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Juni 2004


Neil Gaiman: Die Bücher der Magie 1
Speed 2004

Neil Gaiman: Die Bücher der Magie 1

Illustriert von John Bolton, Scott Hampton, Charles Vess, Paul Johnson

200 S., 20,00 EUR
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Neil Gaiman:
Die Bücher der Magie

Vergesst Harry Potter:
Hier kommt der wahre Geisterjäger,
der Merlin des 21. Jahrhunderts.


Neil Gaiman: Die Bücher der Magie 1

Ein Junge mit übergroßer Brille, der aussieht wie ein Geek, eine Eule als gute Seele und eine Begabung zum Übernatürlichen: Man könnte denken, hier habe sich einer an den Harry-Potter-Trend angehängt. Wäre da nicht die Tatsache, dass "Die Bücher der Magie" von Neil Gaiman schon in den frühen 90er Jahren entstanden, als Mrs. Rowling noch nicht die reichste Frau Großbritanniens, sondern ein rechtes Landei war. Folgerichtig erstaunt es auch nicht, dass der Altmeister Gaiman ein sehr viel umfassenderes und düstereres Universum entwirft, in dem es härter und unbarmherziger zugeht als im letztendlich doch recht heimeligen und spießigen Hogwarts.

Auf Neil Gaimans überbordende Phantasie ist Verlass. Hier ist er also, der wahre Geisterjäger: Tim Hunter, ein zwölfjähriger, skateboardfahrender Schüler aus der Provinz, wird eines Tages von vier undurchsichtigen Männern in Trenchcoats angesprochen. Er habe das Potential, einer der größten Magier zu werden, der Merlin des 21. Jahrhunderts. Tim ist von diesen Neuigkeiten nicht begeistert, denn er glaubt nicht an Magie. Vor den vier Männern hat er zunächst nicht viel mehr Respekt als vor seinen Lehrern. Doch dann nehmen ihn die vier, einer nach dem andern, mit auf Reisen, von denen Tim verändert zurückkehren wird - denn er bekommt Dinge zu sehen, die mit Rationalität nicht erklärbar sind. Die vier Trenchcoat-Typen sind auch alles andere als perfekt: einer hat ein Faible für hübsche Frauen, von denen er sich regelmäßig Ohrfeigen für rüdes Benehmen einholt, ein anderer ist blind und sieht doch mehr als andere. Es ist wohl doch was dran an der Magie.

Neil Gaiman: Die Bücher der Magie

Mittlerweile sind die "Bücher der Magie" in Form von sieben Sammelbänden erschienen. Mir lag der erste dieser sieben vor, der bereits das gesamte Panorama dessen entwirft, was noch auf Tim Hunter zukommen wird. Denn – natürlich – entscheidet er sich am Ende des vierten Bandes für die Magie und für ein Leben als Zauberer. Es ist einfach zu aufregend, dieses Leben in den anderen Welten, als dass man es missachten könnte.

Da ist zum Beispiel die Reise in die Vergangenheit, bei der Tim Luzifer vom Himmel stürzen sieht, die Erzengel erscheinen und die Sonne noch Äonen Jahre Zeit hat, sich auf ihre Rolle als Zentralgestirn vorzubereiten. Tim wird Zeuge einer kurzen Geschichte der menschlichen Frühzeit, und das Ganze ist so rasant und neu, dass ihm buchstäblich speiübel wird. Oder die Reise zum Ende der Welt, eine der verstörendsten Episoden des Bandes, bei der eine Wiederbegegnung mit Death und Dream aus dem Sandman-Epos wartet und nur noch die Eule ihren Meister retten kann.

Jedes der vier Bücher ist von einem anderen Illustrator bearbeitet. Die Unterschiede sind deutlich, aber nicht störend. Vielmehr zeigt sich eine eigenständige Dynamik. So ist Paul Johnsons Tim im letzten Band deutlich gereift; die Erlebnisse mit den Mächten der Dunkelheit haben ihre Spuren hinterlassen. Aber wie gesagt: Die richtigen Abenteuer stehen noch bevor - nachzulesen in den Sammelbänden zwei bis sieben und hiermit ausdrücklich empfohlen.