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April 2008
Stefan Pannor
für satt.org


Rene Goscinny, Jean Tabary:
Die gesammelten Abenteuer
des Großwesirs Isnogud

„Kalif werden zu wollen anstelle des Kalifen“, das hatte der französische Volksmund zuletzt Sarkozy unterstellt, nur dass dort von Präsidentschaft die Rede war. Geschaft hat es Sarkozy trotzdem. Anders als jener hier das Stichwort gebende intrigante Großwesir, den René Goscinny und Jean Tabary 1961 erschaffen hatten.

Die gesammelten Abenteuer des Großwesirs Isnogud
Die gesammelten Abenteuer des Großwesirs Isnogud

Es ist die Geschichte eines grandiosen Scheiterns. In Bagdad, der Prächtigen, wie nahezu jede Episode beginnt, bemüht sich der hinterlistige Großwesir Isnogud Tag um Tag darum, den eigentlichen Kalifen Harun al Pussah vom Thron respektive Kissenberg zu vertreiben. Dass er dabei ein ums andere Mal scheitert, liegt nicht am Kalifen, der von den Komplotts gar nichts mitbekommt. Isnogud scheitert meist am ungnädigen Geschick, am Willen höherer Mächte, an unfähigen Gehilfen oder daran, dass er sich alles viel zu kompliziert ausgedacht hat.

Mehr als acht, manchmal auch 10 Seiten brauchen Goscinny und Tabary nicht, um den jüngsten kunstvollen Plan des Wesirs ebenso kunstvoll zum Scheitern zu bringen. Isnogud, eigentlich ein Schurke, der gewissenlos gedungene Mörder, Lampengeister und Mongolenhorden einsetzt oder auch mal plant, seinen Kalifen einfach in der Wüste auszusetzen, wird zur tragischen Gestalt, die um so stärker scheitert, je mehr sie sich bemüht. Und in all ihrer Wut und Machtgier nichts daraus lernt. Louis deFunés sollte einmal die Hauptrolle in einer Realverfilmung des Comics spielen. Es wäre eine Paraderolle für ihn gewesen, aber leider wurde nichts daraus.

Dass die Serie in Deutschland trotz herausragender Übersetzung von Gudrun Penndorf stets ein Schattendasein neben Goscinnys großen Titeln „Asterix“, „Lucky Luke“ und „Der kleine Nick“ führt, ist dabei verständlich. „Isnogud“ fehlt es, anders als den genannten Titeln, an Helden und Identifikationsfiguren. Sie zielen mit ihrem geschliffenen Sarkasmus eher auf das Hirn des Lesers als auf dessen Herz. Darum gingen die Verkaufszahlen zum Schluss in den Keller. Jahrelang war „Isnogud“ sogar gar nicht mehr in Deutschland verfügbar.

Erst im Zuge des Booms bibliophiler Gesamtausgaben wagt die Ehapa Comic Collection nun einen neuen Anlauf. Veröffentlicht werden sollen alle Episoden der Serie in neun dicken Bänden. Darunter auch jene Geschichten, die Jean Tabary nach dem frühen Tod Goscinnys allein produziert hat und die - das Schicksal von „Asterix“ lässt grüssen - ihr Geld schlicht nicht wert sind. Goscinnys brillanter Witz lässt sich nicht ersetzen.

Größtes Manko der Neuedition aber ist ihre Zusammenstellung. Wie schon der Carlsen-Verlag bei „Yoko Tsuno“ hat auch Ehapa hier auf eine chronologische Reihenfolge verzichtet - abgedruckt werden die französischen Originalalben mit ihrer eher willkürlichen Zusammenstellung der Episoden. Auch Anmerkungen zu den einzelnen Comics oder Erklärungen auf zeitgenössische Anspielungen, die Goscinny immer wieder einbaute, fehlen völlig.

Damit bleibt diese Neuedition deutlich hinter den derzeit üblichen Standards zurück. „Isnogud“ ist eines der wichtigsten Werke eines der wichtigsten Humoristen des 20. Jahrhunderts. Leider hat der Verlag hier eine Chance verpasst, diesen Klassiker auch angemessen zu präsentieren.



René Goscinny, Jean Tabary:
Die gesammelten Abenteuer des Großwesirs Isnogud

Ehapa Comic Collection, 160 Seiten, 29,00 €
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