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September 2002
Thomas Vorwerk
für satt.org

Sehnsucht
(Yume no onna)

Japan 1992



Sehnsucht

(Yume no onna)



Regie:
Tamasaburo Bando

Buch:
Genki Yoshimura, Taeko Sakurai, Masafumi Saito

Lit. Vorlage:
Kafu Nagai

Kamera:
Mutsuo Naganuma

Schnitt:
Akira Suzuki

Musik:
Meisho Tosha, Etsugoro Kineya

Darsteller:
Sayuri Yoshinaga (Onami/Kaede), Toshyuki Nagashima (Otabe), Kyoko Kataoka (Kaede II), Katsuhiko Watabiki (Bordellbesitzer), Mutsuhiro Toura (Angestellter), Sumie Sakaki (Osawa)

Ein Unding, daß ein Film wie dieser, der bereits 1993 auf der Berlinale lief, nun erst mit einer verschwindend geringen Kopienzahl in die deutschen Kinos kommt.

Der nun also zehn Jahre alte Film, in malerischem Schwarz-Weiß gedreht, erzählt eine Geschichte vom Anfang des letzten Jahrhunderts, wodurch natürlich die Distanz für den Betrachter kaum größer sein könnte. Hat der westliche Betrachter schon bei modernen japanischen Filmen manchmal Probleme, diese Kultur zu verstehen, wird hier nun auch noch eine Welt mit Moralvorstellungen heraufbeschwört, wie sie uns kaum ferner erscheinen könnte. Doch daran besteht auch der bezaubernde Reiz des Films, der ohne weiteres mit den Klassiker des japanischen Kino aus den fünfziger Jahren mithalten kann.

Wie hier eine künstliche Welt erschaffen wird, deren melodramatische Vorkommnisse trotz der Distanz des Betrachters ihn in den Bann schlagen, das ist meisterlich. Eine sich unmerklich bewegende Kamera erkundet die sich in die Tiefe der Leinwand erstreckenden Räume mit einer hypnotischen Kraft, und die Bauten, der Schnee, der Ton, all jene Ingredenzien dieses Films, die man kaum als künstlich oder wahrhaftig definieren kann, so entrückt erscheint die Filmwelt, erschaffen ein Gesamtwerk, daß auch in vierzig Jahren (oder vor vierzig Jahren) die Zuschauer hätte verzaubern können.

Im Verlauf des letzten Jahres habe ich mich verstärkt mit japanischen Filmen beschäftigt, doch “Sehnsucht” (eigentlich “Traumfrau”) verströmt eine Magie, die alles andere in den Schatten stellt.

Nichtsdestotrotz muß ich jedoch bemängeln, daß die Geschichte, die der Film erzählt, mit dem visuellen Feuerwerk (auch ohne Farbe) nicht mithalten kann. Doch auch wenn Billy Wilder oder ein ähnlich schlauer Mann mal sagte, daß man zwar aus einem guten Skript einen mittelmäßigen Film machen könne, aber nicht aus einem mittelmäßigen Skript einen guten Film: In diesem Fall macht der visuelle Zauber sämtliche Hänger der Geschichte mehr als wett.