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30. Oktober 2008
Stefan Pannor
für satt.org

Fabien Vehlmann, Bruno Gazotti: Allein

Bruno Gazotti,
Fabien Vehlmann:

Allein

Die Geschichte vom letzten Mensch auf Erden ist nicht neu. 1826 veröffentlichte die „Frankenstein“-Autorin Mary Shelley ihren Roman „Verney or The Last Man“. Man kann diese Idee als Antwort auf das christliche Motiv des jüngsten Gerichts deuten: wo die Bibel ein Weltgericht und den Übergang in das Paradies für einige Auserwählte verspricht, findet sich bei Shelley nur das Nichts und das Erlöschen der Menschheit.

Seit Shelley gehört das Topos des „letzten Menschen“ zum Standardkanon der phantastischen Literatur und findet sich in diversesten Abwandlungen vom Apokalypsenthriller bis zum Zombiefilm in allen erzählerischen Medien wieder. Auch im Comic findet es sich in vielfältiger Form wieder, ganz offensichtlich etwa bereits im Titel von Brian Vaughans Erfolgsserie „Y - The Last Man“, weniger offensichtlich Robert Kirkmans Zombiesoap „The Walking Dead“.

„Allein“ allerdings hat seine Quellen woanders. Die Geschichte weist verblüffende Ähnlichkeit zur neuseeländischen Kinderserie „The Tribe“ auf, die Anfang des Jahrzehnts auch in Deutschland ein riesiger Erfolg war. Hier wie dort überleben lediglich größere Kinder (zwischen sieben und 14 Jahren, wie es scheint) ein seltsames Verschwinden der Menschheit.

Während bei „The Tribe“ die Erklärung dafür von Anfang an auf der Hand liegt (ein Virus ist schuld), geht Vehlmann deutlich mysteriöser vor. In „Allein“ sind alle Erwachsenen verschwunden, alle Kleinkinder und auch der Großteil aller Kinder und Teenager. Es gibt keine Leichen, keine offensichtlichen Ursachen für das plötzliche umfassende Verschwinden. Lediglich fünf Kinder scheinen zu Beginn die Katastrophe überlebt zu haben und finden zueinander.

Vehlmann und Gazotti schildern den Weg dieser Kinder durch die verlassene Welt im Vergleich zur apokalyptischen Brutalität des „Tribe“ (oder der bedrückenden Stille im ähnlich gelagerten Film „The Quiet Earth“) beinahe gemütlich. Weiterhin gibt es Strom (nur das Internet ist plötzlich weg), es gibt Lebensmittel, naturgemäss Unterkünfte zu Hauf und wenn man clever ist, bekommt man selbst als Kind ein Auto in Gang. Auf die Art kommt man mit jeder Katastrophe klar.

Die wirkliche Endzeitbedeutung der Geschichte erfasst dieser erste Band der Reihe kaum, das klare Abenteuer und Mystery stehen im Vordergrund. Nur in wenigen Momenten wird die emotionale Bedeutung der Katastrophe für die immerhin eltern- und hilflosen Kids verdeutlicht. Weitere Konsequenzen (Wer füttert die Haustiere? Wer kontrolliert die Kraftwerke?) werde nicht einmal angerissen.

Natürlich muss man die Geschehnisse nicht dergestalt auf die unnötig brutale Spitze treiben wie z.B. „The Tribe“ oder eben „The Walking Dead“. Nichtsdestotrotz ist die in „Allein“ geschilderte Apokalypse einen Tick zu brav, um glaubhaft zu wirken.



Allein Band 1: Verschwunden!
Zeichnungen: Bruno Gazzotti
Szenario: Fabien Vehlmann
Piredda Verlag 2008
Hc, 56 S. in Farbe, € 13,50
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