aber höchstens Mal wie Aasfresser dargestellt werden, wie die Müllmänner des Ozeans, und nicht wie die Raubfische, die sie trotz aller übertriebenen Geschichten von Menschenangriffen eben doch sind. Doch in Sharks 3D sind alle "Darsteller" außer der Schildkröte vom Aussterben bedroht, und in ihrem Bemühen, die Botschaft vom schützenswerten und eigentlich ganz umgänglichen Hai zu verbreiten (und vielleicht auch, um dem Film eine Freigabe ab 6 Jahren zu verschaffen), haben die Filmemacher bis auf zwei Aasschnapper und eine gemäßigte feeding frenzy, bei der man das Opfer nicht ausmachen kann, auf räuberisches Verhalten der Haie gänzlich verzichtet. Einzig die Schildkröte erklärt immer mal wieder, bei welcher Art von Hai ein gewisser Sicherheitsabstand vielleicht doch besser wäre.
Zur Einzelvorstellung von Spezies wie Sägefisch (besonders für das 3D-Format geeignet), "Großer pazifischer Mantarochen" oder Hammerhai erfährt man aber dennoch allerhand Wissenswertes über Spannweiten und Gewichte, bevorzugte Ernährung ("was ihnen nicht schmeckt, rühren sie nur im Notfall an - Menschen zum Beispiel") oder den siebten Sinn der Haie (winzige elektronische Impulse).
Dabei ist es besonders interessant, zu beobachten, wie die musikalische Untermalung öfters mal vom üblichen Elektro-Taucherhelm-Gedudel á la "Team Zissou" abweicht und manchen Haiarten eine eigene Erkennungsmelodie zugesteht, die keineswegs von John Williams inspiriert ist. Das schillernde Funkeln eines Schwarms oder die gregorianischen chants für den Hammerhai gehören zu den Höhepunkten des Films, die Musik akzentuiert nicht nur Bewegungen, sie hilft einem auch, die Sparwitze der immer noch nicht in der Suppenschüssel gelandeten Schildkröte zu ertragen, die von Meeresforschern tönt, die "alle Flossen voll zu tun haben", von "zwischenfischlichen Beziehungen" und allen ernstes sogar auf "Mantafahrer" zu sprechen kommt. Ich kann nur hoffen, daß dies in der Originalversion seriöser war.
Wer Haie oder Meeresbewohner generell mag, wird an diesem Film seinen Spaß haben, darüber hinaus wurde sowohl mit dem Thema als auch mit dem 3D-Format schon Bemerkenswerteres fabriziert.

Im Feuer
(Jay Russell)

Originaltitel: Ladder 49, USA 2004, Buch: Lewis Colick, Kamera: James L. Carter, Schnitt: Bud Smith, mit Joaquin Phoenix (Jack Morrison), John Travolta (Mike Kennedy), Jacinda Barrett (Linda), Balthazar Getty (Ray Gauquin), Morris Chestnut (Tommy Drake), Robert Patrick (Lenny Richter), Jay Hernandez (Keith Perez), Billy Burke (Dennis Gauquin), Tim Guinee (Tony Costanzo), Kevin Daniels (Don Washington), Kevin Chapman (Frank McKinney, Kinostart: 3. Februar 2005

Etwas später als beispielsweise bei den Comics treten nun auch im Film die neuen Superhelden der USA nach dem 11. September 2001 an: Die Feuerwehrmänner. Musste man früher in Filmen wie Backdraft eine komplizierte Story um einen Brandstifter erfinden, reicht heutzutage fast schon der heldenhafte Einsatz dieser Teufelsmänner.
Der Film beginnt mit einem Großbrand. Bei einem (geglückten) Rettungsversuch bricht der Feuerwehrmann Jack Morrison (Joaquin Phoenix) durch einen Boden des brennenden Hochhauses und stürzt zunächst einmal tief. Sein Überleben ist fraglich, der Film nutzt diese Rahmenhandlung, um beispielhaft die "Karriere" des Feuerwehrmannes Jack zu schildern, der als Rookie zunächst Opfer der üblichen Scherze wird, häufig mit seinen Kollegen einen trinken geht, dabei nebenbei eine tolle Frau kennenlernt und mit ihr eine Familie gründet. Nebenbei stirbt einer seiner besten Feuerwehr-Freunde und für seinen Sohn will er sogar ein wenig vorsichtiger sein, auch wenn es für ihn ebenso undenkbar erscheint, einen Schreibtischjob zu übernehmen wie für seine Kollegen aus dem Polizeifilm im Cineplex nebenan.
Ebenfalls beispielhaft ist es, wie die Einsätze, die Jack bestehen muß, langsam anwachsen. Man fühlt sich an ein Videospiel oder ein schlechtes Hollywood-Drehbuch erinnert. Doch bereits im ersten brennenden Haus, das Jack betreten muß (zweistöckig mit ein bißchen Rauch aus dem Dachfenster) kommt ihm auf der Treppe eine massenmässige Horde Ratten entgegen, über (sprich: auf) die er einfach treten muß, um seinen Job zu tätigen. Eine der großen Fragen des Films bleibt für mich, wo in einem ganz manierlich aussehenden Zweifamilienhaus eine derartige Anzahl von Ratten herkommen soll, wie man sie nicht einmal in irgendwelchen Kanalisationen von Horrorfilmen sieht. Doch CGI macht's möglich und man muß den Zuschauern ja etwas bieten.
Die Auflösung des Films ist immerhin noch recht überraschend, doch wie dann mit den üblichen Tricks auf die Tränendrüse gedrückt wird und der Film schließlich in seinem patriotischen Pathos fast erstickt, das versaut einem eigentlich noch den letzten Spaß an kleinen Details wie dem netten Auftritt eines kaum wiederzuerkennenden Robert Patrick (X-Files, Terminator 2). Ein Film, der Joaquin Phoenix als Hauptdarsteller hat und John Travolta dazu als Unterstützung, hat in meinen Augen sowieso ein Problem. Doch bei dieser allzu amerikanischen Soße hätten selbst Edward Norton und Sean Penn nichts mehr retten können …

Coming soon in Cinemania 12 (Berlinale Dumplings 2):
Mehr Rezensionen zu Berlinale-Filmen aus Asien: Colour Blossoms, Green Chair, Jiang Hu, Plastic Flowers, Riyuu - The Motive, Das tausendjährige Feuer, Starlit High Noon