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August 2001
Teresa Lankuttis
für satt.org
Bridget Jones - Schokolade zum Frühstück
(Bridget Jone's Diary)
USA 2001

Bridget Jones - Schokolade zum Frühstück.

Regie:
Sharon Maguire

Buch:
Helen Fielding, Andrew Davies, Richard Curtis

Vorlage:
Roman "Bridget Jones's Diary" von Helen Fielding

Kamera:
Martin Dryburgh

Schnitt:
Martin Walsh

Musik:
Patrick Doyle

Darsteller:
Renée Zellweger, Colin Firth, Hugh Grant, Jim Broadbent, Gemma Jones, Sally Phillips, Shirley Henderson, James Callis



Bridget Jones
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Roman: Bridget Jones - Schokolade zum Frühstück.

Roman: Bridget Jones - Am Rande des Wahnsinns.



14:35, im GartenSehe mich nach Monaten des Davor-Drückens nun gezwungen, endlich die Kritik für diesen Film zu schreiben, die ich Thomas versprochen hatte. Kann die Zeit nutzen, um gleichzeitig Sonnenbad zu nehmen und endlich die Blässe nach monatelangem Vor-dem-Computer-sitzen-und-Diplomarbeit-schreiben loszuwerden. S.g.


Bridget Jones - Schokolade zum Frühstück



Die Londoner Verlagsangestellte Bridget Jones hadert mit ihrer Existenz als 32-jährige Singlefrau. Zielsicher nimmt sie jedes Fettnäpfchen und jede Versuchung mit, bis sie schließlich - entgegen ihren guten Vorsätzen für das neue Jahr - mit ihrem Chef, der zwar unerhört sexy, aber auch ein Charakterschwein ist, im Bett landet. Aber nichts ist bekanntlich schwerer, als ab dem Neujahrstag die guten Vorsätze einzuhalten, und so können wir Bridget ein ganzes Jahr bei ihrem Kampf mit allen von außen und innen an sie herangetragenen Erwartungen begleiten.

Bridget bemüht sich, zwischen Superweib, Karrierefrau und Emanzipation ihren eigenen Weg zu finden. Selbstironisch, schlagfertig und nicht klein zu kriegen, so meistert sie diverse Klippen und schafft es schließlich, nicht nur Mr. Right zu erwischen, sondern auch mit sich selber ein ganzes Stück zufriedener zu sein.

Bridget Jones - Schokolade zum Frühstück.Helen Fielding rief die Figur von Bridget Jones 1995 in einer Serie von Kolumnen in der Zeitung "Independent" und später in zwei Büchern (Bridget Jones's Diary und The Edge of Reason) ins Leben und traf damit ins gehetzte Herz vieler moderner Frauen. Scharfsinnig beobachtet Fielding, wie hoch die Ansprüche an Frauen heutzutage sind, und wie sehr die meisten Frauen unter ihren angeblichen Unzulänglichkeiten leiden.

Bridget Jones rechtfertigt alle Mängel, die Frau an sich selber entdecken mag, vom dicken Hintern, über die schlechte Angewohnheit, zu oft und zu viel zu trinken, bis hin zur Torschlusspanik, mit 30 immer noch nicht verheiratet zu sein. (Nicht umsonst steht auf den englischen und amerikanischen Filmplakaten der Hinweis: "HEALTH WARNING: Adopting Bridget's lifestyle could seriously damage your healt”, etwas, das man auf Schokoladenpackungen vergeblich suchen wird.) Am Ende steht jedenfalls da der/die Richtige, der einem bestätigt, dass man liebens- und begehrenswert ist, genauso wie man ist.

Man darf aber bei aller Sympathie nicht vergessen, dass Bridget nur eine Ansammlung von Eigenschaften ist, die viele Frauen und auch Männer an sich wiederfinden werden. Es ist nicht die Realität, aber es macht Mut, seine Träume einmal gelebt zu sehen. Die Frage, ob die Umsetzung des Romans nun gelungen ist, oder nicht, stellt sich in diesem Zusammenhang nicht. Das Buch war nie ein literarisches Meisterwerk, und auch der Film hat diesen Anspruch nicht. Es ist ein gutes Stück Unterhaltung für Bauchmuskeln und Herz und was mehr daran ist, hat jeder ganz für sich auszumachen.

Was dem deutschen Zuschauer in der Regel nicht bekannt sein dürfte, ist die Hintergrundgeschichte zur Entstehung der Figur des Mark Darcy. Nicht umsonst wird Darsteller Colin Firth von der Presse hierzulande fast völlig ignoriert. Tatsächlich ist aber die Figur von Bridgets Sandkastenliebe und heutigem Top-Anwalt, Mark Darcy, weitgehend dem Charakter des Mr. Darcy aus Jane Austen's Pride and Prejudice (dt. Stolz und Vorurteil) nachempfunden, den Firth in der BBC Verfilmung von 1995 spielte. Ein Grund für den Erfolg des Films in England war mit Sicherheit die bis heute andauernde Faszination, die Firth's Performance als Darcy der Regency Epoche ausstrahlt: voller unterdrückter Emotionen, sich aus der Entfernung verzehrend, hochmütig, aber dennoch leidenschaftlich und liebend. Dem Großteil des deutschen Publikums wird die Darstellung des Mark Darcy leider fast zwangsläufig unverständlich hölzern erscheinen.

Hugh Grant spielt endlich einmal wieder einen Fiesling, aber nur mäßig überzeugend. Renée Zellweger spielt absolut brilliant, was aber leider durch den Wirbel um ihre Gewichtszu- und Akzentannahme (sie ist Texanerin) für den Film, fast untergegangen ist. Dabei sollte sie als Method-Actress das doch genauso können, wie ein DeNiro oder Tom Hanks. Treffender Weise zeigt die Aufregung um eine, im Vergleich zum Hollywood-Standard, dicke Hauptdarstellerin, dass das für Frauen wohl immer noch nicht in gleichem Maße gilt. Julia Roberts lehnte unlängst eine Rolle ab, für die sie einige Pfund zulegen sollte.

Leider ist die deutsche Synchronisation so schlecht, dass man kurz darauf eingehen muss. Wer immer für die Übersetzung zuständig war, sollte fristlos gekündigt, verklagt, geteert und gefedert werden, für eine Arbeit, die ein sprachbegabter Siebtklässler mit Langenscheidt's Reiselexikon besser hinbekommen hätte. Der deutschen Fassung geht ein Großteil des Wortwitzes, der pointierten Ironie und den Anspielungen auf Jane Austens Werk verloren oder ist schlicht und einfach falsch übersetzt. Ich kann nur JEDEM empfehlen, sich die Originalversion mit Untertiteln anzusehen, die zwar ebenfalls schlecht übersetzt sind, die aber wenigstens leichter ignoriert werden können.

Bei der letzten Preview Vorstellung, die ich besuchte, stolperte ich über ein kleines Fernsehteam, das der Frage nachgehen sollte, ob Bridget Jones als Film nur für Frauen oder auch für Männer sehbar sei. Was immer der Film auch für Frauen bedeuten mag, Männer sollten ihn sich ebenso wenig entgehen lassen. Sie könnten dort Dinge sehen, die sie dem Verständnis von Frauen ein ganzes Stück näher bringen werden. Und wenn mann das nicht will, weil er sonst als "Frauenversteher" verschrien werden könnte, dann werden wir ihn genauso abblitzen lassen, wie ein emotionaler Flachwichser (engl. emotional fuckwit) es verdient.
Also dann: Prost Chardonnay und wo sind die Kippen?


18:50, mein Schreibtisch Habe wieder einmal bewiesen, dass Frauen viele Dinge gleichzeitig tun können. Ha! Kann stolz auf mich sein, weil Kritik wirklich gut geworden ist. Habe allerdings etwas Schuldgefühle, weil mal wieder die Eitelkeit gesiegt hat. Statt langfristig Falten und Hautkrebs vorzubeugen, wollte ich lieber kurzfristig nicht länger aussehen wie ein unreifer Käse. Hmf. Werde sobald ich Thomas die Kritik geschickt habe, sofort Erste-Hilfe-Maßnahmen gegen Sonnenbrand und Falten einleiten.