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30. Mai 2011
Felix Giesa
für satt.org

  Charles M. Schulz: Das große Peanuts Buch
Charles M. Schulz:
Das große Peanuts Buch

Herausgegeben von Andreas C. Knigge. Mit einem Vorwort von Ralf König. Aus dem amerikanischen Englisch von Matthias Wieland. Lettering von Björn Liebchen.
Carlsen 2010, 368 Seiten, 29,90 Euro
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Zick Zack

Lediglich zwei Jahre nach dem Tod von Charles M. Schulz, dem Schöpfer der allseits beliebten Peanuts-Comics um Charlie Brown, begann der Fantagraphics Verlag 2002 eine viel gepriesene Gesamtausgabe, die unter der Ägide von Seth ediert und herausgegeben wird. Seth, der mit seiner fiktiven Comicsammler-Biographie Wimbeldon Green gezeigt hat, welchen Stellenwert Comichistorie für ihn, nicht nur als Zeichner, hat, kann für ein solches Projekt unbedingt als Garant für gutes Gelingen betrachtet werden. Die bibliophile Aufmachung, die kenntnisreichen Vorwörter und die herausgeberische Gesamtleistung sind bisher zumindest beeindruckend. So war es keine Überraschung, dass der Carlsen Verlag diese Edition in sein Programm aufnahm. Für den Peanuts-Enthusiasten dürfte an dieser Ausgabe wohl kein Weg vorbei führen. Anlässlich des sechzigsten Geburtstags der Peanuts erschien nun zusätzlich Das große Peanuts Buch. Herausgegeben hat es mit Andreas C. Knigge einer der bekannteren deutschen Comickenner.

Was bietet das große, etwas befremdlich glitzernde Buch nun neues? Knigge leitet den Band mit einer Entwicklungsgeschichte der Peanuts ein, die er mit Schulz’ Biographie engführt (auf Knigges Homepage dokumentiert). So erfährt man von Schulz’ Entwicklung als Zeichner, seiner teilweise schwierigen Familiensituation und bekommt einiges an frühen Zeichenversuchen zu sehen. Besonders beeindruckend sind hier die Li’l Folks, eine Serie, deren Figureninventar direkt in die Peanuts mündete. Die weitere Entwicklung gliedert Knigge in Dekaden und gibt in umfangreichen Kapiteln einen Überblick über Schulz’ Schaffen dieser Zeit. Im Anschluss findet sich jeweils eine umfangreiche Strip-Auswahl dieses Zeitraums. Besonders über diese Auswahl kann man wohl sagen, dass sie sehr geglückt ist. Aus fast 18.000 Strips eine allgemeinfällige Auswahl zu treffen, dürfte ein Ding der Unmöglichkeit sein; Knigge nähert sich dem bestmöglich. Was die Beschreibungen nun jedoch betrifft, bieten sie keine neuen Erkenntnisse, eher einen Überblick über bisher Veröffentlichtes – was angesichts eines fünfzigjährigen Erscheinens der Peanuts und einer mittlerweile noch längeren Publikation über diese ja auch kein kleines Unterfangen ist. Von Umberto Ecos frühen Überlegungen zu den ‚kleinen Philosophen des Alltags’ bis zu David Michaelis 2007 erschienen, hoch gelobten, aber auch umstrittenen, Biographie Schulz and Peanuts sowie Knigges eigenen Gesprächsnotizen fließt viel Wissen in die Artikel. Das hat leider schnell den Effekt einer Aneinanderreihung und führt zu manchen Redundanzen. Das Beispiel mit den fast 18.000 Strips wird mehrfach genannt (und außerdem auch im sehr persönlichen Vorwort von Ralf König) ebenso wie der mehrfache Hinweis auf die unterschiedlichen Handlungsmotive in den Strips, die Schulz über die Jahrzehnte hinweg immer wieder variiert. Was ebenfalls etwas befremdet, ist der Umstand, dass gelegentlich im Text ganze Strips exakt beschrieben werden, inklusive der kompletten Blasentexte, und der Strip dann auf derselben Seite reproduziert wurde. Das hat den Anschein, als habe man bei der Niederschrift noch nicht gewusst, welche Bildrechte man erhält und habe im Nachhinein den Text nicht mehr umändern wollen. Neben diesen formalen Einschränkungen in den referierenden Teilen, liegt die Stärke Knigges eindeutig in seinen eigenen Ausführungen, von denen man sich mehr und auch weiterführende Deutungen gewünscht hätte. Sicherlich wurde dies auch dadurch erschwert, dass Knigge beinahe durchgängig von Schulz als ‚Sparky’ spricht, über ihn also mit dessen Spitznamen spricht. Auch wenn dies der übliche Verkehrsname Schulz’ gewesen sein mag, und als solcher sich auch bei Michaelis findet, so ist dessen Verwendung in Ausführungen über die Person doch wohl eher hinderlich, weil kaum distanziert.

Somit ist Das große Peanuts Buch sicherlich kein must have, sondern vielmehr eine Einführung in Leben und Werk eines der größten Comiczeichners aller Zeiten. Weitergehend Interessierte werden wohl um die Werkausgabe nicht herumkommen; und vielleicht wird Michaelis Biographie, die in ihrem Design von Chip Kidd ebenso wie Kidds eigenes Buchüber die Peanuts ein bibliophiler Schatz für sich ist, ja doch einmal ins Deutsche übertragen. Auch an deren Buchdesign hätten sich die Macher des Peanuts Buches gerne ein Beispiel nehmen können.