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Sofie Lichtenstein: Bügeln. Protokolle über geschlechtliche Handlungen


 

Februar 2004
Thomas Vorwerk
für satt.org

Cub
Cachorro

Spanien 2003

Regie:
Miguel Albaladejo

Buch:
Miguel Albaladejo, Salvador Garcia

Kamera:
Alfonso Sanz

Schnitt:
Pablo Blanco

Musik:
Lucio Godoy

Darsteller:
Jose Luis Garcia-Perez (Pedro), David Castillo (Bernardo), Diana Cerezo (Lola), Mario Arias (Javi), Arno Chevrier (Manuel), Ampar Ferrer (Großmutter Teresa), Josele Roman (Gloria), Felix Alvarez (Dani), Daniel Llobregat (Bernardo, 14 Jahre)

99 Min.

Berlinale 2004
(Panorama):


Cub
Cachorro

Der schwule Zahnarzt Pedro ist in Liebesdingen vor allem auf seinen eigenen Vorteil bedacht. Als jedoch seine Schwester Violeta den Neffen Bernardo (11) für zwei Wochen bei ihm abgibt, um mit ihrer neuesten Flamme nach Indien zu fliegen, zeigt sich, daß Pedro sich bei seinen liebevollen Erziehungspflichten mehr Mühe macht, als bei seiner jetzt sehr eingeschränkt ausgelebten Sexualität.
Cub (Cachorro) (R: Miguel Albaladejo)
Cub (Cachorro) (R: Miguel Albaladejo)
Cub (Cachorro) (R: Miguel Albaladejo)

Als die Schwester sich dann noch in Indien ohne Pass, aber mit illegalen Substanzen erwischen lässt, nimmt die Erziehung von Bernardo in Pedros Leben einen übergeordneten Stellenwert ein - und davon, daß seiner Meinung nach viele Schwule anfangen zu sabbern, wenn sie einen Alleinerziehenden sehen, kann er nur sehr bedingt profitieren.

Daß die Mutter des verstorbenen Vaters Bernardo nun auch noch gegen den Willen der Mutter ihr Großkind (öfter) sehen will, und zum Erreichen ihrer Ziele auch noch einen Privatdetektiv engagiert, bringt Pedros (und Bernardos) Leben vollends durcheinander …

Der Titel des Films (auf engl. Cub, eine überzeugende deutsche Übersetzung gibt es nicht, Bärenjunges funktioniert einfach nicht) bezieht sich auf Pedros früheren Freund Eduardo, der sich immer Baloo und den noch sehr viel kleineren Bernardo Mowgli genannt hat. Die Beziehung zwischen Pedro und Bernardo hat auch sehr viel mit der Erziehung des man-cub Mowgli durch den Bären Baloo zu tun (und erstmals frage ich mich, warum dort keine weiblichen Bären auftauchten …)

Daß der Film einerseits die Promiskuität seiner Hauptfigur nicht verharmlost, sich andererseits aber auch nicht zu ernst nimmt oder gänzlich ins Spartenprogramm abrutscht, macht die spanische Produktion sympathisch - und lässt sie realistischer dastehen als etwa den sehr ähnlichen Film Le Papillon, der hierzulande aber erst im März anläuft.

Daß nahezu alle Schwulen im Film einer Art Teddy-Brigade anzugehören scheinen (etwas übergewichtig und bärtig, Dirk Bach würde nicht weiter auffallen), passt natürlich nur zum Thema, lässt mich aber trotz der durchweg guten Darsteller-Leistungen fragen, ob die Teddys extra gecastet wurden, oder man vielleicht Einblicke in einen realen Freundeskreis bekommt.

Die Einblicke in bestimmte Sexpraktiken und die Verbreitung von Ralf König-Comics in Spanien fand ich außerdem lehrreich, nur das Ende des Films fällt etwas ab und ist noch schlimmer als bei Billy Elliot um politische Korrektheit bemüht. Wer wirklich glaubt, solch ein flott inszenierter tragikomischer Spielfilm hätte irgendeine Relevanz bezüglich der Gefahren und Vorzüge einer homosexuellen Erziehung (seltsamerweise wünscht sich Bernardos Mutter sogar, daß ihr Sohn wie der Bruder schwul wird), tut mir ein bißchen leid. Und schon aufgrund der nicht gerade drastischen, aber durchaus nicht beschönigenden Inszenierung von Pedros Liebesleben wird der Film kaum dazu beitragen, verbohrte Gestalten wie die Großmutter Teresa von ihren Vorurteilen abzubringen. Ein etwas weniger versöhnliches, wie ein offen gelassenes Paradebeispiel stehendes Ende hätte dem Film vielleicht gutgetan - aber andererseits erinnert das Ende auch ein bißchen an The Jungle Book - und so gesehen ist es zwar konservativ, aber perfekt.