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November 2003
Thomas Vorwerk
für satt.org

Die Invasion der Barbaren
Les invasions barbares

CA/F 2003

Die Invasion der Barbaren (Les invasions barbares) (R: Denys Arcand)

Buch
und Regie:
Denys Arcand

Kamera:
Guy Dufaux

Schnitt:
Isabelle Dedieu

Musik:
Pierre Aviat

Darsteller:
Rémy Girard (Rémy), Stéphane Rousseau (Sébastien), Marie-Josée Croze (Nathalie), Marina Hands (Gaëlle), Dorothée Berryman (Louise), Pierre Curzi (Pierre), Yves Jacques (Claude), Louise Portal (Diane), Dominique Michel (Dominique), Daniel Briére (Alain)

Kinostart:
27. November 2003

Die Invasion der Barbaren
Les invasions barbares



Die Invasion der Barbaren (Les invasions barbares) (R: Denys Arcand)

Die Invasion der Barbaren (Les invasions barbares) (R: Denys Arcand)

Die Invasion der Barbaren (Les invasions barbares) (R: Denys Arcand)

Die Invasion der Barbaren (Les invasions barbares) (R: Denys Arcand)

Die Invasion der Barbaren (Les invasions barbares) (R: Denys Arcand)

Sechs der acht Hauptdarsteller aus "Le declin de l'empire americain" spielen auch in dieser "inoffiziellen Fortsetzung" wieder mit. Der Film, der in Cannes gleich zwei "Goldene Palmen" abgriff (fürs Drehbuch und die Darstellerin Marie-Josée Croze), entfernt sich aber stark von der Struktur des ersten Films, wo jeweils vier Frauen und Männer größtenteils über das andere Geschlecht ablästerten, bevor dann alle Figuren aufeinandertrafen und sich im Stil damals gängiger Ensemblefilme wie "The Big Chill" einige zuvor unterdrückte Probleme der Figuren auftaten.

Der sozialkritische Ton ist auch bei der "Invasion der Barbaren" ähnlich, doch rein narrativ geht es vorrangig um den todkranken Rémy, dem sein schwerreicher Kapitalistensohn Sébastien den "Abgang" trotz des maroden kanadischen Sozialsystems angenehm zu gestalten weiß, und der dabei unversehens dem Vater nach Jahren der Entfremdung näher kommt. Neben illegalen Drogenlieferungen zur Schmerzbekämpfung klappert Sébastien auch all die alten Freunde aus dem Vorläufer-Film zusammen (in anderthalb Jahrzehnten gab es ein paar nette Veränderungen …), die ähnlich wie bei "Peter's Friends" statt eines tränenreichen Abschieds lieber eine angenehme Atmosphäre schaffen wollen, dabei aber nicht immer Erfolg haben.

Der Titel des Films bezieht sich unter anderem auf die Anschläge vom 11. September 2001, wobei auffällt, daß die Mitglieder der Geschichtsfakultät (wie sie im ersten Film eingeführt wurden) lieber andere Themen besprechen. Insbesondere bei Rémy ist das natürlich der Sex, wobei er aber trotz der Vergehen gegenüber seiner Exfrau Louise gegen Ende des Films immer mehr zur Identifikationsfigur wird. Nicht, weil er ein unverbesserlicher alter Lüstling ist, sondern weil er dazu steht und sich dadurch angenehm von der Verlogenheit der übrigen Zivilisation abhebt.

Die Lobestiraden angesichts des Films scheinen sich zu überstürzen, ich für meinen Teil fühlte mich vom bunten Treiben insbesondere gegen Ende des Films seltsam unberührt. Der ach so feine Dialogwitz zündete bei mir nicht immer, und die Geschichte selbst kann den Film nicht tragen. Vielleicht gehörte es auch zu den erklärten Zielen des Regisseurs, dem Zuschauer die Anteilnahme am Geschehen und den Figuren nicht leicht zu machen (würde der Aussage des Films ja entsprechen …), aber für mich funktioniert der Film so nicht richtig, nur weil man am Anfang mit einer langen Plansequenz das Krankenhaus vorgestellt hat, funktionieren die späteren Szenen in kargen Räumen nicht, in Struktur und Timing des Films scheinen mir einige Fehler vorzuliegen, die Zuschauer, die voll bei der Geschichte mitgehen (ich kann sie nur beneiden), wahrscheinlich nicht wahrnehmen. Da ich aber aus dem Alter herausbin, wo ich mein Unverständnis auf meine mangelnde geistige Reife schob, kann ich nur attestieren, daß "Die Invasion der Barbaren" für mich nicht zu den Kinoereignissen des Jahres gehört.