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September 2001
Thomas Vorwerk
für satt.org

Ritter aus Leidenschaft (A Knight's Tale)
USA 2001

Brian Helgeland: Ritter aus Leidenschaft
(A Knight's Tale)

Buch und Regie:
Brian Helgeland

Kamera:
Richard Greatrex

Schnitt:
Kevin Stitt

Musik:
Carter Burwell

Kostüme:
Caroline Harris

Darsteller:
Heath Ledger (William Thatcher), Mark Addy (Roland), Alan Tudyk (Wat), Paul Bettany (Chaucer), Shannyn Sossamon (Jocelyn), Berenice Bejo (Christiana), Rufus Sewell (Adhemar), Laura Fraser (Kate)



Ritter aus Leidenschaft
(A Knight's Tale)



Schon beim Vorspann macht Regisseur Helgeland klar, daß man den Film nicht ganz ernst nehmen soll. Wenn das Turnierpublikum nicht nur wie selbstständig "La Ola" praktiziert, sondern sowohl per Klatschen den Rhythmus von "We will rock you" angibt, und einige der Anwesenden sogar Freddie Mercurys Text mitsingen, dann ist das nur der erste von vielen Anachronismen, die man ziemlich schnell schulternzuckend hinnimmt. Zu Paris gehört einfach etwas, was dem Eiffelturm zumindest ähnlich sieht, der Schlachtruf der Everton-Fans "Here we go" ist offensichtlich aus dem Mittelalter überliefert, und Nike hat bereits seinerzeit mit Rüstungen das Sportbekleidungsgeschäft revolutioniert.

Auch wenn einige Parallelen zu "Gladiator" nicht zu übersehen sind, funktioniert "A Knight's Tale" völlig anders, denn es wird ein optimistischer und vor allem humoristischer Blick auf das Mittelalter geworfen. Egal, wie viele Lanzen in Zeitlupe zerbersten, selbst ein direkter Kopftreffer verursacht zumeist nur Schädelbrummen, und im Film wird weniger Blut vergossen als in einem durchschnittlichen Boxkampf.

Die Analogie zum Sport ist offensichtlich, man versucht sich nicht, wie Berserker mit Lanzen umzubringen, es gibt leicht zu durchschauende Spielregeln, Punktvergabe und hin und wieder besonders ehrenvolle taktische Rückzüge.

Die Geschichte des Jungen eines verarmten Dachdeckers, der als Knappe eines Ritters davon träumt, selbst ein nobler Ehrenmann zu werden, zeigt eine an den Haaren herbeigezogene Parallele zum Regisseur Helgeland, der aus einer traditionsreichen Fischerfamilie stammt, bis er sich dazu entschloß, Hollywood zu erobern, und er dieses mit dem Drehbuch-Oscar für "L.A. Confidential" auch relativ schnell erreichte.

Aber eine politische Botschaft in diesem Film zu suchen, eine emanzipatorische Message oder dergleichen, ist müßig, denn vor allem geht es um Unterhaltung, und in den ersten zwei Dritteln des Films gelingt dieses auch. Danach gebricht es dem "Ritter aus Leidenschaft" an Durchhaltevermögen, und die üblichen Probleme eines Sportfilms nebst der Überzeichnung eines von Rufus Sewell dargestellten Bösewichts zeigen, daß die Unterschiede zu zeitgenössischen Sportfilmen doch nur graduell sind.

Einzig die muntere Schar der Mitstreiter unseres vermeintlichen Ritters verleiht dem Film etwas liebenswertes, und das heitere Necken unter Freunden ist der eigentliche Höhepunkt des Films.

Und dann ist da natürlich noch einer von ihnen namens Geoffrey Chaucer (Paul Bettany), über dessen Auftritt ich als Anglist natürlich einige Worte verlieren muß. (Immerhin war er ja auch der maßgebliche Grund, warum ich mir den Film angeschaut habe.) Nicht ein dicklicher Mann mit Bart, sondern ein spielsüchtiger Hungerleider, der eher an einige Mitglieder der Sex Pistols als an den mittelenglischen Dichter erinnert, kreuzt zu Beginn des Films den Weg von William und seinen zwei "Knappen". Daß er allen Ernstes glaubt, alle Welt haben sein "Book of the Duchess" gelesen, erscheint dem Mediavisten sehr suspekt, aber immerhin war Chaucer zu diesem Zeitpunkt tatsächlich erst etwa 30 Jahre alt. Der Höhepunkt des Films für Chaucerianer ist neben der vollmundigen Anpreisung der Errungenschaften von "Sir Ulrich" natürlich das Zusammentreffen mit dem Pardoner und dem Summoner, die für ihre Lektion in Sachen Strip-Poker auf literarische Art teuer bezahlen werden.